Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Moshe Zuckermann übernimmt Gewissensarbeit für Deutschlands Journalisten
Siedlerkolonialismus der Zionisten Israels

Warum mußte Zuckermann für Deutschland schreiben ?

Das Wegschauen und die Realitätsverweigerung in Deutschland


Traut sich das ein ausgewiesener Literaturkenner in Deutschland nicht zu?
Stecken sie alle noch im Sumpf der nicht bewältigten Vergangenheit?
Mußte diese Buchbesprechung darum Moshe Zuckermann für Deutschland schreiben?
Noch eine Tatsache sticht in das Auge.
Das Buch ist bei keinem Verlag in Deutschland erschienen!

Doch wie viele Bücher werden noch geschrieben bis eine Regierung in Israel ihr unwürdiges Handeln beendet?
Wann werden die auf dem Christentum beruhenden rechtsstaatlichen Demokratien Europas den ins völkerrechtliche Abseits geratenen Staat Israel mit den Maßgaben der UN-Charta auf den Weg des Rechts zurück bringen?
Was nützt es, das Geschehen stets neu zu erklären, jetzt mit dem Begriff des Siedlerkolonialismus?

Das Geschehen muß verändert werden! Das verlangt die Gegenwart von den Lebenden!

Was ändert sich durch Vorträge und Filme, die dieses menschenunwürdige Geschehen an einem unterdrückten Volk in dieser Zeit des geltenden Völkerrechts, in sich wiederholenden Bildern darstellen?
Wo ist der Hebel, diese verbrecherischen Kulissen endgültig zu beseitigen?
Wo ist das Bewußtsein, das eine Änderung herbeizwingt?
Wo ist der Antrieb, der einer Regierung in Berlin unmißverständlich abverlangt,
Deutschland hat aus historischen Gründen eine erweiterte Verpflichtung für den Schutz der Rechte der Palästinenser.
Es gibt keine Solidarität mit einem Staat, der die Menschenwürde seit Jahrzehnten auf diese grobe Weise verletzt.
Das verbietet die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.


Moshe Zuckermann hat u.a. geschrieben:

»Petra Wild hat ein wichtiges Buch geschrieben.
Wichtig ist dieses Buch nicht so sehr, weil es Unbekanntes, Ungewusstes bietet.
Alles, was darin an empirischem Material zusammengetragen, analysiert und gedeutet wird,
konnte schon seit Langem von jedem, der es wollte, gewusst werden.
Weil man es aber nicht wissen will beziehungsweise bereits Gewusstes tunlichst verdrängen möchte,
ist Petra Wilds Buch wichtig.

"Juden = Zionisten = Israelis"
Petra Wild beschreibt das Leid der Palästinenser.


Es fungiert gleichsam als literarische Zwangsjacke der beharrlich Wegschauenden,
den Blick auf den im Buch berichteten Schrecken ideologisch Verweigernden.

Besonders akut ist besagte Realitätsverweigerung in Deutschland.

Es geht im Buch um die barbarischen Auswirkungen des durch systematische Politik gestählten Okkupationsregimes,
welches der zionistische Staat gegen die Palästinenser seit Jahrzehnten betreibt.
Da aber Deutsche im 20.Jahrhundert Monströses an Juden verbrochen haben,
meinen viele in Deutschland,
ihre Verantwortung für die historische Schuld
durch eine selbstauferlegte Tabuisierung von allem,
was mit Juden, Zionismus und Israel zusammenhängt,
unter Beweis stellen zu sollen
.
In den letzten Jahren ist diese Haltung zunehmend verdinglicht worden
und in eine aggressive Ideologie gegen jede Kritik an Israels Politik umgeschlagen,
eine Ideologie, die keine noch so perfide Kreuzigung des jeweiligen Kritikers
und seine infame Besudelung scheut.
Petra Wild spricht dies in ihrem Vorwort an.
Sie kann sich dennoch darauf gefasst machen,
wegen ihres Buches als Antisemitin apostrophiert und in widerliche Schmutzkampagnen gezerrt zu werden.

Die Unbescholtenheit von "Juden = Zionisten = Israelis" darf auf keinen Fall infrage gestellt werden;
sie allein garantiert die Makellosigkeit derer,
mit denen man sich solidarisieren muss,
um sich selbst - "wiedergutmachend" - moralisch schadlos zu halten.

Nun haben aber jüdische Israelis im zionistischen Land seit Jahrzehnten Schlimmstes verbrochen.
Darum geht es in Petra Wilds Buch.
Kapitel um Kapitel zeichnet sie nach, auf welcher Basis sich das viel gerühmte zionistische Projekt
- sei es als Zufluchtsland der Holocaust-Überlebenden oder als "einzige Demokratie im Nahen Osten" - herausbildete,
auf welche strukturellen und ideologischen Fundamente es gestellt war.
Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund, legt mithin fundiert und akkurat dar,
wie die ethnokratische Dimension der israelischen Demokratie von Anbeginn
nicht ohne Segregation der Palästinenser, ohne Apartheid und ethnische Säuberungen,
ohne Landraub und Terrorisierung der einheimischen palästinensischen Bevölkerung
auskommen konnte.

Sie gelangt zu dem Schluss, dass es sich beim Zionismus im Wesen
um einen historisch ausgeformten Siedlerkolonialismus handelt.
Das, was diesen Siedlerkolonialismus als Struktur und Prozess empirisch ausmacht,
konnte, wie gesagt, schon längst gewusst werden, wenn man es denn wissen wollte.

Ist es zum Beispiel unerlässlich,
mit dem UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in den palästinensischen besetzten Gebieten, Richard Falk,
einen Vergleich zwischen Israels Praktiken in den palästinensischen Territorien
und den Gräueltaten der Nazis zu ziehen, ...

Was real geschehen ist und immer noch geschieht, ist schon schlimm genug.
Es ist höchste Zeit,
dass dies Schlimme auch in Deutschland mehr Anerkennung erfährt,
als es das geschichtsbelastete Tabu zur Zeit noch zulässt.
Von emanzipatorischer Bedeutung wäre dies nicht nur für die Palästinenser.«



Moshe Zuckermann


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Moshe Zuckermann
Der Soziologe Moshe Zuckermann lehrt Geschichte und Philosophie an der Universität Tel Aviv

Petra Wild: Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina

Der zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat
Promedia, Wien 2013, 224 Seiten, 15,90 Euro

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 4. Juni 2013, Seite 15

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12. Juni 2013 * Heinz Kobald