Der ARD Korrespondent Gert Schneider berichtet am 7. Juni 1982 über die Konzentration der israelischen Truppen in Beirut
Am 6. Juni 1982 hat die israelische Militäroperation "Shalom Hagalil" - zu deutsch: Frieden für Galiläa, begonnen.
Unter dem Befehl des damaligen Verteidigungsministers Ariel Scharon marschieren mehrere tausend israelische Soldaten in den Südlibanon ein. Ihr Ziel: die Zerstörung der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO und die Vertreibung der syrischen Streitkräfte aus dem Libanon.
Am Abend des 14. September 1982 wird entschieden, israelische Truppen nach West-Beirut einmarschieren zu lassen: es heißt, mehrere tausend Aktivisten der PLO halten sich dort in den Lagern versteckt. Doch nicht die israelische Armee soll in die Lager eindringen, so lautet der Befehl der Armeeführung: Die Durchsuchung und Säuberung der Lager wird von der Phalangisten der libanesischen Armee vorgenommen.
Am Abend des 16. September 1982 ist es soweit.
Die Flüchtlingslager sind von der israelischen Armee umstellt. Es herrscht Ausgangssperre. Gewissermaßen unter den Augen der Israelis, rücken kurz nach 18 Uhr die christlich-libanesischen Milizen im Flüchtlingslager Schatila ein.
Was dann folgte, beschreiben Zeitzeugen als grausames Gemetzel. Drei Tage und zwei Nächte lang wütet die Miliz ungehindert in den Lagern von Sabra und Schatila.
Einer der ersten Journalisten, die das Lager unmittelbar nach dem Massaker betreten, ist der NBC-Reporter Abeta Kush. Auf einer kleinen Straße lagen überall Menschen. Manche lebten noch, Bäche von Blut drangen aus den Körpern. In den Häusern kochte noch das Essen auf den Öfen. Daneben die erschossenen Kinder. Schreiend liefen die Überlebenden über die Leichen, die überall herumlagen.
Wie viele Menschen in diesen drei Tagen ermordet werden, darüber streiten noch heute die Historiker: Palästinensische Quellen sprechen von 5.000 Toten.
Und der israelische Geheimdienst schätzt die Zahl der Opfer auf etwa 800.
In Israel löst das Massaker eine schwere innenpolitische Krise der Regierung Menachem Begins aus. Tausende Israelis demonstrieren in den Straßen von Tel Aviv und Jerusalem.
Die Presse stellt Fragen: Hat die israelische Armee Schützenhilfe bei dem Massaker geleistet?
Hätten die Verantwortlichen nicht voraussehen können, dass die Phalangisten Rache an den Palästinensern nehmen würden? Eine Untersuchungskommission wird eingesetzt.
Im Abschluss-Bericht, der im Februar 1983 veröffentlicht wird, heißt es zu Ariel Scharon:
Die Kommission ist der Ansicht, dass der Verteidigungsminister zur Verantwortung zu ziehen ist, weil er die Gefahr von Racheakten der Phalangisten an Lagerinsassen und mögliches Blutvergießen verkannt hat. Ariel Scharon musste daraufhin zurücktreten.
Quelle: Sende-Reihe von Deutschland-Radio vom 22. April bis 4. Mai 2002 » Stationen des Nahost-Konflikts « 1982 - Der Bürgerkrieg im Libanon, der Einmarsch Israels und das Trauma von Sabra und Schatila - Von Tania Krämer
Wir leben in der Gegenwart - mit den Erfahrungen aus der Vergangenheit - deren Lehren wir jetzt anwenden sollen.
Warum ist es uns im Angesicht dieser unfaßbaren unmenschlichen Vernichtung von 6 Millionen Juden in den 12 Jahren des Deutschen Tausendjährigen Reiches nicht möglich, in unserer Zeit wesentlich kleinere Konflikte zwischen zwei Völkern auf friedliche Art und gerechte Weise zur Zufriedenheit von beiden Beteiligten beizulegen?
Sind 60 Jahre Lehrzeit noch zu kurz?
Die beschwörenden Worte zum Gedenken an die Geschehnisse in Auschwitz werden ebenso wirkungslos bleiben wie rechtsverbindliche Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, die nicht eingehalten werden.
Hier fehlt der UN offensichtlich die Macht, mit der der » Führer der Freien Welt « die noch nicht » befreite « Welt endlich zur Demokratie » bekehren « will.
Die » Androhung von Gewalt «, ohne die nach der Ansicht von George W. Bush keine »erfolgreiche« Politik zu machen ist.
Uns werden auch die Fragen einholen „Ihr habt es doch gewußt!“
Sind die Friedensbewegungen in Israel “Lügner“?
Den Friedensbewegungen in seinem eigenen Land schenkt Sharon keine Aufmerksamkeit.
Denn er enteignet im Schatten der Gedenkfeiern zur Befreiung von Auschwitz den Grund und Boden von Palästinensern in Ost-Jerusalem und beginnt wieder mit dem Bau des Sperrwalls durch Palästina.
Dazu macht sich Herr Thorsten Schmitz in der Süddeutschen Zeitung bereits stirnrunzelnde Gedanken.
» Es bleibt jedoch fraglich, ob Israel es akzeptieren kann, dass Terrorgruppen künftig Mitspracherecht haben sollen, die für den Tod von mehr als tausend Israelis verantwortlich sind. «
Palästina muß auch mit dem Mann verhandeln, der der » Schlächter von Sabra und Schatila « genannt wurde. Und der wegen seiner Verantwortung für dieses Massaker 1982 in den beiden Flüchtlingslagern der Palästinenser bei Beirut von seinem Amt als Verteidigungsminister zurücktreten mußte.
Mögen es 5.000 Tote oder » nur « 800 Tote 1982 in den Lagern Sabra und Schatila gewesen sein.
Entscheiden allein die Zahlen von Menschenleben darüber, wann wir ein Geschehen gegen das Leben von Menschen als Grausamkeit gegen die Menschlichkeit erkennen ?
Deswegen denke ich, keine Seite hat einen akzeptablen Grund, sich nicht mit der anderen an einen Tisch zu setzen.
Die Jüdische Weisheit » Wenn du einen Menschen rettest, hast du die ganze Welt gerettet « läßt mir trotz vielen anders erfahrenen Geschehnissen doch noch die Hoffnung auf die Verwirklichung von Menschlichkeit.
Bundeskanzler Gerhard Schröder verwies bei der Gedenkveranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitees am 25. Januar 2005 auf die Pflicht aller Demokraten, der Verlockung des Vergessens nicht zu erliegen.
» Die Verlockung des Vergessens und des Verdrängens ist sehr groß. Doch wir werden ihr nicht erliegen. « Sagte der Kanzler.
hei-ko
12 Elul 5765 - 27. Januar 2005 © Heinz Kobald