Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Lobby Kanzlerin gegen Verringerung der Abgase
Lobby Kanzlerschaft, Foto: GettyLobby Kanzlerin gegen Verringerung der Abgase






Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel, Foto: Getty

Die Lobby - Kanzlerschaft





Lobby-Kanzlerin gegen Verringerung der Abgase

Was zeichnet eine Kanzlerschaft aus? Diese Frage stellt sich unwillkürlich,
wenn diese Nachrichten in der Presse auftauchen.

Zitat:
»Berlin will den Kompromiss zu schärferen Auto-Abgaswerten neu verhandeln
- zum Nutzen der heimischen Konzerne«
( 1 )

Zitat:
»Deutschland will die in einjährigen Verhandlungen in Brüssel erzielte Vereinbarung
über schärfere Klimagas-Grenzwerte für Autohersteller im Sinne der heimischen Produzenten nachbessern
und löst damit bei anderen EU-Staaten Empörung aus.«
( 1 )

Die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament ringen hart um eine Vereinbarung über die Klimagas-Grenzwerte für Autos.

Zitat:
» ... dass die Fahrzeugflotten der europäischen Hersteller
von 2020 an nur 95 statt bisher 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen.«
( 1 )

Naturgemäß geht es dabei auch um den Umgang mit anderen Partnern.
Sieht sich die politische Führung Deutschland hier befreit von Anstand und Achtung gegenüber anderen?
Ist das der von Deutschland geforderte Stil seiner Führung in Europa?

Doch es stehen noch ganz andere Verletzungen ins Kanzleramt.
Wieder einmal geht es um den Handlungsspielraum der Regierung,
der durch die Pflichten aus der Verfassung bestimmt wird.

Zitat:
»Deutschen Herstellern wie BMW, die schwere Limousinen produzieren,
gehen die Erleichterungen jedoch nicht weit genug.
Sie fordern höhere Rabatte für saubere Autos.«
( 1 )

Sie fordern höhere Rabatte für saubere Autos. Doch sie bauen keine "saubereren" Autos.
Mit anderen Worten:
Sie fordern eine Belohnung dafür, daß sie mehr Schadstoffe in die Luft ausstoßen dürfen.

Wie? Soll ich den belohnen müssen, der meine Atemluft verdreckt?
Dafür setzt die Kanzlerin ihre Amts-Handlungen ein?

Da tauchte doch vor einigen Tagen der Vorwurf auf, die Kanzlerin verletze ihren Amtseid.
Zu was verpflichtet sie dieser Amtseid?

Es ist eine Pflicht, die von der Verfassung eingefordert wird, die Gesundheit zu schützen.
Für die Einhaltung dieser verfassungsrechtlichen Verpflichtung gibt es keine extra Belohnung!

Artikel 2 Absatz 2 GG - "körperliche Unversehrtheit"
Artikel 2 GG
( 2 ) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.


Die körperliche Unversehrtheit ist ein Recht, das die Verfassung schützt!

Amtseid - Artikel 56 GG - "Schaden abwenden"
"Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen,
seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden ... "


Welcher Schaden hat für die Kanzlerin den Vorrang?
Die Gesundheit der Bevölkerung oder die Gewinne der Autoindustrie?
Ist es wirklich ein Nutzen für die Autoindustrie,
wenn die Bevölkerung unter einer schlechteren Luft zu leiden hat.

Zitat:
»Anders gesagt,
die italienischen und französischen Hersteller
werden vermutlich mehr Wagen verkaufen können,
weil sie die 95 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenem Kilometer,
die von 2020 an gelten sollen, mit herkömmlicher Technik erreichen.
Die deutschen Premiumhersteller können das nicht, ... «
( 2 )

Demnach bringt der Einsatz der Kanzlerin für die Auto-Lobby
keinen wirklichen Nutzen für die Autoindustrie in Deutschland.
Ihr Absatz wird unweigerlich zurück gehen,
wenn sie ihre größenwahnsinnige Bauweise nicht verändert.

Die Konkurrierende Gesetzgebung für Bund und Länder verpflichtet beide zur Reinhaltung der Luft.
Artikel 74 Nr. 24 GG - "die Luftreinhaltung"
Artikel 74 GG
(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
24. die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung ...


Artikel 3 Absatzz 1 GG - "alle vor dem Gesetz gleich"
Artikel 3 GG
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.


Im Sinne dieser Gleichheit ist wohl die Gesundheit aller über die Gewinne von Einzelnen zu stellen.

Zitat:
»Und weil die Autoindustrie zu Deutschlands wichtigsten Industrien gehört,
hat Bundeskanzlerin Angela Merkel schweres Geschütz aufgefahren,
um dafür zu sorgen, dass dies so bleibt.«
( 2 )

Warum fordert die mächtigste Frau Europas nicht von ihrer Autoindustrie,
vom Bau ihrer umweltschädlichen Boliden abzulassen,
und sich auf die verlangte Verringerung der Abgase einzustellen?
Das verlangt nämlich der Amtseid von ihr!

Stattdessen verschwendet die Autoindustrie ihre Zeit auf eine irrsinnige Rechenarbeit.

Zitat:
»Sie will aber erreichen, dass Regeln durchgesetzt werden,
die es den deutschen Herstellern erlauben, diesen Wert praktisch nur rechnerisch zu erfüllen.
Sie wollen beispielsweise jedes Elektroauto gleich mehrfach
gegenüber schweren Wagen anrechnen lassen oder durchsetzen,
dass man bis 2020 Einsparungen beim CO2-Ausstoß summieren,
ansparen und nach 2020 wieder anrechnen kann.
Zwar sind in dem irischen Kompromiss schon einige Vergünstigungen enthalten.
Aber sie gehen den deutschen Herstellern nicht weit genug, weshalb Merkel nachbessern will.«
( 2 )

In diesem Blickwinkel gerät der Lobby-Einsatz der Kanzlerin
für Millionen von Elektroautos auf den Straßen Deutschlands in ein ganz neues Licht.
Es ist keineswegs mehr das helle Licht der Umweltfreundlichkeit,
von dem sie sich so gern bescheinen läßt, um doch ganz anderen Zielen gehorsam zu sein.

Zum Nachbessern für unsere Aufmerksamkeit
für die verfassungsrechtlichen Grundlagen unserer Gesellschaftsordnung.
Lobby-Arbeit ist mit den Forderungen des Grundgesetzes nicht vereinbar.
Sie verfolgt Einzel-Interessen zum Schaden der Allgemeinheit.
Das verbietet die Verfassung
- auch dem Amt, das die Richtlinien der Politik bestimmen darf.


27. Juli 2013 © Heinz Kobald


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( 1 ) SZ, 26. Juli 2013, 06:14
EU-Länder empört über Bundesregierung
Berlin will den Kompromiss zu schärferen Auto-Abgaswerten neu verhandeln
- zum Nutzen der heimischen Konzerne
von J.Cáceres/C.Gammelin

( 2 ) SZ, 26. Juli 2013 14:34
Merkels Einsatz für die deutsche Autoindustrie
Wie ein Bulldozer gegen Klimaziele
Kanzlerin Merkel will verhindern, dass die deutsche Autoindustrie leidet
Von Javier Cáceres und Cerstin Gammelin, Brüssel