Ganz offensichtlich plagt die Bischöfe die rechtliche Form,
wie die Gläubigen aus der Gemeinschaft der Gläubigen zu entlassen sind,
mehr als die Gründe, die die Gläubigen auf diesen Weg führt.
Zitat:
»Seit geraumer Zeit haben eine beträchtliche Anzahl von Bischöfen, Offizialen und andere,
die sich mit dem kanonischen Recht beschäftigen, bei diesem Päpstlichen Rat
Fragen gestellt und Bitten vorgebracht
zu einer Klarstellung in Bezug auf den formalen Akt des Abfalls von der Kirche.« ( 1 )
Der Päpstliche Rat für Gesetzestexte gab 2006 aus dem Vatikan eine Antwort.
Zitat:
»Dieses Problem wurde sorgfältig untersucht
durch die zuständigen Dikasterien des Heiligen Stuhls,
um zuerst die theologischen und dogmatischen Komponenten
eines actus formalis defectionis ab Ecclesia catholica zu identifizieren
und danach die Anforderungen oder rechtlichen Formalitäten, die notwendig sind,
damit eine solche Handlung einen echten "formalen Akt" des Abfalls darstellt.« ( 1 )
Es ist nicht zu erkennen, welche Gedanken sich die Verantwortlichen der Kirche über die Gründe machen, die zu dieser Trennung führen.
Sie legt entschieden das Gewicht auf die Tatsache der Trennung, auf die Handlungen der Gläubigen, nicht auf mögliche eigene verursachende Handlungen.
Die Sorge, in welche Glaubenszweifel, in welche Gewissensnöte die Kirche mit ihren Handlungen diese Gläubigen versetzt hat, ist darin nicht zu erkennen.
Wichtig dagegen erscheint nur die Anwendung des canonischen Rechts zu sein.
Zitat:
»In diesen genannten Situationen sind diejenigen,
die in der katholischen Kirche getauft sind oder in sie aufgenommen sind,
weiter an das rein kirchliche Recht gebunden (vgl. can. 11).« ( 1 )
Immer noch nicht ist eine Sorge um die abhanden gekommenen Seelen zu erkennen.
Wohl aber die Einsicht, die Kirche kann bei allem verfolgten Rechtsformalismus die Wirkung der Taufe nicht aufheben.
Zitat:
»a) die innere Entscheidung, die Katholische Kirche zu verlassen;
b) die Umsetzung und eine äußere Bekundung dieser Entscheidung, und
c) die Entgegennahme dieser Entscheidung
durch die zuständige kirchliche Autorität.« ( 1 )
Der Päpstliche Rat fordert von den Gläubigen das Erkennen einer "inneren Entscheidung" und die Erklärung dieser Entscheidung gegenüber der "kirchlichen Autorität".
Demnach wird auch von den Bischöfen in Deutschland verlangt, diese "innere Entscheidung" bei den Gläubigen zu erfragen.
Die Erklärung der Entscheidung ist dann von den Gläubigen gegenüber einer kirchlichen Autorität abzulegen.
Den Gläubigen in Deutschland ist jedoch der Weg zu einer staatlichen Verwaltungsstelle vorgeschrieben.
Zitat:
»Der Gegenstand dieses Willensaktes muss den Bruch der Bande der communio (Gemeinschaft) beinhalten - Glaube, Sakramente und pastorale Leitung - die es den Gläubigen gestatten, ein Leben der Gnade innerhalb der Kirche zu empfangen.« ( 1 )
Könnte es sein, bei den sich Abwendenden ist ein Mangel am "Leben der Gnade innerhalb der Kirche" entstanden?
Hätten sie vielleicht diesen bei ihnen entstandenen Mangel deutlicher artikulieren sollen? Nicht nur am Stammtisch ihrem Unmut Luft zu verschaffen.
Sondern denen vorzulegen, die dafür eine Verantwortung tragen?
Bernd Raffelhüschen, Leiter des Freiburger Forschungzentrums Generationenverträge, sagte zu den Austritten von enttäuschten Mitgliedern:
»Das sind Dinge, die beeinflussbar sind. Die Kirchen sollten ihre Anstrengungen bei der Suche nach Zusammenhängen, die sie beeinflussen können, intensivieren.« ( 4 )
Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Nordkirche, sagte zu diesen "Anstrengungen":
»Entscheidend ist, dass das, was geschieht, zu den jeweiligen Situationen und Menschen passt.« ( 4 )
Zitat:
»Das bedeutet, dass der formale Akt des Abfalls
mehr als einen rechtlich-verwaltungsmaßigen Charakter haben muss
(die Entfernung des Namens aus der Liste der Kirchenmitglieder,
die bei staatlichen Behörden geführt wird,
um gewisse weltliche Konsequenzen daraus abzuleiten),
sondern er muss eine wirkliche Trennung
von den konstitutiven Elementen des Lebens der Kirche sein:
er setzt daher einen Akt der Apostasie, der Häresie oder des Schismas voraus.« ( 1 )
Diese Überlegung des Päpstlichen Rates trifft möglicherweise in den Kern des Geschehens, das jedoch die Bischöfe in Deutschland nur auf den formal-rechtlichen Teil danach beschränken wollen.
Der Volksmund bezeichnet diesen Zeitpunkt als den Augenblick, "in dem das Kind schon in den Brunnen gefallen ist". Möglicherweise konnte das geschehen, weil jemand seine Aufsichtspflicht nicht erfüllt hat.
Der Päpstliche Rat verdeutlicht damit, vor dem Abfall muß etwas geschehen, das eine größere Bedeutung hat, als danach der rein rechtliche Verwaltungs-Akt.
Zitat:
»Der rechtlich-verwaltungsmäßige Akt eines Austritts aus der Kirche
konstituiert nicht per se einen formalen Akt des Abfalls,
wie er vom Codex verstanden wird,
denn es ist möglich, dass dennoch der Wille vorhanden sein konnte,
in der Gemeinschaft des Glaubens zu bleiben.« ( 1 )
Ein versöhnlicher Moment wird den Gläubigen auf ihrem Weg außerhalb des Kirchenraums mitgegeben.
Sie behalten eine Eigenschaft, die weder sie selbst durch ihr Handeln noch die Bischöfe durch ein Dekret auslöschen können.
Zitat:
»Es bleibt aber in jedem Falle klar,
dass das sakramentale Band der Zugehörigkeit zum Leib Christi, der die Kirche ist,
geknüpft durch das Prägemal der Taufe,
ein ontologisches und ewiges Band ist,
das nicht auf Grund eines Actes oder Faktums des Abfalls verloren geht.« ( 1 )
In ihrer Anfrage baten die Bischöfe auch nicht um eine Anweisung,
wie der Abgang der Gläubigen bis zu ihrer Entscheidung zu "begleiten" ist.
Wie erklären das die Bischöfe ihren Gläubigen in Deutschland
Ganz offensichtlich besteht aber für die Gläubigen in Deutschland ein ganz anderes "Glaubens-Recht" als das in dem Schreiben des Päpstlichen Rates enthalten ist.
Zitat:
»Die Erklärung der deutschen Bischöfe wendet diese weltkirchlichen Bestimmungen
unter Berücksichtigung der deutschen Rechtstradition auf die deutschen Diözesen an.« ( 2 )
und
Zitat:
»Diese Klarstellung berührt nicht die in der deutschen Rechtstradition stehende staatliche Regelung für den Kirchenaustritt.« ( 2 )
Im Verständnis der Deutschen Bischöfe werden die Gläubigen offenbar nur als Rechts-Objekte wahrgenommen.
Als Gläubige mit dem selben Glauben an den selben Gott unterliegen die Gläubigen in Deutschland nach Meinung der Deutschen Bischöfe einem anderen Glaubens-Recht.
Vom Päpstlichen Rat sind dagegen eher verständnisvollere Worte zu vernehmen.
Aus dieser unterschiedlichen Auffassung der Deutschen Bischöfe ist eine Einheit der Kirche nicht zu erkennen, die bei anderen Fragen und Richtigstellungen stets beschworen wird.
Die Deutschen Bischöfe gestehen dagegen aufrichtig, die Gründe für die Abwendung der Gläubigen wollen sie nicht erforschen.
Als läge dieser Vorgang bei der Reifung des Entschlusses der Gläubigen, diesen Schritt zu tun, nicht in ihrem Verantwortungsbereich.
Mit dieser Ablehnung ihrer Verantwortung betrügen sich die Bischöfe nur selbst.
Zitat:
»Wer - aus welchen Gründen auch immer - den Austritt aus der katholischen Kirche erklärt,
zieht sich die Tatstrafe der Exkommunikation zu.« ( 2 )
Dagegen sprechen sie Drohungen aus wie die Exkommunikation, legen ein Schisma fest und verhängen eine Beugehaft zur "Versöhnung". Sprechen dann aber überraschend von ihrem Bemühen um Versöhnung.
Sieht so ein Bemühen um Verstehen aus, das auch mögliche eigene verursachende Handlungen nicht mit einbezieht?
Zitat:
»Die Exkommunikation ist eine Beugestrafe, die zur Umkehr auffordert.
Nach dem Austritt wird sich die Kirche durch den zuständigen Seelsorger um eine Versöhnung mit der betreffenden Person und um eine Wiederherstellung ihrer vollen Gemeinschaft mit der Kirche bemühen.« ( 2 )
Es erscheint jedoch im Sinne der Lehre von Jesus sinnvoller, sich vor der Abwendung der Gläubigen um ihr Seelenheil wirksam zu bemühen. Nicht erst nach dem Weggang mit einer Beugehaft eine Versöhnung herbeiführen zu wollen.
Obwohl sie vom Päpstlichen Rat aufgefordert sind, die "innere Entscheidung" der Gläubigen zu erfragen, weisen sie diese Mühe von sich.
Oder geben andere Worte eine Hoffnung?
In der neuen Studie zu den Kirchenmitgliedern "Kirche der Freiheit" stellte die EKD im Jahr 2006 »die Forderung nach mehr Qualität in den Gottesdiensten.« ( 4 )
Für die katholische Kirche formulierte Kardinal Reinhard Marx zu dieser neuen Studie der EKD »in der Kirche geht es immer darum, das Evangelium weiterzusagen, auch unter veränderten Bedingungen.« ( 4 )
Sollen Schläge mit der Peitsche eine Seele zur Versöhnung zwingen?
Das erinnert eher an eine Bekehrung mit Feuer und Schwert.
Ist Jesus auf diese Weise mit seinen Jüngern zu den Völkern gegangen?
Hat nicht sogar er selbst gesagt "Wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um!"
Unverzeihen und schwere Strafen treffen die Gläubigen in Deutschland, die sich von der Kirche abwenden.
Wobei sich die Bischöfe die Frage durchaus nicht stellen, ob durch den Weggang auch wirklich ein Abfall vom Glauben verbunden sein muß.
Sie legen ihre Annahme fest, es ist ein Schisma, es muß ein Schisma sein.
Das gleicht einer Verurteilung ohne Beweisführung.
Die einer rechtlichen Überprüfung vor einem ordentlichen Gericht nicht standhalten würde.
Zitat:
»Der rechtlich-verwaltungsmäßige Akt eines Austritts aus der Kirche
konstituiert nicht per se einen formalen Akt des Abfalls,
wie er vom Codex verstanden wird,
denn es ist möglich, dass dennoch der Wille vorhanden sein konnte,
in der Gemeinschaft des Glaubens zu bleiben.« ( 1 )
Was dagegen der Päpstliche Rat in seinem Verständnis zu bedenken gibt.
Der Päpstliche Rat spricht auch von der Gemeinschaft des Glaubens.
Wogegen die Deutschen Bischöfe nur auf die Gemeinschaft der "ecclesia catholica" schauen.
Doch für den Unterschied scheinen die Deutschen Bischöfe kein Ohr zu haben.
Welche Einsicht hindert sie daran? Entspringt ihre Annahme einer Glaubenswahrheit?
Es erscheint ihnen bequemer, ihre Annahme über den Weggang der Gläubigen festzuschreiben
als sich der Mühe zu unterziehen, die Gründe dafür zu erfragen. Bevor die Gläubigen den Weg der Trennung betreten.
Das Missverständnis mit dem Päpstlichen Rat wollen die Deutschen Bischöfe mit ihrem eigenen Einklang "mit der ständigen Auffassung der Deutschen Bischöfe" vermeiden.
Was darauf schließen ließe, auf Seite der Deutschen Bischöfen bestünde durchaus ein Missverstehen für die Worte und den Sinn im Schreiben des Päpstlichen Rates.
Zitat:
»Zur Vermeidung von Missverständnissen stellt die Deutsche Bischofskonferenz deshalb
- im Einklang mit der ständigen Auffassung der deutschen Bischöfe -
folgendes fest:« ( 2 )
Ein sehr eigenwilliger Vorgang, der eher nach Eigeninterpretation aussieht als nach einer Einheit im Glauben.
Was hat nun eine Gültigkeit für die Gläubigen in Deutschland?
Der Einklang der Deutschen Bischöfe mit ihrer eigenen ständigen Auffassung oder die Übereinstimmung mit der Meinung des Päpstlichen Rates?
Zitat:
»Durch die Erklärung des Austritts aus der katholischen Kirche
vor der staatlichen Behörde
wird mit öffentlicher Wirkung die Trennung von der Kirche vollzogen.
Der Kirchenaustritt ist
der öffentlich erklärte und amtlich bekundete Abfall von der Kirche
und erfüllt den Tatbestand des Schismas im Sinn des c. 751 CIC.« ( 2 )
Auch damit widersprechen die Bischöfe in Deutschland dem Wortlaut und dem Sinn in der Antwort des Päpstlichen Rates.
Der Päpstliche Rat sieht das Entstehen eines sogenannten Schisma vor der Erklärung über den Austritt aus der Kirche.
Damit unterliegt dieses Geschehen der Sorgfaltspflicht der Bischöfe in ihrer seelsorgerechtlichen Aufgabe für die Gläubigen.
Genau betrachtet ist eine mangelnde Seelsorge der Bischöfe für die Gläubigen verantwortlich, bevor das Schisma möglich wird.
Sie aber stehen übereinstimmend zu ihrer "ständigen Auffassung" über das Kirchenrecht in Deutschland.
Für die Gewissensnot der Gläubigen scheint dazwischen kein Raum zu sein. Den Deutschen Bischöfen ist vermutlich eine Verurteilung und Bestrafung von größerer Bedeutung als ihre seelsorgerechtliche Verpflichtung bei der Glaubensbegleitung der Gläubigen.
Die Bemühung um Versöhnungung
Doch dann scheint sich ein Gedanke der Verantwortung bei den Bischöfen zu entwickeln. Allerdings erst im Jahr 2012.
Dieses Bemühen, die Gleichgültigkeit nicht zu verbergen, hat 6 Jahre gedauert.
Zitat:
»mit Bedauern habe ich erfahren, dass Sie vor der zuständigen zivilen Behörde
Ihren Austritt aus der katholischen Kirche erklärt haben.« ( 3 )
Dabei regt sich der Gedanke, das hätte vermieden werden können, wenn die Bischöfe näher an ihren Gläubigen den Lebendigen Glauben mit seinen Verpflichtungen lebten. Dann hätten sie vielleicht doch früher von den Glaubensnöten der Gläubigen erfahren, für deren Seelenheil sie die Sorge tragen sollen. Aber durch die Verstaatlichung ihrer Pflichten haben sie sich aus ihrer Verantwortung entfernt. Dies geschah zweifelsfrei im Widerspruch zur Lehre Jesu. Jedoch offensichtlich in Übereinstimmung mit der "Ständigen Auffassung der Deutschen Bischöfe".
Könnte hier die Frage erlaubt sein, diese "Ständige Auffassung" bedürfte einer Überprüfung.
Zitat:
»Ihre Entscheidung ist mir, wie Sie verstehen werden, keineswegs gleichgültig.
Ich würde gerne mit Ihnen über die Gründe, die Sie zu Ihrem Schritt bewogen haben, sprechen und habe als Seelsorger auch die Pflicht, die Motivation Ihres Kirchenaustritts zu erfragen und eine entsprechende Einschätzung vorzunehmen.« ( 3 )
Dies erreicht die Gegangenen gewiss im richtigen Augenblick.
Sie erfahren jetzt die Versicherung, sie sind ihren Bischöfen nicht gleichgültig.
Aber die Gläubigen fragen sich auch "Jetzt erst? Was waren wir den Bischöfen vorher?"
Jetzt sehen sich die Bischöfe in der Pflicht, für diese Geschehenslage "eine entsprechende Einschätzung vornehmen zu wollen"?
Ist der Zeitpunkt nicht doch ein wenig verspätet?
Hat sich nicht auch im Verständnis der Ärztlichen Verpflichtung die Erkenntnis durchgesetzt
"Vorbeugen ist besser als Heilen!"
Um dafür ein Verständnis aufzubringen, Bischöfe haben nur Theologie studiert.
Zitat:
»Wer in der katholischen Kirche getauft oder in sie aufgenommenen wurde,
hat ja auf seine Weise Anteil an der Sendung des ganzen christlichen Volkes in Kirche und Welt (vgl. Lumen Gentium 31).« ( 3 )
Ist es in dieser Situation sehr sinnvoll die sich bereits Abgewendeten an "ihren Anteil an der Sendung des ganzen christlichen Volkes in Kirche und Welt" anzusprechen, den doch die Bischöfe mit ihrem Beispiel vorleben sollten?
Zitat:
»Katholische Christen genießen alle Grundrechte zur aktiven Teilnahme am kirchlichen Leben,
doch sind diese untrennbar mit der Erfüllung der Grundpflichten in der kirchlichen Gemeinschaft verbunden.« ( 3 )
Sollten die Bischöfe mit diesen Worten nicht allein die Gläubigen ansprechen sondern in Erster Verantwortung sich selbst als die Nachfolger der Apostel. Auch die Aufgaben der Bischöfe sind "mit der Erfüllung der Grundpflichten in der kirchlichen Gemeinschaft verbunden".
Zitat:
»Die Erklärung des Kirchenaustritts vor der zuständigen zivilen Behörde
stellt als öffentlicher Akt eine willentliche und wissentliche Distanzierung
von der Kirche dar und ist eine schwere Verfehlung
gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft.« ( 3 )
Warum sprechen die Bischöfe nur von den angeblich schweren Verfehlungen der Gläubigen?
Warum werden die Bischöfe für ihre schwere Verfehlung nicht der Verantwortung übergeben, die Gläubigen ohne seelsorglichen Beistand in ihrer Glaubensnot allein gelassen zu haben?
Wiegt die Verursachung der Abwendung nicht schwerer als der Weggang selbst?
Zitat:
»Wer vor der zuständigen Behörde seinen Kirchenaustritt erklärt,
verstößt gegen die Pflicht, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren
(c. 209 § 1 CIC) und seinen finanziellen Beitrag zu leisten,
dass die Kirche ihre Sendung erfüllen kann (c. 222 § 1 CIC i.V.m. 1263 CIC)«. ( 3 )
Den Gläubigen wird in dem Schreiben der Bischöfe vorgeworfen,
sie hätten »gegen die Pflicht verstoßen,
die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren.«
Wo waren die Bischöfe, als sie die Gemeinschaft mit den Gläubigen nicht aufrechterhalten hatten?
Sie haben ihre Seelsorgepflichten bei den Gläubigen nicht erfüllt, die sie zu leisten verpflichtet sind, ganz besonders als die Nachfolger der Apostel. Deren Nachfolge sie bei den Gläubigen ganz offensichtlich nicht erfüllt haben, sonst hätte das, was in den Gläubigen geschehen ist, vermutlich nicht geschehen müssen.
Das geschah auch noch zu der Zeit, in der die Gläubigen ihren finanziellen Beitrag an die Kirche über die Kirchensteuer erfüllt hatten. Dazu gehört auch, die Entlohnung der Bischöfe wird nicht aus der Kirchensteuer bezahlt. Das Gehalt der Bischöfe wird nach dem Konkordat vom Staat aus Steuermitteln erfüllt. Dadurch erhalten die Bischöfe ihre Bezahlung sogar überwiegend aus den Steuerzahlungen von Nicht-Gläubigen. Diese Tatsache belastet das Gewissen der Bischöfe jedoch keineswegs.
Vielmehr nehmen sie für sich die Verantwortung in Anspruch, den Gläubigen einen Verstoß gegen ihre Verpflichtungen vorzuwerfen.
Der Hintergrund für diese Berechtigung ist jedoch bei genauerer Betrachtung fraglich geworden.
Die Bischöfe werfen den Gläubigen auch einen Verstoß gegen ihre Pflicht vor,
»einen finanziellen Beitrag zu leisten, damit die Kirche ihre Sendung erfüllen kann«.
Nicht nur die Besoldung der Bischöfe wird aus Steuermitteln durch den Staat erfüllt, ( Art. 10 § 1 des Konkordats )
sondern auch die der Religionslehrer an den Schulen ( Art. 13 § 1 des Konkordats ).
Weil die Kirchensteuer für diese Personalausgaben der Kirche für ihre Glaubens-Sendung nicht verwendet wird, ist es eine grundlose Anschuldigung der Bischöfe an die Ausgetretenen, durch den Wegfall ihrer Kirchensteuer-Beitrage den Sendungs-Auftrag der Kirche zu schmälern oder zu verhindern.
Auch über die Zeit nach dem Austritt der Gläubigen hinaus kann der Sendungs-Auftrag der Kirche durch die Steuerzahlungen des Staates als abgesichert gelten.
Aufgrund dieser Tatsache ist die Anschuldigung der Bischöfe an die Ausgetretenen ohne Grundlage.
Es ist bedrückend bei der Betrachtung allein dieser 3 Schriftstücke den Zwiespalt nicht nur im sogenannten Glaubens-Recht als auch bei der Glaubens-Verkündung innerhalb dieser vorgetragenen Einheit der Kirche erkennen zu müssen.
Dazu die uneingeschränkte Schuldzuweisung an nur eine Seite, die feststellbar von der die Schuld zuweisenden Seite in diese Situation geraten ist. Die Bischöfe weisen - verständlich - jede Überprüfung ihrer Schuldfähigkeit zurück.
Dieses Vorgehen vermag jedoch die Verantwortung für die Wirklichkeit nicht zu heilen.
Gottesrecht steht über Kirchenrecht
Bei all den Verurteilungen und Androhungen und Strafen für die Gläubigen, die den Glauben verlieren, übersehen die Deutschen Bischöfe ihr eigenen Verpflichtungen und ihre Verantwortung für das Heil der strauchelnden Seelen.
Zitat:
»Gern wird verdrängt, dass das geistliche Amt am Ende auch
wegen "unterlassener Hilfeleistung"
vor dem Richterstuhl Gottes stehen könnte.« ( 5 )
und
Zitat:
Ȇber dem Kirchenrecht steht noch ein anderes Recht: Gottesrecht. Und das Gericht Gottes.
Darauf hatte der Freiburger Kanonist Ulrich Mosiek (1919-1978)
in seinen Vorlesungen verschiedentlich hingewiesen.
Der Geistliche - ob Gemeindepfarrer, Bischof, Kardinal oder Papst -
habe sich vor jenem göttlichen Gericht zu verantworten für das,
was er den ihm Anvertrauten in Gedanken, Worten und Werken getan oder nicht getan hat.
Die Leitenden der Kirche müssten am Ende der Tage vor ihrer Gemeinde
und stellvertretend für ihre Gläubigen vor Gottes Richterstuhl treten,
um das ewige Urteil zu empfangen.« ( 5 )
Offensichtlich sind diejenigen zuerst dazu aufgefordert, sich der Verantwortung für ihr eigenes Handel zu stellen, die die Handlungen anderer verurteilen und bestrafen.
Unsere Augen sehen die Bilder, doch wir scheinen ihre Botschaft nicht mehr zu verstehen.
Zitat:
»In vielen Weltgerichts-Szenen in der Kunst,
etwa der berühmten von Stefan Lochner in Köln (um 1435),
werden höchste Würdenträger, Bischof, Kardinal und Papst, in den Höllenschlund gerissen,
während sich anderen die Pforte zum Himmel öffnet.
Ähnliches ist in den Tympana über den Eingangshallen von Kathedralen dargestellt.
Obwohl diese Bilder oder Reliefs gerade dem Klerus drastisch vor Augen gestellt wurden,
sind sie inzwischen - leider auch vom Volk - in ihrer existentiellen Dramaturgie
aus dem Bewusstsein verdrängt worden,
allenfalls noch zur touristischen Bespaßung freigegeben.« ( 5 )
Es bedrückt, vor Botschaften über zeitlos Gültiges zu stehen, das Menschen in einer Zeit vor uns erkannten, in Stein gemeißelt hinterlassen haben, so wie sie es gelebt haben.
Die Verweigerung der Kirchensteuer
Selbst in den Fällen, in denen die Gläubigen unzweifelhaft nur ihren Unmut über das finanzielle Verlangen der Kirche zu erkennen geben, bestrafen die Bischöfe diese Gläubigen in gleicher Weise mit dem Entzug der Heilswirkungen der Kirche.
Ob sich diese Maßnahmen der Deutschen Bischöfe aus den Wahrheiten des Glaubens ableiten lassen, ist nicht ohne Zweifel entschieden.
Zitat:
»Auch der Austritt wegen der Kirchensteuer
stellt als Verweigerung der solidarischen Beitragspflicht für die Erfordernisse der Kirche
(cc. 222 § 1; 1262 CIC i.V.m. Partikularnorm Nr. 17 der Deutschen Bischofskonferenz zu c. 1262 CIC vom 22.09.1992)
eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Communio dar
und mindert die Rechtsfolgen nicht.« ( 2 )
In diesen Fällen ist jedoch offensichtlich, hier liegt ein Abfall vom Glauben ohne Zweifel nicht vor,
trotzdem treffen diese Gläubigen die selben Kirchen-Strafen wie diejenigen, die sich wirklich vom Glauben verabschieden.
Die Bischöfe verweisen bei der Verfügung der Kirchenstrafen nicht auf eine Verbindung mit der Glaubens-Lehre, sondern nur auf die Rechtsfolgen.
Der Tatbestand der schweren Verfehlung wird auch nicht mit Verpflichtungen aus der Glaubens-Lehre begründet, sondern nur mit einer »Partikularnorm der Deutschen Bischofskonferenz«.
Diese angeblich schwere Verfehlung richtet sich auch nicht gegen eine Glaubens-Wahrheit, sondern nur gegen die rein weltliche »solidarische Beitragspflicht«.
In Deutschland hat noch kein deutscher Staatsbürger - auch nicht wegen sehr hoher - Steuerschulden
seine deutsche Staatsbürgerschaft verloren.
Die Verknüpfung der Sakramente mit der Bezahlung der Kirchensteuer erscheint aus der Sicht der Glaubenslehre nicht in einem ungetrübten Licht.
Ganz besonders bei der Überlegung, wenn Gläubige die Eucharistie in einer Kirche in Frankreich, Spanien oder Italien feiern. In der Kirche dieser Länder besteht für den Empfang der Kommunion nicht die Bedingung, eine Kirchensteuer zu bezahlen. Es ist nicht vorstellbar, für die Gläubigen in diesen Ländern gäbe es eine andere Überzeugung als die, Jesus Christus ist der Sohn Gotttes, der zu seinen Jüngern gesagt hat "Tut dies zu meinem Gedenken."
Da kann schon die Frage nach dem Wesen der Glaubens-Lehre entstehen.
Verstehen sie die Bischöfe in Deutschland in ihrem Innersten als ein Gefüge von juristisch zu sehenden Rechts-Vorschriften oder eine Überzeugung im Glauben an Gott?
Nach dem Lesen des Schreibens der Deutschen Bischöfe gewinnen Gläubige nicht die Gewißheit, die Bischöfe sorgen sich um den Erhalt der Glaubens-Lehre und ihrer Wahrheiten als um den Besitzstand der Kirche.
Pfingsten 2019 © Heinz Kobald
ergänzt am 10. August 2019
_____________________________________
( 1 ) PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE GESETZESTEXTE
Aus dem Vatikan, 13.03.2006
Prot. N. 10279/2006
( 2 ) Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz
zum Austritt aus der katholischen Kirche
Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz hat am 24.04.2006
die nachstehende Erklärung beschlossen.
Sie nimmt Bezug auf ein Rundschreiben des Päpstlichen Rats für die Gesetzestexte
( 3 ) PRESSEMITTEILUNGEN DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ
20.09.2012 - 145b
Pastorales Schreiben
(an die aus der Kirche ausgetretene Person
unmittelbar nach Kenntnisnahme des Kirchenaustritts)
( 4 ) Kirchensteuer: Studie prophezeit Einbrüche
von Benjamin Lassiwe
Herder Korrespondenz 6/2019, Seite 9 - 10
( 5 ) CIG 27 / 2019, 7. Juli 2019, Seite 291
Mit Zorn und mit Maß
Die Reformdebatte ist in der katholischen Kirche neu entbrannt.
von Johannes Röser, Chefredakteur bei Christ in der Gegenwart,
Katholische Wochenzeitschrift, Verlag Herder, Freiburg i. Br.