Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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In sieben Jahren Raketenregen keine Toten?
In sieben Jahren Raketenregen keine Toten?

Der Autor "mitz" hat ja diesmal die Zahl der Toten ganz vergessen.

Aber immerhin - die 5.000 Raketen - und - Granaten, also doch nicht 5.000 Raketen, sondern wieviele Raketen waren es wirklich? ( 1 )
Und überhaupt, was nennt sich da Rakete?
Gewiß, nach ihrer Bauweise sind diese Geschosse als Raketen einzustufen. Doch ihre strategische Bedeutung ist gleich Null, sie sind nicht zu lenken, ihre Einschläge sind geradezu dem Freien Willen des Flugkörpers überlassen.
Vielleicht hat mitz darum keine Toten genannt, gegeben hat es schon welche, aber angesichts der Zahl 5.000 hätte sich eine Zahl um ein Dutzend herum wohl eher lächerlich ausgemacht.

Israels Armee schafft mit weniger Luft-Boden-Raketen von ihren Hubschraubern aus eine weitaus höhere Zahl an Toten, die die Anzahl der Raketen um ein Vielfaches übersteigt.
Israels Verteidigungs-Armee - oder ist sie schon zur Vergeltungs-Armee - herabgesunken, hat allein über hundert sog. Gezielte Tötungen vollbracht. Ihre hohe Treffsicherheit konnte bedauerlicherweise tödliche Nebenwirkungen an Unbeteiligten nicht vermeiden.
Jedoch ist die völkerrechtliche Einordnung dieser Gezielten Tötungen eindeutig ein Mord im außergerichtlichen Umfeld.

Mit den Kassim-Raketen verhält es sich eigentlich eher so als verlöre das Tapfere Schneiderlein aus seinem Schneidersack eine Hand voll Stecknadeln.
Diese in "Heimarbeit" in Metallwerkstätten gebastelten Kassim-Raketen stehen auf dem Leistungskurs-Niveau von Physik-Studenten, die aus ihren Baukästen ihre Knallkörper in die Luft schießen. Sie sind, mit der heutigen Waffentechnik verglichen wirklich nicht mehr als Nadelstiche in dem Land der stärksten Militär- und einzigen Atom-Macht in the Middle East.
Bei ihrer nicht einmal Kurzstreckenflug zu nennenden Reichweite träumen sie nur von mehr als Tausend Kilometern. Selbst dieser Wunschtraum währt keine Ewigkeitssekunden.

Und wie steht es mit der "Dichte" der Niederschlagsmenge?
In 7 Jahren 5000 Nadelstiche. Das sind 7 mal 365 ist Tage, das ergibt also eine tagesdurchschnittliche Einschlagszahl von nicht einmal zwei vollen Nadelstichen.
Da steht Israel wahrlich in einem herniederprasselnden Raketenregen. Kenner des Gregorianischen Kalenders werden mir jetzt die Schaltjahre ankreiden. Sollen sie auch.

Eine neue Meldung bringt das Ganze schön ins Wanken, an einem Tag sollen es tatsächlich 20 Raketen gewesen sein. ( 2 ) Das ist auch eine Beständigkeit, die der sog. Nahe-Osten seit Jahrzehnten anbietet, neben dem Unwillen zur Lösung stets neue Züge, die den Knoten verstärken und festigen.

Der befohlene Tod der Raketenbauer

Doch genug der Häme.
In den 15 Sätzen stecken 3 Sätze, aus denen blitzt die blanke Vernunft hervor.
Das ist ein Anteil von 20 v.H.!

Der Schmitz'sche-Dreisatz lautet:

9. Aber zu glauben, die Tötungen von Raketenbauern brächten Ruhe, ist naiv.

11. Israel und die internationale Staatengemeinschaft sollten die Isolierung der Hamas einstellen, zumindest aber den Versuch wagen, die Terroristen einzubinden in einen Dialog.

15. Anstatt Hamas-Mitglieder zu eliminieren, sollte Israel die US-Regierung dazu drängen, auch Vertreter der radikal-islamischen Gruppe an den runden Tisch in Washington zu bitten.


Mit den beiden letzten Sätzen befindet sich Schmitz durchaus in höchst intelligenter Gesellschaft.

Ob aber die Kanzlerin auf Herrn Thorsten Schmitz von der SZ hören wird?
Frau Dr. Merkel läßt sich nicht gerne bei ihrer mit Naturwissenschaftlichkeit abgegrenzten Richtlinien-Kompetenz beraten.
Auch nicht mit der deutsch-deutsch "historischen" Tatsache, daß sie selbst das ausgebrütete Ei aus der Gesprächsbereitschaft der Regierung der Bundesrepublik mit dem Mauernden Politbüro in Ostberlin ist.

Eine andere Gewißheit zu seinem ersten Satz bestätigt sich gerade in diesen Tagen.
Israels Vergeltungs-Armee hat in den Tagen bei ihren Angriffen auf sog. "Ziele" im Gaza bereits 11 Menschen getötet. ( 2 ) Schmitz müßte da als langjähriger erfahrener Korrespondent aus Tel Aviv schon mehr Einsatz und Überzeugung zeigen, um das Gehör von Barak zu erreichen.

Tatort 1:
Die israelische Armee ( ... ) Angriffe auf Ziele im Gaza-Streifen ( ... ) zwei weitere mutmaßliche Mitglieder der radikal-islamischen Hamas-Organisation getötet. ( 2 )

Tatort 2:
( ... ) Luftangriff der israelischen Armee ( ... ) zwei Mitglieder der Hamas getötet, ( ... ) einem Vorstoß der israelischen Armee in Beit Hanun ( ... ) entgegenstellen wollten. ( 2 )

Tatort 3:
( ... ) israelische Luftwaffe ( ... ) gezielten Angriff auf einen Jeep in Gaza-Stadt vier Palästinenser getötet, ( ... ) der Hamas oder der "Armee des Islam" angehört haben sollen, einer mit der Terror-Organisation al-Qaida kooperierenden Gruppe. ( 2 )

Taort 4:
( ... ) Einsätzen der israelischen Armee mit Kampfhubschraubern und Bodentruppen im ( ... ) Gaza-Streifens ( ... ) fünf weiter Palästinenser getötet. ( 2 )

Demnach ist sich Barak völlig sicher, er hat nur "Raketenbauer" getötet.
Da müssen auf den Waffen seiner Soldaten äußerst bewundernswerte Zielvorrichtungen sitzen, die zweifelsfrei die fachliche Qualifikation von Raketenbauern durchscannen.
Wobei ich denke, für die Heimherstellung der Kassim sind nicht viel mehr Fertigkeiten gefordert als Nieten und Schweißen und keine markant hervortretenden Raketentechniken.
Andernfalls wäre der von ihm befohlene Einsatz im Gaza nicht recht glaubwürdig.
Andererseits ist ein gezielter Schuß auf ein nur "mutmaßliches" Mitglied der Hamas ein Vergehen gegen die Menschenrechte, für das der Soldat vor dem IGH anzuklagen ist.
Dabei ist besonders von Bedeutung, daß die Hamas eine Partei ist, die nicht nur zu einer ordentlichen demokratischen Wahl zugelassen war und diese sogar gewonnen hat.
Sie soll außerdem wegen ihres Willens zur Vernichtung Israels zu den terroristischen Vereinigungen gezählt werden.

Das überrascht im Angesicht der fortgesetzten Ethnischen Säuberung in Palästina im Zusammenhang mit dem Bau der Israelischen Trennmauer z.B. um Bilin und um Al Walaja. ( 3 )
Die fortschreitende Einschränkung des Lebensraumes, die Wegnahme und Zerstörung von Lebensgrundlagen, wie Felder und Olivenbäume, sollen keine strafwürdigen Handlungen von Terror gegen Unbeteiligte sein?
Ist Herr Schmitz noch nicht im Reinen mit sich, wie er diese Geschehnisse einordnen kann, um über sie zu berichten?
Wird ein Acker schon zum Ausgangspunkt eines Terroranschlages, wenn ein Mann mit umgeschnallten Sprengstoffgürtel darüber gelaufen ist?


17 Tishrei 5768 * 29. September 2007 © Heinz Kobald


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( 1 ) Quelle:
Süddeutsche Zeitung, Nr. 224, 28. September 2007, Seite 4
Im Raketenregen
mitz

( 2 ) Quelle:
Süddeutsche Zeitung, Nr. 224, 28. September 2007, Seite 9
Israel greift Gaza-Streifen an
Elf Palästinenser sollen seit Mittwoch getötet worden sein
Thorsten Schmitz

( 3 ) AL WALAJA

Bulldozer zerstören beim Mauerbau uralten Wald des Klosters Cremisan nahe Bethelehm
Aktuell, The Palestinian Anti-Apartheid Wall Campaign, Aug 19, 2007

Am 15. August rollten monströse gepanzerte Bulldozer im Dörfchen Al Walaja ein.
Die kleine Gemeinde unweit der Sehenswürdigkeiten Bethlehems im südlichen Teil des besetzten Westjordanlandes ist seit Jahren Zielscheibe der Hauszerstörungspolitik der Besatzungsmacht.

Mehr als 17 Wohnhäuser und zahlreiche Hütten und Ställe wurden seit Beginn der israelischen Besatzung vor 40 Jahren in Trümmer gelegt.

Doch diesmal kamen die Bulldozer nicht, um ein Haus einzureißen.
Diesmal fuhren sie geradewegs in den uralten Wald am Dorfrand.

Riesige Kiefern, Eichen und beinahe undurchdringliches Unterholz dehnen sich hinter der ersten Häuserzeile an der Dorfstraße bis ins Tal hinunter aus.
Im waldarmen Palästina haben diese Flecken unberührter Natur besonderen Stellenwert.
Seit jeher war dieser Wald Spielplatz für die Kinder, ein Ort der Entspannung für die Erwachsenen und außerdem die grüne Lunge des Dorfes.

Doch nun wurde ein großer Teil dieses grünen Paradieses vernichtet.
In nur wenigen Stunden hatten es die Bulldozer und Motorsägen in ein staubiges Stück Wüste verwandelt
Mehr als 300 Bäume wurden gefällt.
Insgesamt sollen noch weitere 2000 dem Mauerbau zum Opfer fallen.