Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Israels Definition seiner Verpflichtungen aus rechtsgültigen Verträgen
EUG Zoll-Abkommen Israel Soda-Stream West-Jordanland Wie Israel seine "Interessen"
in rechtmäßigen Verträgen "definiert"


Über eine israelische Auslegung des Assoziierungsabkommen EG–Israel vom 20. November 1995
mußte bereits der EUROPÄISCHE GERICHTSHOFS am 25. Februar 2010 durch URTEIL C-386/08 - Brita entscheiden.

Israel versucht in rechtsgültig abgeschlossenen Verträgen
das Geltende Völkerrecht durch eigene neue Definitionen entweder zu umgehen oder auszuhebeln.
Es erfüllt nicht die in einem Vertrag vereinbarten Verpflichtungen
und will sich trotzdem Vorteile verschaffen, die ihm nach dem Vertrag nicht zustehen.

So sind nach israelischer Auffassung
die völkerrechtswidrig besetzten Gebiete Palästinas nicht "besetzte" sondern "umstrittene" Gebiete
und Gaza ist 2006 zum "Feindesland" erklärt worden,
um sich allen Verpflichtungen als Besatzungsmacht, die das Völkerrecht dem Staat Israel auferlegt, zu entziehen.
Die gesamte Bevölkerung im Gaza wird seit 2006 in völkerrechtswidriger Kollektivhaft eingesperrt.

Doch völkerrechtlich werden diese Definitionsversuche Israels von den Mitgliedsstaaten der UN nicht akzeptiert.

Aus dem Urteil des Europäischen Gerichts

»Rechtlicher Rahmen

Der räumliche Geltungsbereich des Assoziierungsabkommens EG–Israel wird in Art. 83 definiert: ( 1 )

Nach Art. 2 Abs. 2 dieses Protokolls gelten als Ursprungserzeugnisse Israels Erzeugnisse,
die im Sinne des Art. 4 dieses Protokolls vollständig in Israel gewonnen oder hergestellt worden sind
sowie Erzeugnisse, die in Israel unter Verwendung von Vormaterialien hergestellt worden sind,
die dort nicht vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind,
vorausgesetzt dass diese Vormaterialien in Israel im Sinne des Art. 5 dieses Protokolls
"in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden sind". ( 1 )

Art. 32 des Protokolls EG–Israel regelt das Verfahren zur Prüfung der Ursprungsnachweise. ( 1 )

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Firma Brita GmbH, hat ihren Sitz in Deutschland.

Sie führt Sprudelwasserbereiter sowie Zubehör und Getränkesirupe ein,
die von einem israelischen Lieferanten, der Soda-Club Ltd, erzeugt werden,
deren Produktionsstätte in Mishor Adumin im Westjordanland, östlich von Jerusalem, liegt.
( 1 )
Die Soda-Club Ltd ist ein ermächtigter Ausführer im Sinne von Art. 23 des Protokolls EG–Israel.

In der ersten Jahreshälfte 2002 beantragte die Klägerin
des Ausgangsverfahrens mit insgesamt mehr als 60 Zollanmeldungen
die Überführung der eingeführten Waren in den zollrechtlich freien Verkehr.
Sie meldete Israel als Ursprungsland dieser Waren an und beantragte die Anwendung der Zollpräferenz
nach dem Assoziierungsabkommen EG–Israel anhand von Rechnungen des Lieferanten,
auf denen dieser erklärt, dass es sich um Waren mit Ursprung in Israel handele. ( 1 )

Das deutsche Zollamt gewährte vorläufig die begehrte Zollpräferenz,
setzte aber ein nachträgliches Prüfungsverfahren in Gang.
Auf Nachfrage der deutschen Zollbehörden antworteten die israelischen Zollbehörden,
dass „[die] Prüfung … ergeben [hat],
dass die betreffenden Waren aus einer Zone stammen, die unter israelischer Zollzuständigkeit steht.
Demgemäß handelt es sich um Ursprungsware gemäß dem Assoziierungsabkommen EG–Israel,
die präferenzberechtigt im Sinne dieses Abkommens ist“. ( 1 )

Mit Schreiben vom 6. Februar 2003
baten die deutschen Zollbehörden die israelische Zollverwaltung um ergänzende Mitteilung,
ob die betreffenden Waren in den israelischen Siedlungsgebieten
im Westjordanland, im Gazastreifen, in Ost-Jerusalem oder auf den Golanhöhen hergestellt wurden
.
Dieses Schreiben blieb unbeantwortet. ( 1 )

Mit Bescheid vom 25. September 2003 lehnten die deutschen Zollbehörden daher
die zuvor gewährte Präferenzbehandlung ab, weil nicht zweifelsfrei habe festgestellt werden können,
dass die eingeführten Waren unter das Assoziierungsabkommen EG–Israel fielen.
Dementsprechend wurde Zoll von insgesamt 19.155,46 Euro nacherhoben. ( 1 )

Im Übrigen wird das Assoziierungsabkommen EG–Israel,
das zwischen zwei Völkerrechtssubjekten geschlossen wurde,
durch das Völkerrecht, und zwar,
im Hinblick auf seine Auslegung durch das Völkervertragsrecht geregelt. ( 1 )

Das Völkervertragsrecht wurde im Wesentlichen im Wiener Übereinkommen kodifiziert.
Nach Art. 1 dieses Übereinkommens findet es auf Verträge zwischen Staaten Anwendung. ( 1 )

Folglich ist Art. 83 des Assoziierungsabkommens EG–Israel in dem Sinne auszulegen,
dass die Erzeugnisse mit Ursprung im Westjordanland
nicht in den räumlichen Geltungsbereich dieses Abkommens

und folglich nicht unter die durch dieses Abkommen eingeführte Präferenzregelung fallen. ( 1 )

Unter diesen Umständen konnten die deutschen Zollbehörden den betreffenden Waren
die Gewährung der Präferenzbehandlung nach dem Assoziierungsabkommen EG–Israel verweigern,
weil sie aus dem Westjordanland stammten. ( 1 )

Aus Art. 32 des Protokolls EG–Israel geht hervor,
dass die nachträgliche Prüfung von Erklärungen auf der Rechnung immer dann erfolgt,
wenn die Zollbehörden des Einfuhrstaats begründete Zweifel
an der Echtheit der Erklärungen oder der Ursprungseigenschaft der betreffenden Erzeugnisse haben. ( 1 )

Die Union ist nämlich der Ansicht,
dass die Erzeugnisse, die an Orten gewonnen wurden,
die seit 1967 unter israelischer Verwaltung stehen,
nicht unter die in dem Abkommen definierte Präferenzbehandlung fallen.
( 1 )

Gemäß Art. 32 Abs. 6 des Protokolls EG–Israel müssen die Zollbehörden,
die die Prüfung beantragt haben, die Gewährung der Präferenzbehandlung ablehnen,
wenn die Antwort der Zollbehörden des Ausfuhrstaats keine ausreichenden Angaben enthält,
um den tatsächlichen Ursprung der Waren feststellen zu können. ( 1 )

Aus den Unterlagen des Ausgangsverfahrens geht hervor,
dass die israelischen Zollbehörden im Rahmen der nachträglichen Prüfung
keine konkrete Antwort
auf das Schreiben der deutschen Zollbehörden gegeben haben
,
mit dem überprüft werden sollte,
ob die betreffenden Erzeugnisse
in den israelischen Siedlungen im Westjordanland, im Gazastreifen,
in Ost-Jerusalem oder auf den Golanhöhen hergestellt wurden.
Das Schreiben der deutschen Zollbehörden vom 6. Februar 2003
blieb sogar unbeantwortet.
( 1 )

Unter solchen Umständen ist davon auszugehen,
dass eine Antwort wie die der Zollbehörden des Ausfuhrstaats keine ausreichenden Angaben im Sinne von Art. 32 Abs. 6 des Protokolls EG–Israel enthält,
um den tatsächlichen Ursprung der Waren feststellen zu können,
so dass die Bestätigung dieser Behörden, dass die betreffenden Waren unter die Präferenzbehandlung des Assoziierungsabkommens EG–Israel fallen,
die Zollbehörden des Einfuhrmitgliedstaats in diesem Zusammenhang nicht bindet. ( 1 )«



Aus der PRESSEMITTEILUNG des Gerichtshofs der Europäischen Union

»Erzeugnisse mit Ursprung im Westjordanland
fallen nicht unter die Zollpräferenzregelung des Abkommens EG-Israel.

Die Unionszollbehörden sind an die Bestätigung der israelischen Behörden,
dass die in den besetzten Gebieten erzeugten Waren unter die Präferenzbehandlung fallen,
die israelischen Waren gewährt wird, nicht gebunden ( 2 )

Brita, eine deutsche Gesellschaft,
führt Sprudelwasserbereiter sowie Zubehör und Getränkesirupe ein,
die von einem israelischen Lieferanten, Soda-Club, erzeugt werden,
dessen Produktionsstätte
in Mishor Adumin im Westjordanland, östlich von Jerusalem
, liegt. ( 2 )

Brita wollte von Soda-Club erzeugte Waren nach Deutschland einführen.
Sie teilte den deutschen Zollbehörden mit, dass die Waren ihren Ursprung in Israel hätten,
und ersuchte um Gewährung der Zollpräferenz nach dem Abkommen EG-Israel.
Die deutschen Zollbehörden hatten den Verdacht,
dass die Erzeugnisse aus den besetzten Gebieten stammten,
und ersuchten die israelischen Zollbehörden,
zu bestätigen, dass die Erzeugnisse nicht in diesen Gebieten hergestellt wurden. ( 2 )

Die israelischen Behörden bestätigten,
dass die betreffenden Waren aus einer Zone stammten,
die unter ihre Zollzuständigkeit fiele,
sie beantworteten jedoch nicht die Frage,
ob die Waren in den besetzten Gebieten hergestellt wurden.

Daher lehnten es die deutschen Behörden schließlich ab, Brita die Zollpräferenz zu gewähren,
weil nicht zweifelsfrei habe festgestellt werden können,
dass die eingeführten Waren in den Anwendungsbereich des Abkommens EG-Israel fielen. ( 2 )

Die Union ist nämlich der Ansicht,
dass die Erzeugnisse, die an Orten gewonnen wurden,
die seit 1967 unter israelischer Verwaltung stehen,
nicht unter die in dem Abkommen definierte Präferenzbehandlung fallen. ( 2 )

Trotz des ausdrücklichen Ersuchens der deutschen Behörden
gaben die israelischen Behörden keine Antwort auf die Frage,
ob die Erzeugnisse in den israelischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet
hergestellt worden waren.
Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin,
dass die israelischen Behörden nach dem Abkommen EG-Israel verpflichtet sind,
ausreichende Angaben zu machen,

damit der tatsächliche Ursprung der Waren festgestellt werden kann.

Da die israelischen Behörden diese Verpflichtung verletzt haben,
sind die Zollbehörden des Einfuhrmitgliedstaats an die Bestätigung dieser Behörden,
dass die betreffenden Waren unter die israelischen Waren vorbehaltene Präferenzbehandlung fallen,
nicht gebunden. ( 2 )



Aus dem Kommenter der AG Friedensforschung

"Gelbe Karte für Israel"

Von Werner Pirker

Die Firma Brita importiert Sprudelwasserbereiter sowie Getränkesirup von »Soda-Club«,
einem im Industriegebiet Mischor Adumim im Westjordanland ansässigen Unternehmen. ( 3 )

Als »Made in Israel« ausgewiesene Waren müßten auch in Israel produziert worden sein.
Und dazu gehörten die besetzten palästinensischen Gebiete nicht. ( 3 )


Das Urteil ist insofern brisant,
da die EU mit knapp 30 Prozent der Exporte
der zweitwichtigste Handelspartner Israels
nach den USA ist
und ungefähr ein Drittel der israelischen Exportware
ganz oder teilweise in den besetzten Gebieten hergestellt wird.
Indirekt ließe sich das EuGH-Urteil auch
als eine Verurteilung der illegalen israelischen Besiedlungspolitik auslegen. ( 3 )

Auf israelischer Seite wird argumentiert,
daß die EU nicht darüber zu bestimmen hat,
wo die Grenzen des israelischen Territoriums verlaufen,
und Israel das Recht habe,
Siedlungen in den besetzten Gebieten so zu behandeln,
als wären sie Teil des eigenen Territoriums.
( 3 )

In Wahrheit aber ist nicht nur die Besetzung der palästinensischen Gebiete völkerrechtwidrig,
sondern auch der Transfer der eigenen Bevölkerung auf okkupiertes Territorium.
Mit dem Anspruch, seine Grenzen nach eigenem Gutdünken zu bestimmen,
stellt der zionistische Staat das internationales Recht als ganzes in Frage. ( 3 )

Das EuGH-Urteil ist zwar eine begrüßenswerte Reaktion auf Israels völkerrechtswidrige Politik.
Ernsthafte Sanktionen aber wird es wohl nicht nach sich ziehen. ( 3 )«



Aus dem Kommentar "Die Linke"

"Absage an Annexionspolitik"

»Der europapolitische und mittelstands­politische Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, Diether Dehm,
erklärt zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes, ( 4 )

Der EuGH erteilt der faktischen Annexionspolitik des Westjordanlands durch Israel eine klare Absage.
Das Urteil hat Signalwirkung:
Hier geht es nicht nur um Sprudelwasser, hier geht es um das Völkerrecht und den Nahostkonflikt.
Die Linke begrüßt das EuGH-Urteil ausdrücklich,
denn es bedeutet ein klares Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung in den Grenzen von 1967
und stärkt die durch UN-Resolutionen und Verträge verbriefte Autorität der palästinensischen Autonomiebehörde.
Der völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungspolitik,
die ungebrochen auf die faktische Annexion der palästinensischen Gebiete abzielt,
wird dadurch ein wichtiges ökonomisches Instrument entzogen:
In den Siedlungen hergestellte Waren dürfen nicht als israelische Exporte deklariert werden
und fallen nicht unter das europäisch-israelische Zollfreiheitsabkommen. ( 4 )

Diese wurde aber selten eingehalten,
da europäische Zollbehörden die Angaben »israelischer« Exporteure nicht prüften. ( 4 )

Die Linke verlangt von der Bundesregierung,
die Zollverwaltungen künftig anzuweisen,
die Herkunftsangaben israelischer Produkte systematisch zu überprüfen
und so der völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik die ökonomische Grundlage zu entziehen. ( 4 ) «



4 Adar 5776 * 14. März 2016 © Heinz Kobald


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( 1 ) Urteil des EUGH von 25. Februar 2010
ECLI:EU:C:2010:91 Rechtssache C-386/08
Firma Brita GmbH gegen Hauptzollamt Hamburg-Hafen
Leitsätze des Urteils
1. Völkerrechtliche Verträge – Assoziierungsabkommen EG–Israel – Präferenzbehandlung für Waren mit Ursprung in Israel (Assoziierungsabkommen EG–Israel, Art. 83)
2. Völkerrechtliche Verträge – Assoziierungsabkommen EG–Israel – Präferenzbehandlung für Waren mit Ursprung in Israel (Assoziierungsabkommen EG–Israel, Protokoll Nr. 4, Art. 32 Abs. 6 und Art. 39)

( 2 ) PRESSEMITTEILUNG des Gerichtshofs der Europäischen Union
Erzeugnisse mit Ursprung im Westjordanland
fallen nicht unter die Zollpräferenzregelung des Abkommens EG-Israel
Die Unionszollbehörden sind an die Bestätigung der israelischen Behörden,
dass die in den besetzten Gebieten erzeugten Waren unter die Präferenzbehandlung fallen,
die israelischen Waren gewährt wird, nicht gebunden ( 2 )

( 3 ) AG Friedensforschung, Germaniastr. 14, 34119 Kassel,
eMail: webmaster@ag-friedensforschung.de
Gelbe Karte für Israel
Von Werner Pirker

( 4 ) Die Linke:
Absage an Annexionspolitik
Der europapolitische und mittelstands­politische
Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, Diether Dehm, ( 4 )
erklärt zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes,
das die Forderung des Sprudelherstellers »Soda-Club« auf Zollfreiheit zurückweist,
weil der in den von Israel besetzten Gebieten produziert.