Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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TTIP versucht außerparlamentarisch Regierungen in Haftung
für angeblich entgangene Gewinne zu nehmen
TTIP - Außerparlamentarische Politik

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In der Wissenschaft gilt zudem keinesfalls als erwiesen,
dass internationaler Investitionsschutz überhaupt Investitionen erhöht.

Und auch ohne den privilegierten Schutz durch Investitionsabkommen
sind Unternehmen keineswegs hilflos der Willkür von Regierungen ausgeliefert:

Es gibt staatliche Investitionsgarantien und private Versicherungen gegen Enteignungen
und andere politische Risiken im Ausland - freilich gegen Gebühr,
im Gegensatz zum Investitionsschutzabkommen,
das schließt der Staat für die ausländischen Investoren gratis ab.

Aber warum sollten sich Unternehmen - anders als Privatpersonen -
das "attraktivere" Justizwesen aussuchen können?

Weil sie auch ihre Gewinne dorthin schieben dürfen,
wo die welt-weit attraktivsten Steuersätze gelten?

Schon klar, es gibt keine Garantie für die Neutralität
von europäischen oder amerikanischen Berufsrichtern,
und auch nicht dafür, dass sie nicht empfänglich für Geld wären
oder auf politischen Druck nachgäben.

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Aber hanebüchen ist die Vorstellung,
dass das ausgerechnet bei Wirtschaftsanwälten anders sein soll,
die durch die Klageaufträge der Unternehmen sehr viel Geld verdienen
und im nächsten Schiedsfall auf der anderen Seite stehen können.

Tatsächlich sind solche Argumente nichts anderes als der Versuch,
ein Sonderrecht zu verteidigen, das durch das Grundgesetz nicht gedeckt ist:

Nach Artikel 3 III darf niemand
wegen seiner Heimat und Herkunft benachteiligt und bevorzugt werden;
genau dies aber würde TTIP bewirken:

Es würde das Eigentum europäischer Unternehmen in den USA und
das Eigentum von US-Unternehmen in der Europäischen Union
gegen vermeintliche staatliche Wirtschaftshemmnisse
in besonderer Weise schützen,
während sich inländische Investoren nicht auf diesen Schutz berufen könnten.

"Das ist klare Inländerdiskriminierung und Ausländerprivilegierung
und unvereinbar mit dem Grundgesetz",
meint der Jurist Flessner.

Vielmehr haben die Unternehmen erkannt,
dass sie mit dem Investitionsschutz
Politik machen können,
dass sie damit Gesetze verhindern, blockieren, verzögern und
sich auf diese Weise Märkte eröffnen oder erhalten können.

Neuseeland zum Beispiel hat wegen der Klage von Philip Morris gegen Raucherschutzgesetze in Australien und Uruguay einen Gesetzesentwurf mit ähnlich scharfen Bestimmungen zurückgezogen.

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"Niemals würden sich die USA
auf ein TTIP-Abkommen ohne Investorenschutzklauseln einlassen",
sagt der nach vierzig Jahren aus dem US-Kongress ausgeschiedene
Demokratische Abgeordnete George Miller,
"der Investorenschutz ist das zentrale Ziel der Konzernlobby."


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Quelle der Textteile:

Thilo Bode "TTIP - Die Freihandels-Lüge"
Warum TTIP nur den Konzernen nützt -
und uns allen schadet

Deutsche Verlagsanstalt München, 2015, Seiten 210, 14,99 €