Avi Primor, Foto: Das Gupta
Avi Primor, Jahrgang 1935,
ist Direktor des Zentrums für Europäische Studien
an der Privatuniversität IDC Herzliya.
Von 1993 bis 1999 war er Israels Botschafter in Deutschland.
Freundschaft und Mitschuld
Der selbsternannte Sicherheits-Berater
Avi Primor verlangt von Washington Gesten der Freundschaft für Tel Aviv.
Zitat:
»Obama war mehrmals zu Gast in der islamischen Welt,
aber Israel wurde noch nicht einmal von seiner Außenministerin besucht.
Den Israelis fehlen Gesten der Freundschaft.« ( 2 )
Sollte nicht Tel Aviv diese Gesten der Freundschaft an die Adresse in Washington erweisen?
Primor setzt hierzu die Betonung falsch.
Eine Regierung, die einen seit vier Jahrzehnten andauernden schwerwiegenden Bruch des Völkerrechts nicht nur übernimmt, sondern ihn sogar verstärkt ausdehnt, soll Gesten der Freundschaft erwarten dürfen?
Sogar von demjenigen, der trotz aller von Tel Aviv der Welt gezeigten Unverfrorenheit bei der Mißachtung des Völkerrechts aus den ohnehin leeren Kriegskassen des Pentagon noch mit Milliardensummen in die Staatskasse in Tel Aviv diesen Bruch des Völkerrechts weiter finanziert?
Zitat:
»If Israel is drunk on settlements, the United States has long been its enabler.
Were Israel not the leading beneficiary of American foreign aid
averaging $ 2.8 billion a year from 2003 to 2007,
and scheduled to reach $ 3.1 billion by 2013« ( 7 )
Dieses Verlangen von Primor hat die frühere Klarheit seiner Worte verlassen.
Avi Primor sollte als Diplomat im Range eines Botschafters ein besseres Wissen über das Geltende Völkerrecht zeigen.
Zitat:
»Die bittere Erfahrung,
die die Israelis mit dem geräumten Gazastreifen machen musste,
hat sie argwöhnischer denn je gemacht.« ( 2 )
Solche Sätze fallen unter die Rubrik "Propaganda aus Tel Aviv".
Weil hier die Forderung des Völkerrechts mißachtet wird, dass für eine Besatzungsmacht keine Besiedlung mit der eigenen Bevölkerung in den durch Krieg eroberten Gebieten erlaubt ist.
Avi Primor redet hier wider seine besseren Kenntnisse des Völkerrechts als ehemaliger Botschafter.
Der Abzug aus dem Gaza erfüllte nur eine Forderung der IV. Genfer Konvention nach einem Zeitraum von vierzig Jahren.
Die Regierungen in Tel Aviv müssen lernen, ihre Verpflichtungen aus dem Völkerrecht ohne Vorbedingungen zu erfüllen. Tel Aviv mißachtet vorsätzlich das Geltende Völkerrecht und begründet das mit den Interessen für seine Sicherheit.
Zitat:
»Was den Israelis am Herzen liegt, sind nicht Siedlungen oder Gebiete,
und "Frieden" ist ein zu nebelhafter Begriff.
Absolute Priorität für die Israelis hat ihre Sicherheit,« ( 2 )
Primor lädt also die Regierung in Tel Aviv jetzt schon auf eine Party des Abwartens ein.
Zitat:
»Was aber Amerikas Interessen nach Obama sein werden,
weiß niemand.« ( 2 )
Netanjahu soll sich um den Druck von Obama keine Sorgen machen, wer weiß, ob Oama überhaupt seine Amtszeit auf dem Stuhl in Washington sitzen bleibt. Es hat also keine Eile, an der bisherigen Besatzung und Besiedlung irgendetwas zu ändern.
Ganz im Gegenteil, mit Chuzpe werden Gesten der Freundschaft gefordert.
Tel Aviv fordert wiederholt, ohne je selbst zu geben.
Wie ein trotziges Kind wird es bei seiner Forderung auf Lob verharren und erst mit sich reden lassen, wenn seine Forderung erfüllt ist. Die notwendige Erziehung ist wieder nicht angesetzt worden. Völlig gleichgültig, ob auch von einem ungezogenen Kind verlangt werden darf, es solle gefälligst die Regeln des Anstandes erlernen, und nicht für sein eigenes Fehrverhalten auch noch ein Lob ertrotzen zu wollen.
Es darf auf Lob hoffen, denn unter der Hand werden ihm die Taschen mit Lollys voll gestopft.
Mit der Vorwurfskeule des Antisemitismus und dem beständigen Verweis auf den anhaltenden Leidensdruck aus dem Holocaust haben sich die Europäer ohnehin ihre Verpflichtung zur Durchsetzung des Völkerrechts gegen Tel Aviv aus den Händen und aus den Köpfen schlagen lassen. So konnte die Ungezogenheit des Kindes mit dieser Verwöhnung ohnehin noch nicht aberzogen werden.
Doch da bietet uns die deutsche Kanzlerin überraschend eine Hoffnung an.
Zitat:
» ... denn jeder Mensch muss ja auf den Pfad der Tugend geführt werden.« ( 5 )
Wirklich "jeder" - oder nur wieder die "Nicht-Auserwählten"?
Avi Primor hat sich wieder einmal als geschmeidiger Diplomat seines Landes geoutet, das beeinträchtigt jedoch seine Glaubwürdigkeit, über die Seele der Israelis eine Offenbarung abgelegt zu haben.
Seine Denkansätze widersprechen ganz einfach der gerade stattfindenden Wirklichkeit.
Wenn z.B. alle Ortsangaben auf Verkehrsschildern in Israel - und wahrscheinlich auch in den besetzten Gebieten - nur noch in Hebräisch erscheinen sollen, ohne Zusätze in Arabischer oder gar in Englischer Sprache. Diese Maßnahme wird besonders den Tourismus und die Bereitschaft von Besuchern Israels fördern, die Hebräische Sprache zu erlernen.
Diese Fähigkeit kann in einem direkten Diskurs mit orthodoxen Zionisten durchaus einen wirksamen Eindruck hinterlassen.
4 Av 5769 * 25. Juli 2009 © Heinz Kobald
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