Blickrichtungen, Olmert und Merkel in Tel Aviv, Foto: AP
Besonderheiten in Beziehungen vor dem Gesetz
Der Artikel 1 des Grundgesetzes wird durch die Besonderheiten in Beziehungen nicht außer Kraft gesetzt - im Gegenteil - beruht der Geist für diese Besonderheit auf eben diesem Gleichheitsgrundsatz, der durch die Unmenschlichkeit der Nationalsozialisten millionenfach geschändet worden ist.
Das eine sind Besondere Beziehungen als Staatsräson - doch diese Staatsräson hat sich dem Gesetz unterzuordnen.
Vielmehr wird durch dieses Gesetz bestimmt, wie die Grenzen der Kompetenz für das Bestimmen der Richtlinien der Politik gesetzt sind.
Jedenfalls klingt "Staatsräson" wesentlich verfassungskonformer als der von Herrn Dr. Günter Krings ( CDU, MdB ) aus der Taufe gehobene Ungeschriebene Verfassungsgrundsatz für ein Existenzrecht Israels.
Der es unterläßt, ein Existenzrecht für die Palästinener auf ihrem Land gleichberechtigt daneben zu stellen.
Die Beziehungen zu einer anderen "Demokratie" zu intensivieren und dabei die Beendigung des Verstoßes gegen das Geltende Völkerrecht, der seit vier Jahrzehnten ununterbrochen fortgesetzt wird, nicht zu verlangen, ist ein Verstoß gegen diese Verpflichtung in Artikel 1 des Grundgesetzes.
Einer protestantischen Bundeskanzlerin aus den Neuen Bundesländern dürfte das folgende Wort der Bibel nicht unbekannt sein.
Aus dem Evangelium nach Matthaeus:
"6.24 Niemand kann zwei Herren dienen;
denn entweder wird er den einen hassen
und den anderen lieben,
oder er wird einem anhaengen und den anderen verachten."
Diese sog. "Einzige Demokratie im Nahen-Osten" zwingt ihre Soldaten zum Bruch des Völkerrechts. Bei der Verweigerung des Dienstes in den Besetzten Gebieten werden diese Soldaten von einem Israelischen Gericht verurteilt und müssen eine Gefängnisstrafe hinnehmen, weil sie das Völkerrecht befolgen im Gegensatz zu ihrer Regierung.
Es muß, ohne es der Öffentlichkeit zu erklären, im Nahen-Osten ein neuer Maßstab für die Demokratie aufgestellt worden sein, der dem europäischen Standard nicht entspricht. Wogegen augenscheinlich geworden ist, er wird von den Vertretern des europäischen Standards unwidersprochen hingenommen.
Damit beginnt auch die Gefahr für eine Erosion des bisher geltenden europäischen Standards für Demokratien.
In Bayern ist die Versuchung nicht weit, das Haberfeldtreiben wieder aufleben zu lassen.
"Is wahr oda is ned wahr."
"Wahr is."
"Auf zum Treibn."
Gefängnisstrafe für Befolgung des Völkerrechts
Tirol hatte seinen Andreas Hofer.
Die Unmenschlichkeit der Besatzungssoldaten zwang auch ihn, zum Gewehr zu greifen.
Vom jeweiligen Standpunkt aus ist er Nationalheld oder Terrorist. So nahe können sich Ideale berühren.
Palästina hat seinen Hanija, der eine demokratische Wahl ordentlich gewonnen hat.
Dessen Wahl jedoch von den Rechtsstaatlichen Demokratien in Europa nicht nur nicht anerkannt, sondern sogar mit Druckmitteln auf das Wähler-Volk versucht wird, "rückgängig" zu machen.
Mit deutlicheren Worten wird dies überraschend in der Presse gesagt
"Das Volk soll gegen die demokratisch gewählte Partei "aufgewiegelt" werden."
Ein Sprachgebrauch, der auf Terror-Ebene gut vertretbar ist, doch in höchst demokratischen Regierungskreisen bedenklich klingt.
Während die Deutlichkeit, mit der das Geltende Völkerrecht verschwiegen wird, nichts zu wünschen übrig lässt.
Die Bundeskanzlerin sprach von der Befreiung der zwei israelischen Soldaten.
Gleichzeitig schweigt sie zu den 9.000 gefangenen Palästinenser in den Gefängnissen der Militärmacht Israel, die ohne ein rechtmäßiges Verfahren vor einem ordentlichen Gericht festgehalten werden.
Jeder israelische Soldat begeht in den Besetzten Gebieten an jedem Tag seines völkerrechtswidrigen Aufenthalts in dem Land, das nicht zum Staatsgebiet Israels gehört, einen Bruch des Völkerrechts, den er zudem noch mit Waffengewalt verteidigt. Den er unberechtigt von seiner Regierung in Tel Aviv als "Recht auf Selbstverteidigung" geltend macht.
Er ist nicht weniger "unschuldig" als der Kämpfer der Hamas, der auf das Land der Besatzungsmacht seine explodierenden Blechröhren mit der Bezeichnung "Qassem" abschießt.
Warum wird der beinahe "schadensfreie" Beschuß des Staatslandes Israels so scharf verurteilt, dagegen die Gewalt der Besatzung, die Enteignung und Vertreibung, der Besiedlung und deren Verteidigung durch eine Reguläre Staatsarmee auf einem fremden "Staatsland" nicht in dem selben Maße verurteilt und "tatkräftig" beendet?
Die Hamas vollzieht mit den Qassem-Geschossen in das Staatsland Israels nichts anderes als den Israelis in ihrem Land zu zeigen, wie es ist, auf seinem eigenen Land beständig der Bedrohung des eigenen Lebens ausgesetzt zu sein.
Journalisten tragen die Verantwortung
für die Gerechtigkeit
Wie viele "intensive" Konferenzen gibt es gegen die "strategisch" aufgebaute Bedrohung aus dem Iran. Die zudem aus einer bewusst verbreiteten fehlerhaften Übersetzung beruht.
Dagegen sehe ich keine einzige ebenso "intensive" Konferenz gegen die Beendigung der Besiedlung. Da geschieht seit Jahrzehnten ein gegenwärtiger Landraub, der die Lebensbedingungen eines kleines Volkes zerstört - und Europa sieht eine Bedrohung in Teheran, die, wenn sie vollendet sein sollte, nichts anderes bewirken wird als sie das bei allen anderen Atommächten bewirkt hat, eine Aufwertung des Gewichts auf der politischen Bühne. Die Auslöschung Israels ist nicht ihre Absicht.
Die Existenz Israels ist nicht verhandelbar
Diese Existenz Israels ist jedoch mit dem Schicksal Palästinas unlösbar verknüpft.
Es ist die Blindheit der orthodoxen Siedlerbewegung, mit ihrem vermeintlichen Rechts-Anspruch auf das verheißene Land das Schicksal und die Existenz Israels mit dem geraubten Land immer unlösbarer zu verknüpfen.
Die Eskalation der Gewalt, die die Regierung in Tel Aviv bereit ist, für die Verteidigung ihrer Siedlungen hoch zu treiben, steht augenscheinlich nicht auf der Themenliste der Bundeskanzlerin.
Die Regierungspolitik in Tel Aviv stützt sich immer noch auf die in den Zionismus eingebauten Beziehungen zur Jüdischen Religion. Wobei in den Zionismus nur das Ziel des vermeintlich für die Ewigkeit versprochenen Landes aufgenommen ist.
Das "Land der Verheißung" bedeutet nicht das Ewige Versprechen auf den Besitz dieses Landes. Die Verheißung ist auf das Geschehen gerichtet, das sich in diesem Land nach den Worten der Schrift erfüllen wird. Das verheißene Land war nicht als Landbesitz gedacht, sondern als der Lebensraum für das Auserwählte Volk bis zur Vollendung der Vorsehung.
Tel Aviv entfernt sich nicht nur zunehmend von den Menschenrechten und dem Völkerrecht, sondern auch von seinen religiösen Grundlagen entfernt es sich zunehmend.
Die dortigen Regierungen haben sich seit langen Jahren von den Worten im Alten-Testament abgewendet.
Zuletzt wurden von der Militärmacht Israel für zwei getötete Israelis als Vergeltung 120 Palästinenser getötet.
Im Buch der Bücher heißt es nur "Auge um Auge", nicht sollen 120 Augen ausgeschlagen werden für 2 ausgeschlagene Augen.
Tel Aviv deutet die Genfer Konvention für seinen Landraub vom "besetzten" in ein "umstrittenes" Land um und lässt sein Oberstes Gericht - ebenso entgegen dieser Konvention - über das "Notwendige" entscheiden, das der Bevölkerung im Gaza zu gewähren ist.
Welchen Maßstäben einer Moral für ihr Handeln sehen sich die Regierungen in Tel Aviv denn wirklich verpflichtet?
Nun kommt die Bundeskanzlerin aus dem Bereich der Wissenschaft, die der Grundlagenforschung sehr nahe ist. Ihr sollte es ein Leichtes sein, die wahrhaftigen Beweggründe in Tel Aviv zu erkennen. Oder ist ihr die wissenschaftliche Genauigkeit des Messens seit dem Erlernen des Handwerks der Politik in den 18 Jahren abhanden gekommen?
Die Kritik an Guantanamo
Bei ihrem ersten Besuch in Washington zeigte die Bundeskanzlerin eine bemerkenswerte Selbstsicherheit, dem Führer der Freien Welt ihre Kritik an seinem Exterritorialen Gefängnis auf einem eingezäunten Erdfleck der Insel Kuba anzutragen.
Dies hat die Bundeskanzlerin in einer durchaus mediengerechten und offenen Art mit deutlichen Worten schon vor der Begegnung verkündet.
Und der Präsident der Größten Macht der Freien Welt begegnete ihr trotzdem mit dem einladensten Lächeln. Die beiden Staatenlenker begrüßen sich ebenfalls als gute Freunde.
Diese Kritik aber hätte einer Vertreterin eines Volkes von Tätern nicht zugestanden, auf dessen Schultern die unlöschbare Historische Schuld von sechs Millionen Menschenleben lastet. Nicht vor dem Hintergrund dieses so augenscheinlichen Unverhältnisses der Zahlen.
Immerhin leben in Guantanamo weniger als Tausend Gefangene - noch. Die übrigen Gefängnisbedingungen in Guantanamo sind dem Lagerstandard der Nationalsozialisten - im menschlichen Sinne - durchaus überlegen.
Während die Deutsche Kanzlerin in Tel Aviv die Erinnerungskultur an einer unmenschlich größeren Last an Menschenleben als immerwährende Schuld vorbereitet.
Die Gegenüberstellung der Bilder von Washington und Tel Aviv verblüfft durch ihre unterschiedliche Inszenierung.
Ministerpräsident Ehud Olmert zeigte ein unbewegtes Gesicht, als die Bundeskanzlerin in den Interviews vor ihrer Rede in der Knesset einige Worte darüber den Mikrofonen der Presse anvertraute, sie könne mit ihrem Freund auch über die Siedlungen reden. Gerade dazu seien diese intensiven Konsultationen auch gedacht.
Über ein Siedlungsprojekt zu reden, das gegen das Völkerrecht seit vier Jahrzehnten verstößt, ist etwas anderes als eine offene Kritik mit den deutlichen Worten der Einstellung des Verstoßes vorzutragen.
Wobei das Reden über einen Verstoß gegen das Völkerrecht noch nichts darüber aussagt, ob das Beenden dieses Verstoßes gefordert worden ist. Der Unterschied zwischen der bereitwilligen Kritik in Washington und der verkündeten Gesprächsbereitschaft in Tel Aviv ist unverkennbar.
Während Guantanamo in seinem Umfang nicht erweitert worden ist, wurde nach dem Treffen der Freunde in Tel Aviv ein neues Siedlungsvorhaben mit Hunderten von neuen Wohnungen angekündigt. Jedoch nicht für die Palästinenser, denen das Bauland gehört.
Die Jugend der Völker sollte die selbständige und unabhängige Kritikfähigkeit üben, um zur Befähigung ausgebildet zu sein, sich eine eigenständige Beurteilung von Zeit-Geschehen anzueignen.
In staatlich angebotenen »Erinnerungskulturen« könnte das Erreichen dieses Zieles u.U. vielfachen Ablenkungen begegnen.
Die Bundskanzlerin,
Martin Buber und die Schwarzen Frauen
Die Bundeskanzlerin redet mit dem Ministerpräsidenten in Tel Aviv über den Frieden.
Was dabei sehr verwundert, ist die Tatsache, dass die Bundeskanzlerin, wenn schon nicht den Weg nach Ramallah, dann zumindest die Türen zu den Friedensbewegungen in Israel findet. Oder sind sie für die Kanzlerin kein Offizieller Teil der Bürger Israels, die ihr so freundschaftlich begegnen.
Die Friedensbewegungen in Israel haben eine charakteristische Gemeinsamkeit.
Sie sind mit der Besatzungspolitik ihrer Regierung in Tel Aviv nicht einverstanden.
Die Bundeskanzlerin aus Deutschland sollte aus der Verpflichtung, die ihr die Verfassung ihres eigenen Staates auferlegt, durchaus den Kontakt zu den Friedensbewegungen in Israel suchen. Die Sprachlosigkeit der Bundeskanzlerin aus Deutschland gegenüber den Friedensbewegungen in Israel steht daher in einem Gegensatz zu den Vorbereitungen für eine "Erinnerungskultur der Historischen Schuld Deutschlands" mit einer Regierung in Tel Aviv, die das Geltende Völkerrecht für ihre "Ziele der Landgewinnung" seit vier Jahrzehnten in mehreren ihr auferlegten Verpflichtungen grob verletzt.
Sie hat sich um keinen Kontakt zu den zahlreichen Friedensbewegungen in Israel bemüht. Die Weigerung der Kanzlerin, mit der Hamas zu reden, hört auch nicht auf die Ermahnung eines Martin Bubers.
Die Bemühungen der Bundeskanzlerin mit dem Ziel eines Gerechten Friedens in Palästina erscheinen daher vor diesem Hintergrund in ihrer Aufrichtigkeit durchaus bezweifelbar.
Die "Schwarzen Frauen" Israels werden auf den Straßen in Tel Aviv von Radikalen Siedlern bespuckt.
Doch die Bundeskanzlerin aus Deutschland hat sie nicht gesehen.
* Karfreitag 2008 © Heinz Kobald
Der rechte Tag für das Klagen ( chara althd. für klagen )