Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Investitionsschutz ist keine
ausschließliche Verlockung für Investoren
TTiP ohne Schiedsgerichte

TTIP - Ohne Schiedsgerichte





Selbst der ehemalige Weltbankpräsident Robert Zoellick,
der jahrelang US-Handelsbeauftragter war, findet,
man könne auf die umstrittenen Schutzklauseln für Investoren in TTIP verzichten.

"Als wir Amerikaner ein Handelsabkommen mit Australien verhandelten,
haben wir diese Klausel weitgehend rausgelassen",
sagte er in einem Interview,
"denn Amerikaner vertrauen australischen Gerichten und umgekehrt.
Warum sich also lange mit so einem kontroversen Punkt aufhalten?"

Brasilien hat das verstanden und
bis heute kein Handelsabkommen mit Investorenschutz abgeschlossen -
und zieht dennoch Investoren an.

Südafrika hat nach gründlicher Prüfung entschieden,
die in der Zeit nach dem Ende des Apartheidregimes
unterzeichneten Investitionsschutzabkommen nicht weiter automatisch zu erneuern,
und kündigte an, manche Verträge ganz auslaufen zu lassen:
Weil man feststellte, dass aus Ländern, mit denen derlei Abkommen bestanden,
keine signifikanten Investitionen kamen,
sehr wohl jedoch aus Ländern, mit denen man gar kein Abkommen unterzeichnet hatte.

Bolivien, Ecuador und Venezuela haben ihre Abkommen gekündigt
und sind aus dem ICSID ausgetreten
,

Begründung:
Es bestehe kein Anlass,
ausländisches Eigentum besser zu schützen
als das Eigentum der eigenen Bürger
.

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Sicher vor Investorklagen sind solche Länder deshalb nicht,
weil die Klauseln auch nach der Kündigung eines Vertrags oft noch
fünfzehn, zwanzig Jahre Gültigkeit haben.

Und weil die Einflüsterer, die den Investitionsschutz drohend propagieren, einflussreich sind.
Pia Eberhardt und Cecilia Olivet haben diese Einflüsterer
in ihrer Studie "Profit durch Un-Recht" beschrieben.
Es ist eine elitäre Gruppe von Wirtschaftsanwälten,
angeführt von einem guten Dutzend internationaler Großkanzleien mit Namen
wie Freshfields Bruckhaus Deringer, White & Case, Sidley Austin oder Latham & Watkins.

Unter den zwanzig führenden Kanzleien, die Eberhardt und Olivet aufgelistet haben,
sitzen vierzehn in den USA, der Rest in England, Kanada und Frankreich.
Es ist eine eng verflochtene Gruppe aus dem globalen Norden,
deren Mitglieder sich in den Verfahren gegenseitig als Experten aufrufen.
Mal werden sie von den klagenden Investoren in die geheimen Schiedsprozesse berufen,
mal von den angegriffenen Regierungen;
mal sitzen sie als Anwälte der Unternehmen in den Verhandlungen,
mal als Schiedsrichter.

Es sind fast nur Männer, bestens vernetzt in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Sie sitzen in Aufsichtsräten und Beiräten,
manche verhandelten früher für Regierungen Investitionsschutzabkommen.
Sie üben großen Einfluss auf den akademischen Diskurs zum Investitionsrecht und
zur Schiedsgerichtsbarkeit aus,
sie verfassen einen Großteil der akademischen Publikationen und
sitzen in Redaktionen der einschlägigen Fachzeitschriften.

"Die Anwälte sind keine passiv Begünstigten des internationalen Investitionsrechts,
sie sind aktive Player, die dieses Recht vehement verteidigen und propagieren,
ständig sind sie auf der Suche nach Möglichkeiten, Staaten zu verklagen,
und kämpfen energisch und erfolgreich gegen jede Reform",
so die Autorinnen.

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Quelle der Textteile:

Thilo Bode "TTIP - Die Freihandels-Lüge"
Warum TTIP nur den Konzernen nützt -
und uns allen schadet


Deutsche Verlagsanstalt München, 2015, Seiten 210, 14,99 €

Thilo Bode
Thilo Bode, geboren 1947, studierte Soziologie und Volkswirtschaft.
1989 wurde er Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland,
1995 von Greenpeace International.
2002 gründete er die Verbraucherorganisation Foodwatch.