Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Freundschaft und Mitschuld
Landraub - Mauer, Zeichnung: Nick WatsonUngleiche Bedrohungs Potentiale





Landraub-Mauer, Zeichnung: Nick Watson


In Freundschaft mitschuldig





Ungleiche Bedrohungs-Potentiale

An welches diplomatische Kunststück denkt der Kommentator, das in Tel Aviv zunächst nur gefällig betrachtet würde?

Zitat:
»Solche Genugtuung ist verständlich, aber kurzsichtig.
Israel erlebt die Abkühlung
im Verhältnis zur Führung in den USA zu einer Zeit,
in der es sich unvermindert existenziell bedroht sieht
durch Irans Atomprogramm.
Das Gefühl, isoliert zu werden und
mit seiner Bedrohungsanalyse alleine zu stehen,
könnte auf israelischer Seite zu gefährlichen Reaktionen führen.
Das diplomatische Kunststück muss darin bestehen,
Druck auf die israelische Regierung auszuüben,
ohne sie in die Enge zu treiben.«
( 1 )

Tel Aviv wird nur auf Druck und in die Enge getrieben seinen Verpflichtungen aus dem Vökerrecht nachkommen.

Zitat:
»Nun bietet der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
den Palästinensern also Friedensverhandlungen an.
Die Offerte kommt einen Monat,
nachdem er dem amerikanischen Präsidenten
widerstrebend nachgegeben hatte:«
( 2 )

Zitat:
»Umfragen danach ergaben,
dass 71 Prozent der Israelis ihrem Regierungschef zustimmen.
Und dies, obwohl sie sich - denselben Umfragen zufolge -
vollkommen bewusst sind,
dass Netanjahu sich nur dem Druck Obamas gebeugt hat.«
( 2 )

Wenn Avi Primor den Spielraum in Tel Aviv so eng sieht, an welchem diplomatischen Kunststück soll dann geübt werden?

Zitat:
»Offensichtlich setzt Obama die rechte israelische Regierung unter Druck,
um sie zu einem Friedensprozess zu führen.
Dazu soll Israel nicht nur auf weiteren Siedlungsbau verzichten,
sondern die Siedlungen und die besetzten Gebiete räumen.
Sollte Obama darauf beharren, so wird er dies erreichen,
weil Israel sich nicht den geringsten Widerstand gegen die USA leisten kann.«
( 2 )

Als Diplomat nicht die Forderung des Völkerrechts dahinter zu erkennen, das ist mehr als bedauerlich, es ist das sichere Zeichen für das Mächtespiel, das Tel Aviv gerne ausreizen würde.

Wenn Tel Aviv jedoch glaubt, sich mit einem Schlag gegen den Iran davon befreien zu können, wird es einen noch größeren Fehler begehen und sich selbst endgültig seiner "Verfassungslosigkeit" überantworten. Diese junge Demokratie ist nach sechzig Jahren ihres Bestehens noch immer ohne geschriebene Verfassung.

Tel Aviv weiterhin mit Rücksicht zu begegnen - auf was eigentlich ? - , hat nur dazu geführt, daß es immer dreister gegen das Völkerrecht nach seinem Gutdünken verstößt.
Dieser Verrat am Völkerrecht durch die Rechtsstaatlichen Demokratien Europas muß beendet werden.
Es ist die Zeit, in der etwas Entscheidendes geschehen muß.
Es ist nicht mehr zu verantworten, wenn Steuergelder aus Europa indirekt den Siedlungsbau von Tel Aviv auf dem besetzten Land der Palästinenser fördern.

Zitat:
»Wenn der EU-Außenbeauftragte Javier Solana ankündigt,
die Vereinten Nationen müssten notfalls eine Zwei-Staaten-Lösung
gegen den Willen Israels durchsetzen,
so verstärkt das in Israel das gefährliche Gefühl der Isolation,
nicht aber den Druck auf die Regierung.
Sie kann die Meinung des scheidenden EU-Außenpolitikers
leicht als irrelevant abtun.«
( 1 )

Der Kommentator vergisst, eine Alternative anzudenken, und er vergisst, wie Tel Aviv das ihm entgegengebrachte Verständnis für seine Lage - in die es sich stets selbst manövriert hat - dazu ausgenützt hat, das Völkerrecht weiterhin zu mißachten.
Selbst eine völkerrechtliche Beurteilung seines Grenzzaunes vom Internationalen Gerichtshof hat es 2004 als für sich nicht relevant erachtet.

Zitat - Muriel Asseburg:
»Denn gleichzeitig wurde durch das Bauwerk,
das teils aus Zäunen, teils aus bis zu acht Meter hohen Mauern besteht,
die zusätzlich durch Gräben und elektronische Vorkehrungen gesichert sind,
eine neue geopolitische Realität geschaffen.
Problematisch daran ist,
dass die Grenzanlagen durchweg einige hundert Meter, teilweise bis zu mehrere Kilometer östlich der sogenannten Grünen Linie (also der Waffenstillstandslinie von 1949) und damit eben nicht zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten, sondern innerhalb der West Bank verlaufen.

Dadurch werden
rund zehn Prozent ihrer Fläche faktisch abgetrennt.
Palästinensische Städte
- wie Qalqilya in der nördlichen West Bank -
werden nahezu vollständig von der Mauer umschlossen
oder - wie Bethlehem - durch sie geteilt
.

Deshalb verstößt die Anlage nach einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag vom Juli 2004 gegen internationales Recht.«
( 8 )

Sollte Tel Aviv der Kartentrick stets aufs Neue gelingen?
Die größte Militärmacht im Nahen Osten schmollt plötzlich verängstigt in der Ecke einer möglichen Isolation - und droht zugleich unverhohlen doch wieder mit seiner überlegenen Militärmaschinerie, jetzt jedoch mit einer Kurzschlußhandlung, die zugleich die Europäer in Mitleidenschaft ziehen könnte?

Demnach kontrolliert Tel Aviv nicht nur die Palästinenser in ihren Ghettos, sondern hielte das Wohlergehen von ganz Europa in seiner Hand?
Hat sich der Kommentator die Psychologie dieser Strategie ernsthaft durchdacht?

Hat eine Regierung in Tel Aviv bisher anders auf die Wünsche seiner Freunde geantwortet?
Hat Tel Aviv nicht immer mit dem Hinweis auf die Bedrohung seiner Existenz auf alle Ermahnungen geantwortet? Ist nicht gerade der völkerrechtswidrige Landraub und die unmenschliche Behandlung der Bevölkerung in den von ihm besetzten Land die größte Gefährdung seiner Sicherheit und Existenz?
Wenn Tel Aviv den Teilungsbeschluß der UN von 1948 für das Recht an dem Land für die Palästinener nicht anerkennt, dann verwirkt es damit gleichzeitig die Gültigkeit der Land-Zuteilung für sein eigenes Staatsgebiet.

Zitat:
»Udo Steinbach, Islamwissenschaftler an der Universität Marburg, sagt,
Israel habe nach seiner Gründung
auch palästinensische Gebiete besetzt,
die ihm nach der UN-Resolution gar nicht zustanden.
« ( 8 )

Zitat:
»Muriel Asseburg: Das ist richtig.
Während die israelische Führung den Teilungsplan der Vereinten Nationen von 1947 anerkannte,
den die UN-Generalversammlung mit der Resolution 181 vorlegte,
lehnten die arabischen Staaten ihn ab und führten Krieg gegen den neu gegründeten Staat Israel.
Nach dem Krieg verleibte Israel sich beträchtliche Gebiete ein, die es erobert hatte - insbesondere
das sogenannte "palästinensische Dreieck" in Galiläa
(zwischen den Städten Nazareth, Akko und Safed),
das Gebiet westlich von Jerusalem und
der südlichen West Bank
sowie die Fortsetzung des Gazastreifens entlang der Grenze zum Sinai.«
( 8 )

Tel Aviv hat alle westlichen Bemühungen, zur Durchsetzung des Völkerrechts zurückzukehren, mit Ablenkungsmanövern und gewaltsamen Verstößen gegen das Völkerrecht und mit der Waffengewalt seiner Armee lächerlich gemacht.
Es ist ganz und gar nicht einzusehen, daß die Bundesmarine vor der Küste des Libanon den Waffentransport an die Hisbollah verhindern soll, was sie ganz offensichtlich ohnehin nicht auf dem Wasser zu unterbinden vermag, während gleichzeitig die Regierung in Tel Aviv halsstarrig und völkerrechtswidrig seine Siedlungen auf dem von ihm besetzt gehaltenen Land der Palästinenser ausbaut.
Ohne die Überwachungs-Leistung der Überwassereinheiten der Bundesmarine in den Küstengewässern vor dem Libanon in Frage stellen zu wollen, genügt ein U-Boot des Typs U-212, um eine Küstenlinie von 800 km lückenlos zu überwachen. Die Marine Israels erhielt von Deutschland drei dieser U-Boote für seinen eigenen Küstenschutz - einer Küstenlinie von weniger als 300 km Länge - die mit einer Sonartechnik ausgestattet sind, die es einem einzigen Boot erlaubt, den gesamten Libanon bis an seine Landesgrenzen hinein zu überwachen.

Das Völkerrecht unterliegt keinem Verfallsdatum.
Für Siedlungen,
deren Bau gegen das Völkerrecht verstößt,
gibt es kein Recht, sie "ausbauen zu dürfen".

Die Leser in Deutschland müssen vorerst mit dieser Aufklärung zufrieden sein, dass der von Tel Aviv seit vier Jahrzehnten betriebene Siedlungsbau auf dem Land der Palästinenser völkerrechtswidrig ist.
Das haben ihnen deutsche Journalisten bisher verschwiegen. Wohl auch deswegen, weil diese grundsätzliche Erkenntnis für einen Willen zu einem gerechten Frieden in Palästina zwar unabdingbar, doch selbst von den Lippen der Bundeskanzlerin nicht zu hören ist.

Zitat:
»In der ganzen Welt, nicht nur in ihrem arabischen Teil,
wird mit Genugtuung gesehen,
dass Obama eine israelische Regierung in die Schranken weist,
die am völkerrechtswidrigen Siedlungsbau festhält und
keinen erkennbaren Beitrag zum Friedensprozess mit den Palästinensern leistet.«
( 1 )

Wenn Tel Aviv den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau und die Besatzung nicht beendet, sich stattdessen mit Waffengewalt gegen den Iran wendet,
von dem es sich bedroht fühlt,
was nur einer erneuten Ablenkung
von den Folgen seiner Siedlungspolitik dient,
dann zeigt Tel Aviv sein wahres undemokratisches Gesicht.
Denn es zeigt sich der Erfüllung des Völkerrechts gegenüber weiterhin zutiefst verstockt.

Teheran wird nicht mit einem Atomschlag gegen Israel antworten.
Es wird mit keiner militärischen Aktion gegen Tel Aviv vorgehen.
Es kann sich zurücklehnen und die verheerende Wirkung seiner Großzügkeit,
auf einen Vergeltungsschlag zu verzichten, in vollen Zügen genießen.

Denn was dann mit Israel geschieht,
das wird weit wirkungsvoller und vernichtender für Tel Aviv sein
als eine Atomgranate aus Teheran in die Knesset.

Tel Aviv hat bisher alles getan, um sich selbst an den Pranger zu stellen.
Bisher ist es ihm immer gelungen, sich durch Ablenkungsmanöver, davon zu befreien.
Angeblich ist dabei immer seine Sicherheit und seine Existenz bedroht.
Darum zog Bush Junior auch gegen Bagdad,
um dort die Massenvernichtungswaffen zu zerstören,
die wieder einmal die Existenz Israels bedroht hatten.
Auf den Regierungstühlen in Tel Aviv sitzt durchaus die umfassende Kenntnis der Bildersprache des Orients.
Doch George "Walker" Bush hatte nur Ohren für die Worte aus Tel Aviv und folgte der ausgelegten Spur an den Tigris. Dort gelang ihm dann die Heldentat, einen echten Papiertiger zu erlegen.

Jedoch ist das Leben der Menschen in Israels Gewaltbereich
seit sechs Jahrzehnten mit dem gewaltsamen Entzug der Lebensgrundlagen und dem Tod durch die Waffen der Israelischen Verteidungsarmee bedroht.
Warum bezahlen die Palästinenser mit der zuletzt im Winter 2008/2009 hundertfachen Zahl an Menschenleben
( der Tod von 1400 Palästinensern gegen das Leben von 12 Israelis )
für ihre Intifada gegen die unmenschliche Unterdrückung einer - dazu noch - völkerrechtswidrigen Besatzung.

Zu diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
darf Deutschland
wegen seiner besonderen historischen Verpflichtung
an erster Stelle in der Reihe der Europäer
nicht schweigen.

Zitat:
»Auch die Bundesregierung hat Sorge kundgetan
wegen des fortschreitenden Siedlungsbaus auf palästinensischem Land.
Die Frage drängt sich auch mehr als 60 Jahre nach dem Holocaust auf:
Darf die Bundesregierung das?
Die Antwort lautet: Ja, sie muss sogar.«
( 1 )

Auf diese Antwort mußten die Leser in der Deutschen Presse lange warten.
Wobei der Kommentator sich immer noch scheut, den Lesern die Grundlagen für diese Verpflichtung zu diesem M U S S ebenfalls zu offenbaren.
Es ist der Artikel 1 in dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der IV. Genfer Konvention von 1949. Geschieht dieses Schweigen aus Scham über ein vierzig Jahre andauerndes Verschweigen dieser eindeutig festgeschriebenen Verpflichtung in Verfassung und Völkerrecht?

Darum ist eine falsche Rücksichtnahme auf die von Tel Aviv so oft vorgeschobenen Sicherheitsinteressen - unter diesem Deckmantel geschieht der Raub am Land der Palästinenser -, kein Friedensdienst.
Es ist auch ein falsch verstandener Freundschaftsdienst, gegenüber Tel Aviv nicht deutlich zu zeigen, wie ernst es seine "Freunde" mit ihm meinen - und es auch die harten Maßnahmen - wie sie das Völkerrecht durchaus für unwillige Mitglieder der Völkergemeinschaft niedergelegt hat, spüren zu lassen, die es stets vorlaut gegen andere einfordert.

Zitat:
»Der Ministerpräsident muss erkennen, dass er nicht auf Zeit spielen kann, wenn das Land keinen schweren Schaden nehmen soll.
Netanjahu mag die Hoffnung hegen,
dass Obama sich wegen Erfolglosigkeit alsbald abwendet vom Nahen Osten.
So könnte der Regierungschef zumindest den Status quo halten.
Aber Frieden ist so nicht zu haben.
Wer es gut meint mit Israel in Amerika und Europa,
muss das auch aussprechen.«
( 1 )

Der Westen kann nur an seiner Glaubwürdigkeit, sich für die Demokratie bei anderen Völkern einsetzen zu wollen, weiterhin verlieren, wenn es ihm nicht gelingt, jede Regierung in Tel Aviv zur Einhaltung des Völkerrechts ebenso zu zwingen, wie er das gegenüber anderen Staaten bereits getan hat.
Ob die Kanzlerin bei ihren Worten auch daran gedacht hat?

Zitat:
»Das heißt also, die Frage,
wie wir unsere Geschichte, unser Werteverständnis,
unser abendländisches christlich-jüdisches Bild vom Menschen
und von der Welt in die Welt einbringen,
ist eine Frage,
die in den nächsten Jahren absolut entscheidend sein wird.«
( 5 )

Keine Regierung in Tel Aviv kann auf eine Sonderbehandlung bei der Einhaltung ihrer Verpflichtungen aus dem Völkerrecht pochen, indem sie immer wieder mit ihrem moralischen Zeigefinger auf den historischen Holocaust verweist.
Während sie selbst gleichzeitig vor allen Praktiken eines Völkermordes gegen die nichtjüdische Bevölkerung in ihrem Herrschaftsbereich nicht zurückschreckt.


4 Av 5769 * 25. Juli 2009 © Heinz Kobald


zu den Quellen-Angaben



Jesus Sirach,12, 1 - 6

Auswahl beim Wohltun

1. Tust du Gutes,
wisse wohl,
wem du es tust,
so wirst du Dank
für deine Guttat haben!

2. Tust du
dem Gerechten Gutes,
findest du Vergeltung,
wenn vielleicht nicht
von ihm selber,
so doch von dem Herrn.

3. Wer den Frevler unterstützt,
erntet keinen Dank und
hat damit gewiß
kein gutes Werk getan.

4. Gib den Guten und
den Bösen weise ab!
Labe den Bescheidenen,
und gib
dem Frechen nichts!

5. Gib ihm keine Waffen
in die Hand,
damit er nicht mit ihnen
dir entgegen trete!
Doppelt Unheil wirst
du ernten müssen
für alles Gute,
das du ihm erweist.

6. Denn die Bösen
hasst auch Gott
und übt Vergeltung
an den Frevlern.