Zeichnung "Violence in Israel",KICHKA, Telad, Jerusalem ( zum Vergrößern anklicken )
Der Maulkorb von Frau Knobloch
Bei der Verleihung des Anita-Augspurg-Preises der Stadt München
an die Münchner Gruppe der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF)
Herr Effern weiß sehr wohl gegen welche international anerkannte Organisation sich die Mißgunst von Frau Knobloch richtet, doch mißt er den Worten von Frau Knobloch eine höhere Bedeutung zu.
Zitat:
»Die Organisation engagiert sich weltweit für Frauenrechte und gegen militärische Konflikte. Die deutsche Dachorganisation der IFFF befürwortet wegen des Konflikts im Nahen Osten einen Boykott israelischer Waren und unterstützt die internationale Kampagne BDS (Boycott, Divestment and Sanctions).« ( 2 )
Boykottmaßnahmen nach dem Geltenden Völkerrecht sind heute etwas ganz anderes als der Hetz-Aufruf der Nationalsozialisten gegen jüdische Kaufleute.
Heute werden Sanktionen wegen der Verletzung des Völkerrechts auf der rechtmäßigen Grundlage seiner Rechtsordnung verhängt.
Das Zollabkommen der EU mit Israel
bietet keine Grundlage für "Kauft nicht bei Juden"
Zitat:
»Für Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, schließt diese Bewegung gedanklich an das "Kauft nicht bei Juden" der Nationalsozialisten an.« ( 1 )
Diese gedankliche Verknüpfung mit Nationalsozialistischem Unrecht zieht nur Frau Knobloch - bewußt irreführend. Die Benützung des Vokabulars der Nationalsozialisten in der heutigen Auseinandersetzung mit den Unrechtshandlungen, die der Staat Israel gegen die Bevölkerung in den von ihm völkerrechtswidrig besetzten Gebieten durchführt, sind ein Rückschritt im Denken und auf heutige Geschehnisse nicht anzuwenden.
Zitat:
»Sie schreiben auch, "dass die BDS-Kampagne in München nicht unterstützt wurde, da die Gruppe München andere Arbeitsschwerpunkte hat". Im Übrigen würden sie anerkennen, dass Sanktion ohnehin kein Wirkung hätten.« ( 1 )
Die Sanktionen gegen den Iran, um den Bau seiner eigenen Atomwaffen zu verhindern, hatten Erfolg!
Demnach ist der eindeutige und wirkungsvolle Beweis dafür angetreten worden, was Sanktionen im Sinne ihrer Zielsetzung bewirken können.
Zitat:
»Wir fordern die EU auf, sich der seit langem durch Israel begangenen Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen anzunehmen, gemäß der Verpflichtung des Internationalen Gerichtshofs,
und Israel - falls keine andere Lösung gefunden werden kann -
mit gezielten Sanktionen
zu einem Einhalten von internationalem Recht zu bewegen.« ( 7 )
mit gezielten Sanktionen
zu einem Einhalten von internationalem Recht zu bewegen.« ( 7 )
Es ist also nur Gefälligkeitsgerede, Sanktionen, die das Völkerrecht für Verstöße gegen das Völkerrecht vorsieht, mit dem Geist der Nationalsozialisten in seinen Hetzworten "KAUFT NICHT BEI JUDEN" gleichzusetzen.
Es zeugt von Rückgewandtheit, dieses Vokabular hervorzuzerren. Damit geschieht bereits seit 60 Jahren eine bewußt aufrechterhaltene Instrumentalisierung des Völkermordes der Nationalsozialisten an der jüdischen Bevölkerung in Europa für jede berechtigte Kritik an den Unrechtshandlungen des Staates Israel gegenüber der Bevölkerung in den Besetzten Gebieten.
Die Bundesrepublik Deutschland muß sich in diesen Vorwurf des Antisemitismus der Nationalsozialisten nicht einsperren lassen.
Was ist für Juden ein "Angriff" auf ihren Staat ?
Zitat:
»Da trat die CSU erneut an ihren Koalitionspartner SPD heran:
"Wenn die israelitische Kultusgemeinde die Vergabe des Preises als Angriff sieht, steht es uns angesichts unserer Geschichte gut an, das ernst zu nehmen", sagte Fraktionschef Hans Podiuk.« ( 1 )
Ernst zu nehmen ist dagegen die bedenkliche Haltung der CSU und des Ältestenrates, die einem Denkmuster verfallen sind, das einer Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in unserer Zeit in keiner Weise dienlich ist.
Weil sie unreflektiert eine Vergangenheit herbeizitiert, die in der Auseinandersetzung mit einem heutigen Geschehen in Palästina nicht gleichzusetzen ist.
Was von der Regierung Israels als "Angriff" gewertet wird, muß nicht einem wirklichen Angriff entsprechen, dem eine rechtmäßige Grundlage fehlt. Die Regierung in Tel Aviv sieht sogar darin einen Angriff auf seine Sicherheit, wenn von ihm die Einhaltung der Forderungen des Geltenden Völkerrechts verlangt werden.
Die Regierung in Tel Aviv betrachtet alle Handlungen als Angriff, wenn es seine angeblich "berechtigten Interessen" berührt. Berechtige Interessen Israels können jedoch nur diejenigen sein, die mit dem Völkerrecht übereinstimmen.
Was der Staat Israel als Angriff auf sich bezieht, entspringt oft seiner eigenen Ideologie als der Staat, der sich immer noch als in seiner Existenz bedroht darstellt - wie die Verfolgung der Juden in den Zeiten des Nationalsozialismus. Dieser instrumentalisierten Selbstdarstellung kann auf der Grundlage des Völkerrechts nicht immer gefolgt werden. Ob aus der Vergabe des Anita-Augspurg-Preises an die IFFF in München ein Angriff im Sinne von Unrecht und Bedrohung abgeleitet werden muß, ist wegen des ideologischen Hintergrundes der israelischen Angriffs-Darstellung äußerst fraglich.
Der Fraktionschef Hans Podiuk übernimmt ohne eigenes Denken eine ihm vorgelegte Angriffs-Vermutung, die auf den gedanklichen Nährboden des Nationalsozialismus zurückgreift, ohne ein verantwortungsvolles Bewußtsein für das Geschehen in der Gegenwart zu zeigen.
Was die CSU in München von "Pax Christi" offensichtlich nicht weiß.
Zitat:
»Die katholische Friedensbewegung "Pax Christi" begrüßt Pläne in mehreren Ländern, Waren aus israelischen Siedlungen zu kennzeichnen.
Auch Deutschland solle hier Klarheit schaffen.
Das forderte der Sprecher der Pax Christi-Nahostkommission, Manfred Budzinski.
"Solange unklar ist, ob die Früchte in meinem Einkaufskorb aus dem Staatsgebiet Israels oder aus völkerrechtswidrigen Siedlungen kommen, hat ihr Kauf einen bitteren Beigeschmack."
Die Bundesregierung müsse "diese problematische Praxis" überdenken.
Die Schweizer Supermarktkette "Migros" hatte angekündigt, ab 2013 auf Verpackungen "Westbank, israelisches Siedlungsgebiet" oder "Ostjerusalem, israelisches Siedlungsgebiet" anzugeben.
Auch Dänemark und Südafrika planen eine Kennzeichnung von Waren aus völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen.
In Großbritannien werden seit 2009 Siedlungsprodukte kenntlich gemacht.« ( 7 )
Dabei steht die von Israel seit 2006 aufrechterhaltene Blockade des Gaza als völkerrechtswidrige Kollektivstrafe für die Bevölkerung mit 1,6 Millionen Menschen an erster Stelle der Verstöße der Regierung in Tel Aviv.
Doch was interessiert dieser Bruch des Völkerrechts die CSU in München und den Ältestenrat.
Ist schon einmal eine Preisverleihung an Künstler aus Israel wegen völkerrechtswidrigen Handlungen der Regierung in Israel verhindert worden?
Aufrichtig ist das Verhalten von Frau Knobloch nicht, in Kenntnis der im Völkerrecht vorgesehenen Sanktionen bei Verstößen gegen das Völkerrecht, diese den Hetzworten der Nationalsozialisten "Kauft nicht bei Juden" gleichzusetzen.
Das ist eine bewußte Verunglimpfung des Geltenden Völkerrechts.
Die unreflektierte "Vernichtungsmaschine"
Es geht auch hier wie so oft in undurchdacht geführten Auseinandersetzungen nicht um den wirklichen Kern eines Geschehens, sondern nur um ein angeblich falsches Wort. Die "Vernichtungsmaschine" Israels gegen die Palästinenser.
Zitat:
»Eine der Münchner Vertreterinnen der IFFF kritisierte zudem israelische Angriffe auf Palästinenser in einer Wortwahl, die nach aktueller Lesart als antisemitisch eingestuft wird. Israel habe eine "Vernichtungsmaschine" in Gang gesetzt, schrieb sie 2009 in einem Beitrag, der bis heute im Internet zu finden ist.« ( 1 )
Doch was hinter diesem Wort in der Wirklichkeit geschieht, darüber wollen sich die streitenden Parteien keinen Kopf machen. Es könnte für eine oberflächliche Schau anstößig sein, in diesem Wort bei näherer Betrachtung einen gewißen Wahrheitsgehalt zu entdecken. Nach der Lektüre des Berichts des UN-Menschenrechtsrats vom 21. Januar 2008 könnte sich eine sehr nachdenkliche Meinung herausbilden. ( 8 )
Doch gerade darum geht es. Der gerechtfertigte Boykott und seine Gründe.
Bei dieser Wahrheits-Findung ist ein Herr Heiner Effern nicht wahrzunehmen. Er hilft gerne denen, die so erfolgreich die Keule des Antisemitismus schwingen. Ist ja auch viel schneller als Gefälligkeitsarbeit geschrieben. Ich frage mich, wie hat er den gesamten Wortlaut verstanden, aus dem er die "Vernichtungsmaschine" heraus gelesen hat? Er gibt zu seinem Zitat keine Fundstelle an - ein journalistischer Fehler.
Dabei muß davon ausgegangen werden, Herr Effern weiß um die Wirkung über die Herausnahme eines Wortes aus seinem Zusammenhang mit der Gesamtaussage. Mit der isolierten Hinstellung eines Wortes kann die gesamte Aussage in ihrem Sinn leicht gefälscht werden. Diese "selektive Lesart" hat Herr Effern danach auch "eindeutig eingeordnet". Welcher "aktuellen Lesart" er dabei verfallen ist, wird bedauernswert offensichtlich.
Zitat des in der Kritik stehenden Satzes:
»Israel hat sich in einer exponentiellen Gewaltspirale festgebissen
und mit diesem Krieg eine Vernichtungsmaschine in Gang gesetzt,
die nichts mehr zu tun hat
mit einem "gezielten Schlag gegen terroristische Akte".« ( 5 )
und mit diesem Krieg eine Vernichtungsmaschine in Gang gesetzt,
die nichts mehr zu tun hat
mit einem "gezielten Schlag gegen terroristische Akte".« ( 5 )
Der steht zwischen zwei anderen Sätzen.
Zitat:
»Völkerrecht, das man aber für sich in Anspruch nimmt, kann man anderen doch nicht verweigern! Israels Regierung hebelt eine der großen Errungenschaften der internationalen Gemeinschaft aus: die Universalität der Menschenrechte.«
und
»Diese militärische Dominanz auch in politischen Entscheidungsstrukturen ist einer zivilen Demokratie unwürdig. Die Unverhältnismäßigkeit der Mittel ist unübersehbar.«
Bei seiner selektiven Leseart hat Herr Effern offensichtlich den Sonderbericht des Menschrechtsrats der Vereinten Nationen vom 21. Januar 2008 "übersehen" - eine grobe Verletzung der Pflichten eines Journalisten. Wäre ihm der Begriff "Vernichtungsmaschine" bei dieser Lektüre - über 25 Seiten - verstehbarer erschienen?
Frau Knobloch scheint es gelungen zu sein, einer weltweit anerkannten Organisation, die sich u.a. auch für die Einhaltung des Völkerrechts einsetzt, eine Beschädigung in der Öffentlichen Meinungsbildung zuzufügen. Die Stimme des IFFF ist aufgrund ihrer internationalen Bedeutung der Regierung in Israel ein Dorn im Auge. Darum mußte ihr diese Verletzung angetan werden. Am Ort ihres Ursprungs.
Grundlage für die zollrechtliche Behandlung
von Waren aus den Besetzten Gebieten in Palästina
Zitat:
»Bereits seit längerem ist bekannt, dass Produkte,
die in den völkerrechtlich illegalen israelischen Siedlungen hergestellt werden,
unter der Deklaration "Made in Israel" in die Schweiz exportiert werden.
Es handelt sich hierbei vor allem um Produkte aus den Bereichen Landwirtschaft, Elektronik und Kosmetik.
Israel profitiert dadurch ungerechtfertigterweise von der Zollbefreiung, welche alle Efta-Staaten, einschliesslich der Schweiz, israelischen Produkten zugestehen.
Die falsche Ursprungsdeklaration widerspricht den Bestimmungen des seit 1993 zwischen den Efta-Staaten, einschliesslich der Schweiz, und Israel geltenden Freihandelsabkommens, welches sich ausschliesslich auf Güter mit Ursprung im Territorium der Vertragsparteien bezieht.
Da die internationale Gemeinschaft die von Israel besetzten Gebiete in der Westbank, Gaza und Ostjerusalem nicht als israelisches Territorium anerkennt, fallen Siedlungsprodukte folglich nicht unter das Freihandelsabkommen und müssten korrekterweise einem Zoll unterstellt werden.« ( 6 )
Durch die Beurteilung mit den Hetzworten der Nationalsozialisten "Kauft nicht bei Juden" soll weiter "übersehen" werden, wie Israels Regierung in ihrem Handel mit Europa darum bemüht ist, die völkerrechtswidrig besetzten Gebiete der Palästinenser als Staatsgebiet Israels auszuweisen. Für Waren aus Israel sind durch das Zollabkommen mit Europa alle Zölle erlassen worden.
Doch Israels Regierung versucht entgegen allen völkerrechtlichen und den Vereinbarungen im Zollabkommen, Waren, die in den Besetzten Gebieten hergestellt worden sind, als MADE IN ISRAEL zu erklären, um sie ebenfalls zollfrei einzuführen. Dies ist nach Geltendem Recht ein strafbares Steuervergehen, dessen sich der Staat Israel bewußt ist und damit vorsätzlich begeht.
Ein "Boykott" dieser Waren hat ganz offensichtlich nichts mit den Hetzworten der Nationalsozialisten "Kauft nicht bei Juden" zu tun. Zudem werden die in den besetzten Gebieten hergestellten Erzeugnisse aus jüdischen Unternehmen nicht wirklich boykottiert. Sie werden ja nicht von der Einfuhr ausgeschlossen, sondern nur mit einer Zollabgabe belegt. Trotzdem stellt die Regierung in Israel auch für diese rechtmäßige Maßnahme der EU eben diesen unzutreffenden Zusammenhang her.
Nationalsozialistisches Gedankengut ist nicht bei den Institutionen zu finden, die in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention die von Israel besetzten Gebiete nicht als Staatsgebiet Israels behandeln. Nach dem Zollabkommen mit Israel ist die Vertragsgrundlage, auf die eine Zollbefreiung von Gütern der Vertragspartner angewendet werden soll, das Staatsgebiet des jeweiligen Herkunftslandes.
Wer dieses rechtmäßige Handeln trotzdem noch mit den Hetzworten der Nationalsozialisten aus den Jahren 1939 bis 1945 heute im 21. Jahhundert gleichsetzen will, tut das aus offensichtlich eigennützigen Zwecken zur Verschleierung seiner eigenen in heutiger Zeit begangenen Unrechtshandlungen. Die Verbrechen der Nationalsozilisten gegen die Menschlichkeit sollen durch diese Instrumentalisierung für eigene politische Ziele auf unheilvolle Weise am Leben erhalten werden.
Wertschätzung für den IFFF
Zitat:
»Konkret besitzt IFFF/WILPF Beraterstatus bei
dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (Economic and Social Council of the UN, ECOSOC),
der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, UNESCO)
der Welthandels- und Entwicklungskonferenz (Conference on Trade Development, UNCTAD)
einen Sonderberaterstatus hat die IFFF/WILPF bei
dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (United Nations International Childrens Emergency Fund, UNICEF),
bei der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO)
und bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations,FAO).« ( 2 )
Es grenzt an fehlender Selbstachtung, wenn sich eine international anerkannte Organisation vor einem zurückgewandten Denken verbeugt, das heute noch auf dem Nährboden des Nationalsozialismus agiert. Auf eine Preisverleihung aus dieser Geistesecke in der Münchner CSU und des Ältestenrates kann eine international anerkannte Organisation durchaus verzichten.
Außerdem ist eine Verurteilung mit Bedenken entgegen zu nehmen, die hinter dem Maulkorb von Frau Knobloch ausgesprochen wird.
Sein Schattenmuster verblasst ohnehin gegenüber der Gratulation des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon zum 100. Jubiläum von WILPF im März 2015.
Zitat:
»and pay tribute to its members for their unwavering contribution to the cause of humanity.« ( 3 )
Die CSU und der Ältestenrat in München von 2016 mögen sich einer Selbstprüfung stellen, ob sie der Meinung von Anita Augspurg über München im Jahre 1886 entsprechen.
Zitat:
»Von allen Großstädten erschien München als die geistig freieste, wenigstens vorurteilsfreieste Stadt.« ( 4 )
Anmerkungen zu dem Begriff "Vernichtungsmaschine",
den Herr Effern so unbedarft in ein besonders ausgerichtetes Spotlight hält.
Aus dem
Bericht des Sonderberichterstatters bei den Vereinten Nationen
über die Menschenrechtssituation
in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten
von John Dugard
MENSCHENRECHTSRAT, 21. Januar 2008 ( 8 )
Bericht des Sonderberichterstatters bei den Vereinten Nationen
über die Menschenrechtssituation
in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten
von John Dugard
MENSCHENRECHTSRAT, 21. Januar 2008 ( 8 )
»Die kollektive Bestrafung Gazas durch Israel
ist durch das Humanitäre Völkerrrecht ausdrücklich verboten
und hat zu einer ernsthaften menschlichen Krise geführt.
Siedlungen, Kontrollpunkte, Hauszerstörungen, Folter, Schließungen von Übergängen und militärische Übergriffe haben die Besatzung für viele Jahrzehnte charakterisiert und sind regelmäßig in den Berichten dargestellt worden.
Der Eretz-Übergang nach Westjordanland ist effektiv geschlossen.
Der Rafah-Übergang zwischen Gaza und Ägypten wurde seit Juni 2006 über lange Perioden geschlossen.
Der Hauptübergang für Waren bei Karni ist seit Juni 2006 meist geschlossen,
mit verheerenden Folgen für die palästinensische Wirtschaft.
Kontrolle durch militärische Einfälle, Raketenangriffe und Überschallknalle:
Teile von Gaza sind zu "no-go"-Zonen erklärt worden,
in welchen Bewohner erschossen werden, wenn sie sie betreten.
Vollständige Kontrolle von Gazas Luftraum und Territorialgewässern.
In den vergangenen zwei Jahren sind in Gaza
668 Palästinenser durch israelische Sicherheitskräfte getötet worden.
Mehr als die Hälfte – 359 Menschen – waren zum Zeitpunkt als sie getötet wurden nicht in Feindseligkeiten involviert.
Von diesen waren 126 Minderjährige;
361 wurden durch Raketen, die von Hubschraubern abgeschossen wurden, getötet,
und 29 von ihnen waren zur Ermordung ins Visier genommen.
Karem Shalom und Sufa werden jetzt für die Einfuhr von Gütern verwendet,
aber die Zahl der Lastwagen, die Güter nach Gaza bringen, ist in alarmierender Weise gesunken – von 253 pro Tag im April 2007 auf 74 pro Tag im November.
Am 19. September erklärte Israel Gaza zum feindlichen Territorium und verkündete,
dass es als eine Folge die Versorgung mit Treibstoff und Elektrizität nach Gaza reduzieren würde.
Seit der Entscheidung am 25 Oktober, die Treibstoffversorgung einzustellen,
wurde die Treibstoffversorgung um mehr als 50 % vermindert.
Zehn israelische und palästinensische Nichtregierungsorganisationen
brachten einen Antrag vor den israelischen Obersten Gerichtshof,
die Reduktion von Treibstoff und Elektrizität mit der Begründung zu untersagen,
dass diese Maßnahme eine Kollektivstrafe darstellt und
einen umfassenden humanitären Schaden hervorrufen würde,
aber der israelische Oberste Gerichtshof deckte den Plan des Staates,
die Treibstoffversorgung nach Gaza zu reduzieren.
Nachdem Gaza zum feindlichen Territorium erklärt wurde, erklärten die einzigen beiden israelischen Geschäftsbanken, die mit finanziellen Einrichtungen in Gaza verkehrten, die Hapoalim Bank und die Discount Bank, dass sie die Verbindungen nach Gaza beenden würden.
Dies bringt unter anderem zur Folge, die Weigerung, Schecks von Gaza Banken zu verrechnen, und die Unterbrechung des Bargeldtransfers zwischen israelischen und palästinensischen Banken.
Gegenwärtig sind die vollen Auswirkungen dieser Maßnahmen noch nicht klar, aber da der israelische Schekel gemäß den Oslo Vereinbarungen im OPT die offizielle Währung ist und von Israel bereitgestellt werden muß, ist es wahrscheinlich, dass dies im Geldsystem von Gaza ein Chaos erzeugt.
Über 80 Prozent der Bevölkerung von Gaza sind abhängig von der Nahrungsmittelhilfe
des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA)
und vom Welternährungsprogramm (WFP).
Dies geschieht in Form von Mehl, Reis, Zucker, Sonnenblumenöl, Milchpulver und Linsen.
Früchte und Gemüse zur Ergänzung dieser Basisrationen stehen nicht mehr zur Verfügung,
weil die Bauern nicht das Geld haben, um ihre Ernte einzubringen und zu vermarkten.
Wenige können sich Fleisch leisten,
und Fisch ist praktisch nicht erhältlich aufgrund des israelischen Fangverbots.
Obwohl kritischer humanitärer Nahrungsmittelnachschub hineingelassen wird,
sind nur 41 Prozent der Nahrungsmitteleinfuhr gedeckt.
Die Schließung der Übergänge hindert Bauern und Produzenten in Gaza daran, ihre Güter nach Märkten außerhalb von Gaza zu exportieren.
Sie verhindert auch die Einfuhr von Material nach Gaza und dies hat zum Stillstand der meisten Bauarbeiten und zur Schließung von Fabriken geführt.
Bauern sind ohne Einkommen und ca. 65.000 Fabrikangestellte sind arbeitslos.
Nach Angaben der Palästinensischen Industrievereinigung sind 95 Prozent der Industrieproduktion in Gaza aufgrund der Einschränkungen eingestellt worden.
In gleicher Weise sind die Fischer arbeitslos
als eine Folge des israelischen Fangverbots entlang der Küste von Gaza.
Am 9. Juli 2007 verkündete UNRWA, dass es alle Bauprojekte in Gaza eingestellt hat,
weil Baumaterial wie Zement ausgegangen war.
Dies hat die Arbeitsplätze von 121.000 Personen betroffen,
die neue Schulen, Häuser, Wasserwerke und Ärztezentren bauten.
Armut ist in Gaza weit verbreitet.
Über 80 v.H. der Bevölkerung leben unter der offiziellen Armutsgrenze.
Polikliniken ermangelt es an Kinderantibiotika und 91 wichtige Medikamente sind nicht mehr erhältlich.
Früher wurde es schwer erkrankten Patienten erlaubt, über die Übergänge Rafah oder Erez Gaza
für eine Behandlung in Israel, dem Westjordanland, Ägypten, Jordanien oder in anderen Ländern zu verlassen.
Rafah ist jetzt vollständig geschlossen und die israelischen Behörden versagen die Durchreise in allen bis auf "schwere und dringende Fälle".
Die Situation hat sich verschlechtert seit Gaza zum feindlichen Territorium erklärt wurde.
Die Weltgesundheitsorganisation berichtet,
dass 89,4 v.H. der Patienten in der Zeit von Januar bis Mai 2007 eine Genehmigungen erhielten,
im Oktober 2007 nur noch 77,1 v.H. Genehmigungen bewilligt wurden.
Das führte zu einem drastischen Anstieg in der Zahl der Patienten,
die aufgrund der Einschränkungen starben:
Nach Angaben der israelischen NGO "Ärzte für Menschenrechte"
sind seit Juni 2007 als Ergebnis der Ablehnung oder Verzögerung des Zugangs
zu medizinischer Versorgung durch die israelischen Behörden 44 Menschen gestorben -
allein im November starben deswegen 13.
Im November konnten Krankenhäuser als Folge der Beschränkungen von Israel für Lachgas,
das für die Anästhesie verwendet wird, keine Operationen durchführen.
Gazas Kinder in den UNWRA Schulen bleiben nach Angaben der UNRWA
als Folge der israelischen Blockade und der militärischen Gewalt
hinter anderen Flüchtlingskindern an anderen Orten zurück.
Studenten werden daran gehindert, im Ausland zu studieren.
Im November wurde 670 Studenten, darunter sechs Fulbrightstudenten,
die Genehmigung versagt, im Ausland zu studieren.
Gaza ist abhängig von Israel bei seiner Versorgung mit Treibstoffen und Elektrizität.
Häufige Stromausfälle sind das Ergebnis der Zerstörung von Gazas Hauptkraftwerk im Jahre 2006
und der anschließenden Beschädigung von Transformatoren.
Die Wasserversorgung ist betroffen,
weil die Stromversorgung für die Wasserpumpen unzureichend ist.
210.000 Menschen haben nur für 1-2 Stunden am Tag eine Versorgung mit Trinkwasser.
Israel hat seine Angriffe und Einfälle überwiegend als Verteidigungsmaßnahmen begründet, deren Ziel es ist, den Abschuß von Kassam-Raketen nach Israel zu verhindern, Kämpfer festzunehmen oder zu töten oder Tunnel zu zerstören.
Trotzdem kommen ernsthafte Fragen auf über die Verhältnismäßigkeit von Israels militärischer Antwort und über sein Versagen, zwischen militärischen und zivilen Zielen zu unterscheiden.
Es spricht viel dafür, dass Israel die grundlegendsten Regeln des Humanitären Völkerrechts verletzt hat,
was Kriegsverbrechen darstellt nach Artikel 147 der Vierten Genfer Konvention
und Artikel 85 des Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen vom 12. August 1949,
die den Schutz von Opfern internationaler bewaffneter Konflikte betreffen ( Zusatzprotokoll I).
Diese Verbrechen schließen direkte Angriffe gegen Zivilisten und zivile Objekte und Angriffe,
die zwischen militärischen Zielen und Zivilisten und zivilen Objekten nicht unterscheiden
(Artikel 48, 51 (4) und 52 (1) von Protokoll I), ein;
die übermäßige Verwendung von Gewalt,
die von unverhältnismäßigen Angriffen auf Zivilisten und zivilen Objekten entsteht
(Artikel 51 (4) und 51 (5) von Protokoll I);
und die Verbreitung von Terror unter der Zivilbevölkerung
(Artikel 33 der Vierten Genfer Konvention und Artikel 51 (2) von Protokoll I).
Israels Belagerung Gazas verletzt eine ganze Reihe von Verpflichtungen
sowohl bezogen auf die Menschenrechtsgesetzgebung als auch auf das Menschenrecht.
Die Vorschriften der Internationalen Vereinbarung über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte,
die feststellen, dass jedermann das Recht auf "einen adäquaten Lebensstandard für sich selbst
und seine Familie, einschließlich Nahrung, Kleidung und Unterkunft",
Freiheit von Hunger und das Recht auf Nahrung (Art. 11)
und dass jedermann das Recht auf Gesundheit hat,
sind schwer verletzt worden.
Vor allem hat die Regierung
das Verbot von kollektiver Bestrafung einer besetzten Bevölkerung verletzt,
das in Artikel 33 der Vierten Genfer Konvention enthalten ist.
Der unterschiedslose und übermäßige Einsatz von Gewalt gegen Zivilisten und zivile Objekte,
die Zerstörung der Elektrizitäts– und Wasserversorgung,
die Bombardierung von öffentlichen Gebäuden, die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit,
die Schließung von Übergängen und die Auswirkungen,
die diese Aktionen auf das Gesundheitswesen, die Nahrungsversorgung,
das Familienleben und das psychologische Wohlbefinden des palästinensischen Volkes haben,
stellt eine krasse Form von kollektiver Bestrafung dar.« ( 8 )
Das, was mit den Menschen seit 2006 im Gaza geschieht,
ist wirklich nicht mit den Gaskammern und den Verbrennungsöfen der Nationalsozialisten
in den Jahren 1939 bis 1945 gleichzusetzen.
Nein wirklich nicht,
denn es geschieht jetzt.
ist wirklich nicht mit den Gaskammern und den Verbrennungsöfen der Nationalsozialisten
in den Jahren 1939 bis 1945 gleichzusetzen.
Nein wirklich nicht,
denn es geschieht jetzt.
2 Adar 5776 * 12. März 2016 © Heinz Kobald
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( 1 ) Quelle: Süddeutsche Zeitung, 10. März 2016, Seite 49
München-Region-Bayern - Wegen Kritik an Israel abgesagt
Münchner Frauenrechts-Preis sollte an die Internationale Frauenliga gehen.
Doch die CSU lässt die Verleihung platzen
Von Heiner Effern
( 2 ) Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit
IFFF Regionalgruppe München
Die Gruppe München besteht seit Gründung der IFFF im Jahr 1915,
mit Unterbrechungen während des zweiten Weltkrieges,
Die beiden Mitgründerinnen der Internationalen Frauenliga Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann,
hatten ihren Wohnsitz in München.
( 3 ) Gratulation an WILPF vom UN-Generalsekretär
Ban Ki-Moon, UN-Generalsekretär, gratuliert WILPF zum 100 Jubiläum, März 2015
"Womens organizations have long been at the forefront (of disarmament).
I congratulate the Womens International League for Peace and Freedom on its 100th anniversary
and pay tribute to its members for their unwavering contribution to the cause of humanity."
Ban Ki-moon, UN Generalsekretär, März 2015
( 4 ) Anita Augspurg - September 1857 - Dezember 1943
Anita Augspurg war eine der führenden Frauen in der deutschen Frauenbewegung.
Sie gehörte zum sogenannten radikalen Flügel und trat während des Ersten Weltkrieges
zusammen mit Lida Gustava Heymann auch an die Spitze der deutschen Frauen-Friedens-Bewegung.
( 5 ) 10. 01. 2009, Israel außerhalb der internationalen Völkergemeinschaft
Heidi Meinzolt, 10.1.2009
( 6 ) Zollabkommen EU und Israel
Import von Gütern aus den von Israel besetzten Gebieten –
Massnahmen des Bundesrates ( Schweiz )
Einreichungsdatum: 12.12.2002
Geschäftsdatenbank: 02.3722 - Motion
( 7 ) Pax Christi
Die Welt, 07.06.2012, Israel und Europa
Streit um Markierung von Waren aus Siedlungsgebieten
Mehrere Länder wollen Waren aus israelischen Siedlungen kennzeichnen.
Eine katholische Friedensbewegung fordert das auch für Deutschland.
Vertreter Israels kritisieren die Kennzeichnung als rassistisch.
Nahostkommission der deutschen Pax Christi Sektion
Postfach 13 45, 61103 Bad Vilbe, sekretariat@paxchristi.de
Pressemitteilung - Freising/Stuttgart 10.7.2006
Gemeinsame Erklärung
... der Nahost-Kommission des Deutschen Zweiges des Internationalen Versöhnungsbundes
und der Nahost-Kommission der Deutschen Sektion von pax christi
Friedensverbände fordern Ende der israelischen Militärinvasion –
Keine Doppelstandards in der EU-Nahostpolitik und
Stopp von deutschen Rüstungsexporten
Die Zerstörung von Brücken und der Elektrizitätsversorgung im Gazastreifen,
die Inhaftierung demokratisch gewählter palästinensischer Abgeordneter
und die Tötung von Zivilisten sind Unrecht ...
Die Inhaftierung und Ermordung politischer Führer der Palästinenser,
die Zerstörung der Infrastruktur im Gazasteifen,
die Zerstörung von Arbeitsmöglichkeiten und
das Abschneiden des Zugangs zu Strom und Wasser
stellen Unrechtsmaßnahmen dar
und legen die Vermutung nahe,
dass ein ganzes Volk für die Wahl
einer aus israelischer Sicht ungewollten Regierung
bestraft werden soll ...
Wir verurteilen die israelische Invasion als völkerrechtswidrig ...
Nicht zweierlei Maß gegenüber Israel und Palästina ...
Die Nahost-Kommissionen des Versöhnungsbundes und
von pax christi fordern die Bundesregierung und die Europäische Union auf,
nicht weiter untätig dieser Entwicklung ihren Lauf zu lassen und
gleiche Standards in ihrer Politik gegenüber Israel wie gegenüber Palästina anzulegen ...
Wir fordern die EU auf, sich der seit langem
durch Israel begangenen Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen
anzunehmen, gemäß der Verpflichtung des Internationalen Gerichtshofs,
und Israel - falls keine andere Lösung gefunden werden kann -
mit gezielten Sanktionen
zu einem Einhalten von internationalem Recht zu bewegen.
Von der Bundesregierung erwarten wir, dass sie eine Politik der EU im oben geforderten Sinn mitträgt.
Sie darf nicht zur militärischen Aufrüstung dieses Spannungsgebiets beitragen,
indem sie Waffen nach Israel liefert,
während sie auf der anderen Seite von einem demilitarisierten Palästinenserstaat ausgeht.
Wir protestieren aufs Schärfste gegen die vor kurzem angekündigte
Lieferung des gepanzerten Dingo-Truppentransportfahrzeuges nach Israel.
Dieses von der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen eingesetzte Fahrzeug
kann von der israelischen Armee in den besetzten Gebieten verwendet werden.
( 8 ) UN Menschenrechtsrat
VEREINTE NATIONEN - Generalversammlung
MENSCHENRECHTSRAT, 21. Januar 2008
DIE MENSCHENRECHTSSITUATION IN PALÄSTINA UND
IN ANDEREN BESETZTEN ARABISCHEN TERRITORIEN
Bericht des Sonderberichterstatters über die Menschenrechtssituation
in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten, John Dugard