Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Die jüdischen Organisationen in Deutschland streiten um Staatliche Gelder

Die jüdischen Organisationen in Deutschland streiten um Staatliche Gelder

Ursache ist der Staatsvertrag der Bundesregierung mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland



» ( ... ) Zwischen den großen jüdischen Organisationen in Deutschland gibt es weiter Gegensätze über ( ... ) finanzielle Fragen.
Ein Gespräch zwischen dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, und der Präsidentin der Weltunion für progressives Judentum, Ruth Cohen, am Rande des Papstbesuchs in Köln hat offenbar keine Annäherung der Standpunkte ergeben,( ... ). ( ... )
Cohen sagte der KNA, beim Streit um die finanzielle Beteiligung der liberalen Juden gebe es kaum Fortschritte.
Sie beklagte, dass eine regelmäßige und ausreichende finanzielle Förderung der progressiven Gemeinden nicht gewährleistet sei. «

Quelle: Die Welt, Artikel 23. August 2005, Dissenz zwischen den jüdischen Organisationen, von dpa
http://www.welt.de/data/2005/08/23/764119.html




» ( ... ) Der Zentralrat der Juden hat Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt; die liberale Synagogengemeinde Halle denkt darüber nach, das Land Sachsen-Anhalt wegen Vernachlässigung der Rechtsaufsicht zu verklagen und parallel einen Insolvenzantrag gegen den Landesverband der Jüdischen Gemeinden zu stellen; die Gesetzestreue Landesgemeinde von Brandenburg klagt gegen den dortigen Staatsvertrag beim Potsdamer Verwaltungsgericht; während die Weltunion für Progressives Judentum (WPJ) die staatliche Diskriminierung der liberalen Juden in Deutschland beklagt. ( ... ) , obwohl der Bundeskanzler sich vor zwei Tagen mit den Spitzen der WPJ zum Gespräch traf.
( ... )
Am Beginn des Haders standen die besten Absichten. Der Staatsvertrag zwischen Zentralrat und Bundesregierung von Januar 2003 sollte die Förderung jüdischen Lebens verstetigen.
( ... )
Weder an den neuen Verhandlungen beteiligt noch im Staatsvertrag eigens erwähnt wurden die nicht dem Zentralrat angehörenden 20 liberalen Gemeinden, die die Union progressiver Juden in Deutschland (UPJ) vertritt.
Nachdem diese gedroht hatte, das Verfassungsgericht anzurufen, erklärte der Zentralrat, auch die Liberalen an den jährlich drei Millionen Euro Fördergeldern zu beteiligen.
Seither sind, so die WPJ, lediglich rund 27.000 Euro geflossen. Darüber ist die Weltunion verärgert.
Rabbiner Uri Regev, am Mittwoch Gesprächspartner des Kanzlers, riet der Bundesregierung, künftig “mehr das weltweite Ansehen Deutschlands im Sinn zu haben als das Ansehen des Zentralrats."
Dieser wiederum will in Karlsruhe klären lassen, ob staatlichen Stellen das Recht zukommt, sich in die Verteilung der Gelder aus Staatsverträgen einzumischen.
Laut Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats, verstößt eine solche Intervention gegen die “grundgesetzlich garantierte Religionsautonomie".
( ... )
Noch in diesem Jahr wird ( ... ) Zentralrats darüber entscheiden, ob erstmals zwei liberale Landesverbände aufgenommen werden.
Es wäre ( ... ) eine Rückkehr des deutschen Judentums zu seinen pluralen Wurzeln.
«

Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr. 196, 26. August 2005, Seite 11
Der Zentralrat der Juden will vom Verfassungsgericht wissen, ob liberale Gemeinden an den Staatsverträgen zu beteiligen sind, von ALEXANDER KISSLER




Kommentar:

Die Bundesregierung schaffte eine vertragliche Grundlage für den Streit unter den jüdischen Gemeinden in Deutschland.
Wenn aber der ZJD sein Selbstverständnis geändert hat, und dieses Selbstverständnis ein wesentlicher Teil des Vertrages ist, ist damit der gesamte Vertrag unwirksam geworden?

Bestand in der Bundesregierung Klarheit darüber, dass sie mit dem Abschluss dieses Vertrages mit dem ZJD nur einem Teil des Judentums in Deutschland ihre Unterstützung zusagte?
Sollte dies aus mangelnder Kenntnis erfolgt sein, dann hätte die Bundesregierung noch Handlungsbedarf, Versäumtes nachzuholen.
Ihre erklärte Absicht nach ihren Worten war doch die Förderung des gesamten Judentums in Deutschland. Was auch aus historischen Gründen sehr wünschenswert gewesen wäre.
Oder hatte sie – entgegen ihren Absichten – doch nur die im ZJD zusammengeschlossenen Judenverbände im Auge?
Dann hat die Zeit nach dem Vertragsabschluß gezeigt, welche Unzulänglichkeiten mit diesem Vertragswerk geschaffen worden sind.

Der Abschluss dieses Vertrages sollte auch das Vertrauen der Juden in die Nachkriegs-Gesellschaft Deutschlands und in seine junge Demokratie und ihre Regierung herstellen.
Ob das gelungen ist?

Absicht oder Unwissenheit?

Wie soll sich das Judentum in Deutschland angesprochen fühlen, wenn sich der Vertrag nur an einen Teil des Judentums in Deutschland richtet? Wie soll die Gemeinschaft der Juden in Deutschland ein Vertrauen in die Gesellschaft in Deutschland finden, in seine Demokratie und in seine Regierung? Wenn diese Regierung wiederum nur einen Teil des Judentums als Gesprächspartner zu sich einlädt?
Hat hier die Bundesregierung selbst den Gleichheitsgrundsatz verletzt?
Obwohl diese Regierung in ihren wortreichen Absichtserklärungen eindeutig die Wiederkehr des Judentums nach Deutschland begrüßt!

Welche Offenheit in alle Richtungen passt in das Selbstverständnis des ZJD?
Warum sollen jetzt die einzelnen Judenverbände in Deutschland um die Auslegung dieses Vertragswerkes vor das Verfassungsgericht gehen?

Es ist wohl keine Einmischung in die Religionsfreiheit, wie das Herr Paul Spiegel auf die Spitze treiben will. Eher ginge es wohl hier um die Vertragsfreiheit. Die aber scheint die Bundesregierung in diesem Falle in einem sehr eingeengten Blickwinkel erfasst zu haben. Sind ihr Scheuklappen aufgesetzt worden?

Wie lange wird es wieder dauern, bis sich eine ehrliche Einsicht entwickelt, eine vernünftige Ausgangsposition von offizieller Seite für das neue jüdische Leben in Deutschland einzunehmen?

An den Anfang dieser Bemühungen die Ursache für einen Streit zu setzen, mit dem sich die jüdischen Gemeinden in Deutschland verfeinden, erscheint mir ein großes Ungeschick zu sein.

Hei-ko


21. Av 5765
26. August 2005 © Heinz Kobald




Der Wortlaut des Staatsvertrages mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland