Steinmeier und Abbas, Foto: DPA
Steinmeier kritisiert Siedlungsbau
Eine kurzspaltige Meldung auf Seite 10 der SZ
Wegen ihrer Völkerrechtlichen Bedeutung und der Stimme aus der Bundesregierung hätte sie einen Platz auf Seite 1 verdient.
Zitat SZ:
»Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)
hat im Anschluss an ein Gespräch mit Palästinenserpräsident Machmud Abbas in Ramallah im Westjordanland
den Ausbau jüdischer Siedlungen deutlich kritisiert.
Zum Stand der Friedensverhandlungen,
die gemäß der Annapolis-Nahostkonferenz bis spätestens Januar zu einem Friedensabkommen führen sollen,
sagte Steinmeier:
"Die Zeit wird eng." Die israelisch-palästinensischen Gespräche befänden sich in einem "schwierigen Zustand".
Als Gründe nannte Steinmeier zum einen palästinensische Gewalt,
die vom Gaza-Streifen ausgehe,
"dazu gehört aber auch der Siedlungsbau".
Dieser mache die Gespräche zwischen Abbas und Israels Regierungschef Ehud Olmert "alles andere als einfach".« ( 1 )
Zitat FR:
»Steinmeier appellierte an die Konfliktparteien, alles zu unterlassen,
was einer Friedensvereinbarung entgegensteht.
Er erwähnte in diesem Zusammenhang den Raketenbeschuss vom Gazastreifen aus,
aber auch den israelischen Siedlungsbau.« ( 2 )
Steinmeier tut da offensichtlich etwas, zu dem sich die Kanzlerin selbst nicht entscheiden kann - und dafür auch aus Israel Kritik erhält.
Zitat Yossi Beilin:
»Ich halte die derzeitige Politik von Kanzlerin Merkel für fragwürdig.
Sie scheint zu glauben, Freundschaft zu Israel bedeute,
sich möglichst wenig einzumischen und sich in einer "Hände-weg!"-Politik zu üben.
Damit ergänzt sie die Politik Olmerts ausgezeichnet.
Vor allem ist sie damit aber zufrieden, schließlich bekommt sie
gemessen an dem geringen Aufwand sehr viel Unterstützung und Anerkennung in Israel. ( ... )
Natürlich freut es mich, dass Deutschland und Israel ihre Beziehungen,
vor allem in den Bereichen Wissenschaft und Wirtschaft, ausbauen wollen.
Aber es ist eben nicht das, was ich von einer Freundschaft erwarte.« ( 3 )
Yossi Beilin erwartet von einer Freundschaft ganz besonders, sich gegenseitig die Wahrheit zu sagen.
Zitat Yossi Beilin:
»Wenn man ein Freund Israels ist, und denkt, das Beste für Israel würde sein,
niemals einen Friedensvertrag mit den Palästinensern zu unterschreiben
und noch mehr Siedlungen zu bauen,
weil Gott den Juden das Heilige Land versprochen hat,
dann muss man das sagen.
Ich würde zwar weinen, aber ich würde diese Meinung akzeptieren.
Aber das ist ja nicht der Fall!
Merkel glaubt – davon bin ich überzeugt – dass Frieden die Lösung des israelisch-arabischen Konflikts ist.
Aber sie schweigt.
Das, was wir sehen, ist der Ausdruck einer sehr, sehr einzigartigen Beziehung,
die sich dadurch auszeichnet,
dass wir alle auf rohen Eiern laufen,
wir sehr vorsichig miteinander umgehen und
uns gegenseitig nicht die Wahrheit sagen.
So eine Freundschaft brauche ich nicht.« ( 3 )
Daß der Siedlungsbau von Tel Aviv im späteren Staatsland Palästinas auf keine Zustimmung stößt ist sehr verständlich.
Zitat SZ:
»Abbas drohte,
es werde "nicht möglich sein, dass wir eine Friedensregelung erreichen",
wenn Israel den Siedlungsausbau nicht stoppt.« ( 1 )
Zitat SZ:
»Erekat hatte zuvor gesagt,
der geplante Ausbau sei "ein Schlag ins Gesicht für die internationalen Bemühungen,
bis Ende dieses Jahres eine Vereinbarung zwischen Israel und den Palästinensern zu erzielen".« ( 1 )
Zitat SZ:
»Das israelische Wohnungsbauministerium hatte zuvor bekanntgegeben,
in zwei jüdischen Siedlungen in und am Rande Ost-Jerusalems
werden 900 neue Wohnungen errichtet.
Regierungssprecher Mark Regev sagte dazu,
der Ausbau jüdischer Siedlungen in Ost-Jerusalem
verstoße nicht gegen die Vereinbarungen des Friedensfahrplans des Nahost-Quartetts.« ( 1 )
Vom Regierungssprecher in Tel Aviv ist mit Gewißheit nicht zu erwarten,
er würde sich an Artikel 49 der IV. Genfer Konvetion von 1949 "errinnern",
in der eine Besiedlung eines Besetzten Gebietes durch die Besatzungsmacht untersagt ist.
Ob ihm auch die Tatsache "zugänglich" ist,
Israel hat sich zur Einhaltung dieser Konvention
mit seiner Unterschrift am 6. Juli 1951 verpflichtet.
Zudem spricht Mark Regev schlicht die Unwahrheit.
Zitat Yossi Beilin:
»Es gibt eine israelische und auch eine palästinensische Verbindlichkeit
bezüglich der Roadmap.
Der israelische Premier sagt offen,
dass Israel seinen Teil nicht umgesetzt hat.
Eine dieser Verbindlichkeiten untersagt den Bau neuer Siedlungen.
Ehud Olmert, ( ... ) sagte,
dass wir ohne einen palästinensischen Staat verloren sind.
Er sagte,
dass wir alle illegalen Siedlungen räumen und
keine neuen in den besetzten Gebieten bauen sollten.
Und jetzt lässt er dreihundert neue Siedlungen bauen!« ( 3 )
Wer sich schon nicht mehr an die jüngere Roadmap und an Annapolis zu erinnern vermag, der vergisst zu leicht das wesentlich "ältere" Völkerrecht.
Offensichtlich bestehen aber in der Hohen Politik der Bundesrepublik
und in den Deutschen Medien noch immer erhebliche "Zweifel"
an dem Bestehen eines eindeutigen Verbotes für den Siedlungsbau im Geltenden Völkerrecht.
Keine Seite zeigt bisher den Mut,
ihre Kritik an dem Siedlungsbau in den Besetzten Gebieten
- dem Staatsland für einen Staat der Palästinenser -
auf dieses Verbot im Geltenden Völkerrecht zu "stützen".
Eine besondere "Note" erhält dieses "Auslassen" durch den Wortlaut "unter allen Umständen" in Artikel 1 der IV. Genfer Konvention.
Für die Bundesrepublik verstärkt sich diese Verpflichtung noch durch Artikel 25 des Grundgesetzes, der das Völkerrecht zum Bestandteil des Bundesrechts erklärt.
Alle Worte der Kritik an dem Siedlungsbau implizieren so "ohne" einen angeblich Rechtsfreien Raum. Den "Verschwörungstheoretikern" fällt damit unverdient der Spielball des Antisemitismus in die Hände: Da erheben nur wieder diejenigen ihre Stimmen, die dem Auserwählten Volk das von Gott gegebene Land wegnehmen wollen.
Wer das Recht aber nicht beachtet, der tut schlicht das Unrecht.
29 Iyyar 5768 * 3. Juni 2008 © Heinz Kobald
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( 1 ) Quelle:
Süddeutsche Zeitung, Nr. 127, 03. Juni 2008, Seite 10
Steinmeier kritisiert Siedlungsbau
Thorsten Schmitz
( 2 ) FR-online.de 2008, Erscheinungsdatum 02.06.2008
Steinmeier drängt auf Friedensvertrag
( 3 ) ZEIT ONLINE, 15.3.2008 - 17:06
"So eine Freundschaft brauche ich nicht"
Vor dem Israel-Besuch Angela Merkels kritisiert
der israelische Oppositionspolitiker Yossi Beilin
die Freundschaft beider Länder und die Tatenlosigkeit im Friedensprozess
Yossi Beilin ist Abgeordneter des israelischen Parlaments, der Knesset,
und Parteivorsitzender der oppositionellen Meretz-Yachad.