Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Ben Gurion Abwehr gegen Flytilla
Tel Aviv verhindert Pro-Palästina Protestkundgebung

Erpressung als
volle Rückendeckung und geheucheltes Verständnis






Tut so etwas eine Demokratie ?


Zitat:
»Die Geschichte um die sogenannte Flytilla,
bei der einige hundert westliche Aktivisten über den Tel Aviver Flughafen
zu einer propalästinensischen Protestwoche einreisen wollten,
ist eine Posse, ( ... )
zeigt sich Israels Regierung dabei wieder einmal unbedingt abwehrbereit
- ganz egal, ob der Gegner nun mit letzter Tinte
oder mit einem frisch ausgedruckten Flugschein angreift.
( ... ) willkommen geheißen fühlen in einem Land,
in dem viele Politiker die Paranoia zum Programm erhoben haben.«


Ganz klar, da herrscht eine Angst in Israel.
So versteht sich ein jüdischer Staat,
der nach einem Bekenntnis von Sharon niemals eine Demokratie sein sollte.
Doch dieses fadenscheinige Mäntelchen namens Demokratie
gerne über seine militärischen Breit-Schultern wirft.

Zitat:
»"Was wollen die überhaupt hier?", fragte Benjamin Netanjahu,
"warum kommen die nach Israel, in die einzig wahre Demokratie des Nahen Ostens?"«


Doch tut so etwas eine Demokratie? Die freie Äußerung der Meinung zu unterdrücken?
Sie erst gar nicht in das Land herein lassen zu wollen.
Dabei noch andere dazu zu zwingen, mit zu spielen?
Und zugleich belehrende Anleitungen zur Hinwendung der Aufmerksamkeit
auf andere Mißstände an die Hand zu geben.

Zitat:
»"Lieber Aktivist", heißt es darin,
"wir freuen uns, dass Sie Israel zum Objekt Ihrer humanitären Sorgen machen.
Wir wissen, dass es noch viele andere Wahlmöglichkeiten gegeben hätte."
Erwähnt wird dann zum Beispiel Syrien, wo das Regime das eigene Volk abschlachte.
Oder Iran mit seinem Regime, das Dissidenten unterdrücke und weltweit den Terrorismus fördere.
Und nicht zuletzt Gaza, wo die Hamas Raketen abfeuere und sich hinter menschlichen Schutzschilden verschanze.
Zum Abschied per Abschiebung wird den lieben Aktivisten dann empfohlen,
"erst die wahren Probleme der Region zu lösen und dann zurückzukommen".


Wer will mir da vorschreiben, wo und gegen was ich zuerst demonstrieren darf?
Darf ich das auch nicht selbst bestimmen und muß ich es mir von dem gebieten lassen, gegen den ich jetzt auf die Straße gehen will?

Zitat:
»In die Erfolgsmeldungen der Regierung mischen sich inzwischen allerdings auch in Israel ein paar kritische Stimmen.( ... )
Doch zitiert wird von der Zeitung Haaretz auch ein Anonymus aus dem Außenministerium,
der großen Schaden befürchtet für Israels Ruf und den Tourismus.«


Einen größeren jedenfalls als die Nadelstiche der Ofenrohre mit den Sprengladungen, genannt Qassem-Raketen.
Sie verdienen nach dem heutigen Stand der Raketentechnik kaum die Bezeichnung Rakete.
Die nach Israel fliegen - ohne Zielvorrichtung schon eine abenteuerliche militärische Leistung - und dort keinen bis geringen Schaden anrichten.
Da richten nur hundert Protestbereite aus den Ländern, in denen wirklich rechtsstaatliche Demokratien eingerichtet sind, mehr Schaden an als die 7.000 Qassem-Blindgänger.

Zitat:
»Bis ins Kleinste also war diese Abwehraktion vorbereitet worden.
Und die halbe Welt wurde dabei eingespannt.
"Wir haben internationale Rückendeckung und genießen die volle Kooperation und
das volle Verständnis aller Staaten", sagte Vize-Außenminister Danny Ayalon.
Er schloss dies aus der Tatsache,
dass Hunderte Aktivisten bereits in ihren Heimatländern an der Reise nach Israel gehindert worden waren.
Fast 20 Fluggesellschaften, darunter auch die Lufthansa, hatten Tickets kurzerhand für ungültig erklärt,
nachdem ihnen die israelischen Behörden
eine schwarze Liste mit den Namen von 500 Verdächtigen hatten zukommen lassen.
Ganz freiwillig war diese Kooperation allerdings nicht,
den Airlines waren andernfalls nicht näher bezeichnete Sanktionen angedroht worden.«


Man möchte über die Möglichkeiten für die Gewaltlosigkeit von Gewalt zu philosophieren beginnen.
Solche Aktionen sind zu wünschen.
Zwingt sie noch viel öfters dazu, euch erpressen zu müssen, um sich geheucheltes Mitmachen zu erschwindeln.
Irgendwann werden die Erpressten doch sagen, regelt das selbst, ihr habt doch die Namen.
Oder ihr kauft uns die Flugtickets ab. Denn Geschäft ist Geschäft!
Werden in Zukunft Fluggesellschaften gezwungen sein,
die politische Einstellung ihrer Fluggäste nach Israel
zu den Verletzungen des Völkerrechts durch Tel Aviv dokumentieren zu müssen?
Könnte diese Dokumentation zu einem Einreiseverbot installiert werden?
Was würde mit dem Busunternehmer geschehen,
der die Fans des Gegners seines Favoriten nicht an den Spielort beförderte?
Jetzt müßte eine Prozeßlawine gegen die Fluggesellschaften losrollen,
wegen Beihilfe zur ungesetzlichen Verweigerung einer freien Meinungsäußerung.
Was lässt sich eine Demokratie von einem Staat gefallen,
der weder das Völkerrecht noch die Menschenrechte achtet?
Dem es sogar gelingt, wirkliche Demokratien zu Complicen
seiner ungesetzlichen Unterdrückungen von friedlichen Meinungskundgebungen herab zu würdigen.

Wie perfide müssen diese Erpressungen gewesen sein, die immerhin beinahe 20 Fluggesellschaften dazu brachten, die Wünsche von Tel Aviv zu erfüllen? Und warum schafften es diese Zwanzig nicht, einen Gegen-Druck auf Tel Aviv zu erzeugen?
Das sollten Journalisten wirklich an das Tageslicht bringen.
Das Wirken der sog. Israel Lobby hinter den Kulissen muß aufgedeckt werden!

Aber auch hier hat Herr Dr. Peter Münch eine grundsätzliche journalistische Gelegenheit verpasst, seinen doch akademisch geschulten Verstand zu weiterem Denken an zu halten. Oder ist auch er bereits gezwungen, Wünsche zu erfüllen?


5772 Nisan 25 * 2012 April 17 © Heinz Kobald


Quelle:
Süddeutsche Zeitung, 17. April 2012, Seite 3
Gute Reise
Mit großem Aufgebot fängt die israelische Regierung Unterstützer der Palästinenser ab
und schickt sie wieder heim - die Demonstranten freuen sich über den Rummel.
Von Peter Münch