TTIP - Zahl der Klagen explodiert
Als die Europäische Kommission wegen der Kritik am Investitionsschutz in TTIP
die Verhandlungen zu diesem Thema Anfang 2014 vorübergehend aussetzte und
eine öffentliche Konsultation startete,
meldete sich auch das European Services Forum (ESF) zu Wort,
ein Dienstleisternetzwerk von Konzernen wie Deutsche Telekom, Siemens, Microsoft und zahlreichen Banken:
Man sei "sehr besorgt" angesichts von Überlegungen,
den Investitionsschutz einzuschränken;
namentlich nannte ESF die Frage der Definition von Investitionen und
die Auslegung der Formel "fair und gerecht";
man fürchte "neue Risiken" durch die "Politisierung von Streitfällen",
wo doch die fundamentale Aufgabe des Investitionsschutzes
in der "neutralen" Abwicklung von Streitfällen bestehe.
Bei dieser breiten Angriffsfläche,
die Staaten durch die Abkommen den Investoren bieten,
war es nur eine Frage der Zeit,
bis die Zahl der Investor-Staat-Klagen explodieren würde:
Sie hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren verzehnfacht.
Wurde 1989 vor dem ICSID in Washington nur ein einziges Verfahren eröffnet,
steigt die Zahl seit Mitte der 1990er Jahre stark an.
2013 wurden bereits mehr als 560 Verfahren
gegen rund hundert Länder registriert.
gegen rund hundert Länder registriert.
Und die Dunkelziffer dürfte wegen der Intransparenz des Systems
noch um einiges höher liegen.
2014 kamen die meisten klagenden Unternehmen aus den USA (knapp 130),
gefolgt von Holland (etwa 60), England (gut 40) und Deutschland (knapp 40),
die nächsten Länder sind Kanada und Frankreich (jeweils etwa 30),
Italien und Spanien (jeweils etwa 25), die Türkei und die Schweiz.
gefolgt von Holland (etwa 60), England (gut 40) und Deutschland (knapp 40),
die nächsten Länder sind Kanada und Frankreich (jeweils etwa 30),
Italien und Spanien (jeweils etwa 25), die Türkei und die Schweiz.
Seite 116
Nach Einschätzung von Markus Krajewski, Professor für
Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg,
sollte es nicht überraschen,
wenn auf der Grundlage eines Investitionsschutzkapitels in TTIP
zehn bis zwanzig US-Investoren pro Jahr Klagen gegen die EU erheben.
Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg,
sollte es nicht überraschen,
wenn auf der Grundlage eines Investitionsschutzkapitels in TTIP
zehn bis zwanzig US-Investoren pro Jahr Klagen gegen die EU erheben.
Zwar richten sich die Klagen immer noch
zu etwa zwei Dritteln gegen Entwicklungs- und Schwellenländer,
doch zunehmend geraten auch
demokratische Industrienationen ins Visier der Konzerne.
Nach Recherchen der Umweltorganisation Friends of the Earth
sind seit 1994 mindestens 127 Klagen
gegen zwanzig europäische Länder vorgebracht worden,
wobei Osteuropa unter besonderem Druck steht.
sind seit 1994 mindestens 127 Klagen
gegen zwanzig europäische Länder vorgebracht worden,
wobei Osteuropa unter besonderem Druck steht.
Nur bei 14 Klagen ist öffentlich bekannt,
zu welchen Zahlungsverpflichtungen der Länder sie führten,
und allein für diese 14 Fälle kommt Friends of the Earth
auf eine Summe von 3,5 Milliarden Euro,
die den ausländischen Investoren zugesprochen wurden.
Darin sind Zinsen, Verfahrenskosten und andere Gebühren enthalten
sowie ein gut zwei Milliarden teurer Vergleich,
dem Polen im Streit mit einer Versicherung zustimmte.
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Quelle der Textteile:
Thilo Bode "TTIP - Die Freihandels-Lüge"
Warum TTIP nur den Konzernen nützt -
und uns alles schadet
Deutsche Verlagsanstalt München, 2015, Seiten 210, 14,99 €
Thilo Bode "TTIP - Die Freihandels-Lüge"
Warum TTIP nur den Konzernen nützt -
und uns alles schadet
Deutsche Verlagsanstalt München, 2015, Seiten 210, 14,99 €
Thilo Bode
Thilo Bode, geboren 1947, studierte Soziologie und Volkswirtschaft.
1989 wurde er Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland,
1995 von Greenpeace International.
2002 gründete er die Verbraucherorganisation Foodwatch.