Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Investoren versuchen mit dem TTIP-Klagerecht
die rechtsstaatliche Gesetzgebung zu behindern
TTIP - Gegen rechtsstaatliche Gesetzgebung

TTIP - richtet sich gegen
rechtsstaatliche Gesetzgebung







TTIP müsse starke Investitionsschutzklauseln enthalten und
könne dadurch wegweisend sein für weitere internationale Verträge;
zwar würden die Investor-Staat-Klagen nun von manchen Regierungen
als unberechtigter Eingriff in ihre Souveränität wahrgenommen,
für Chevron sei das Klagerecht jedoch "entscheidend,
um unser Geschäft und unsere Aktionäre zu schützen".

"Die mögliche Vielfalt schädlichen staatlichen Handelns ist praktisch unbegrenzt",
heißt es in der erwähnten Broschüre
"Hilfe, ich werde enteignet!" von Germany Trade & Invest.

Natürlich beeilt sich die vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Agentur zu erklären, dass zum Beispiel das Verbot neuer Produkte oder
der Widerruf einer Betriebsgenehmigung "Wesenskern staatlichen Handelns ist".

Doch mit der Aussage ist das Terrain für Angriffsmöglichkeiten von Unternehmen
auf staatliche Regulierung exakt beschrieben: Es ist riesig.

Und die Waffen für die Angriffe liegen bereit:
Es sind die schwammigen Klauseln in den Investitionsschutzabkommen.
Mit ihnen lässt sich fast jede Politik angreifen,
die die Eigentumstitel und geplanten Gewinne aus Investitionen bedroht.

"Die staatlichen "Verstöße", die in Investor-Staat-Verfahren geahndet werden,
wurden in den letzten zwei Jahrzehnten sukzessive ausgeweitet",
schreibt die CEO-Expertin Pia Eberhardt.

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"Während ursprünglich
willkürliche Enteignungen und die Diskriminierung ausländischer Investoren
Anlass zu Klagen boten,
richten sie sich zunehmend gegen Gesetze,
die demokratisch, im öffentlichen Interesse und
im Einklang mit nationalem Recht verfasst worden sind."

Die Verträge sollen die Investoren eben nicht nur vor direkter,
sondern auch vor "indirekter Enteignung" schützen,
und sie verlangen, dass die Unternehmen "fair und gerecht" behandelt werden.
Schon die nicht eingetretenen, ursprünglich erwarteten Gewinne
können von Richtern als "indirekte Enteignung" ausgelegt werden
und Entschädigungen nach sich ziehen.

Doch was eine "faire und gerechte Behandlung" des Investors durch das Gastland ausmacht - auf dieser Klausel basieren sehr viele Klagen -, ist ein weites Feld.

"Einige Tribunale interpretieren zum Beispiel "fair und gerecht" so,
dass Behörden von der lokalen bis zur nationalen Ebene
immer völlig transparent und ohne Widersprüche zu handeln haben

und die legitimen Erwartungen bezüglich des regulatorischen Umfelds einer Investition
nicht enttäuschen dürfen.

Und während der Schutz vor "indirekter Enteignung"
in den meisten nationalen Verfassungen so nicht zu finden ist,
garantieren Investitionsabkommen Entschädigung,
wenn das Eigentum durch Regulierungen an Wert verliert",
so Eberhardt.

Genauso weit interpretierbar ist der Begriff der Investition:

Damit sind eben nicht nur Grundstücke, Fabriken oder Maschinen gemeint,
sondern auch Anteilsrechte an Firmen und Portfolioinvestitionen,
also Investitionen, die gar nicht die Inhaberschaft
oder eine Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen bedeuten;

als Investitionen werden überdies Rechte des geistigen Eigentums angesehen
wie zum Beispiel Markenrechte
sowie öffentlich-rechtliche Konzessionen im Bergbau.

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"So lässt sich ein Fracking-Moratorium ebenso angreifen wie der Atomausstieg",
sagt Pia Eberhardt.

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Quelle der Textteile:

Thilo Bode "TTIP - Die Freihandels-Lüge"
Warum TTIP nur den Konzernen nützt -
und uns allen schadet

Deutsche Verlagsanstalt München, 2015, Seiten 210, 14,99 €

Thilo Bode
Thilo Bode, geboren 1947, studierte Soziologie und Volkswirtschaft.
1989 wurde er Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland,
1995 von Greenpeace International.
2002 gründete er die Verbraucherorganisation Foodwatch.