Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Ein Staat auf Angst gebaut
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Siedlerterror aus Angst vor Frieden

Siedlerterror - Aus Angst vor Frieden




Sind das die Vorstellungen Israels an die Herr Parrisius im Tagesgespräch im Bayerischen Rundfunk am 27. September 2011 gedacht hat?

Zitat:
»Gegen seine Feinde ist Israel gewappnet wie kaum ein anderes Land - mit Kampfjets und Drohnen, mit Panzern und U-Booten und nicht zuletzt mit einer Atombombe.
Ein Feind wächst auch im Innern heran, der Steine wirft und Brandsätze und selbst vor Angriffen auf die Armee nicht mehr zurückschreckt. Es sind die radikalen Siedler im Westjordanland, die den israelischen Staat nun offen herausfordern.«
( 1 )

Die Verträgen in Oslo von 1993/95 zeigen auf Parallelen zu dem Münchner Abkommen von 1938.
Hitler erhielt von Chamberlain den Teil des Staatslandes von der Tschechoslowakei zugesprochen, den er glaubte, wegen dem Aufbegehren der dortigen deutschen Bevölkerung erhalten zu müssen. Ohne Rücksprache und Zustimmung der Regierung in Prag, die auch nicht zur Teilnahme geladen worden war. Chamberlain nahm sich das ihm nicht zustehende Recht heraus, über das Staatsland eines fremden souveränen Staates zu entscheiden. Trotzdem wurde er als Friedensstifter gelobt. Daraufhin nahm Hitler die gesamte Tschechoslowakei - ebenso nur mit dem Faustrecht des Stärkeren - unter sein Protektorat. Die Benennung Protektorat war nur ein anderes Wort für Besetzung.

Zitat:
»Seit Jahr und Tag schon terrorisieren die Siedler ihre palästinensische Nachbarschaft.
Schlägertrupps rücken an, wenn Bauern ihre Oliven ernten wollen,
ganze Haine werden abgeholzt - 10.000 Bäume wurden laut einer Übersicht verschiedener Menschenrechtsgruppen allein in diesem Jahr zerstört oder beschädigt.
Von der israelischen Polizei können die Palästinenser demnach kaum Hilfe erwarten,
mehr als 90 Prozent der Beschwerden werden ohne Anklageerhebung fallenlassen.
Die Gewalttäter können weitgehend ungehindert auftrumpfen, zumal die israelische Armee ihre Aufgabe darin sieht, die Sieder vor Angriffen der Palästinenser zu schützen - nicht umgekehrt.«
( 1 )

Zitat:
»Und wenn Israels Gerichte die Räumung illegaler Siedlungen fordern,
dann bastelt die Regierung eilig an einem Gesetz zu deren Legalisierung.«
( 1 )

Israel zeigt nicht das Gesicht eines Rechtsstaates - schon gar nicht das einer Demokratie ist seit langer Zeit nicht mehr zu erkennen.

Zitat:
»Bei Umfragen sprachen sich 84 Prozent der Ultraorthoxen Israels für einen jüdischen Staat
und nur 9 Prozent für ein demokratisches Israel aus.
Insgesamt war noch 45 Prozent der Gesamtbevölkerung
ein demokratischer Staat wichtiger als ein jüdischer.
26 Prozent votierten eher für einen jüdischen als für einen demokratischen Staat.
Die Bevölkerung räumt dem Religiösen also nicht die dominante Rolle ein, die es in der Politik spielt.«
( 3 )

Zitat:
»Auch von prestigeträchtigen Jobs werden Palästinenser ausgeschlossen.
Ergebnis: Die Arbeitslosigkeit arabischer israelischer Akademiker ist fünfmal so groß
wie die ihrer jüdischen Kommilitonen.«
( 3 )

Zitat:
»Im Februar 2010 sprach sich die Hälfte der jüdischen Jugendlichen unter 20 Jahren
gegen die Gleichberechtigung arabischer Israelis aus.
56 Prozent gar waren gegen arabische Abgeordnete in der Knesset.
Solange eine Mehrheit in Israel glaubt, man sei nur dann eine Demokratie,
wenn man 20 Prozent der Bevölkerung von den Entscheidungsprozessen ausschließt,
solange wird es keinen Friedensprozess geben.«
( 3 )

Tel Aviv wagt es sogar als "Vergeltung" für Palästinas Aufnahme in die UNESCO, die Ausfuhrzölle für Palästina zurückzuhalten, die es nur verwaltet, auf die es ebenfalls keinen Rechtsanspruch hat, sie für sich zu behalten.
Doch Tel Aviv wird dafür weder mit Sanktionen bedroht noch nach dem Völkerrecht bestraft.
Wie jetzt Teheran wegen seinem vermuteten Bau an einer Atombombe.
Doch das, was jetzt gegen Teheran beschlossen wird, ist längst gegen Tel Aviv gerechtfertigt.
Es wäre ebenso rechtmäßig, weil das Völkerrecht derartige Sanktionen erlaubt, wenn seine Befolgung durchgesetzt werden soll.
Wiegen die zahlreichen Verstöße gegen das Geltende Völkerrecht seit Jahrzehnten durch Tel Aviv weniger als der vermutete Bau einer Atombombe in Teheran?

Zitat:
»Die völkerrechtswidrige Besiedlung des Westjordanlands ist nicht nur offizielle Regierungslinie,
die Regierung praktiziert sogar ihre eigene Ausprägung.
Als die Palästinensers jüngst in die Unesco aufgenommen wurden,
kündigte Netanjahu als Strafaktion forsch den Bau von 2000 Siedlerwohnungen an.«
( 1 )

Zweifellos ist zu begrüßen, daß Herr Dr. Peter Münch die Besiedlung des West-Jordanlandes durch jüdische Siedler als Verstoß gegen das Völkerrecht erkennt. Doch welche Folgerung ergibt sich aus der Tatsache, daß diese Verstöße gegen das Geltende Völkerrecht eindeutig das Programm der Regierung in Tel Aviv sind?
Was würde eine Regierung in der EU treffen, die Verstöße gegen das Völkerrecht vorsätzlich in ihr Regierungsprogramm aufnimmt?
Doch gegen Teheran werden - nur aufgrund des Verdachts auf den Bau einer Atombombe - schwere Sanktionen beschlossen, die seine gesamte Wirtschaft empfindlich treffen sollen.
Unausweichlich und ohne Ausnahme wird damit auch die gesamte Bevölkerung des Iran damit bestraft.

Zitat:
»Die zunehmende Gewalt radikaler Siedler schreckt die Regierung in Jerusalem auf.
Nach Brandstiftungen in Moscheen und Angriffen auf israelische Soldaten scheint eine rote Linie überschritten zu sein, die den Staat zum Handeln zwingt.
Premierminister Benjamin Netanjahu spricht von einer "Gefahr für die Demokratie und für die Sicherheit".
Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, es gebe keinen Zweifel, dass diese Taten mit Terror zu vergleichen seien.«
( 2 )

Der Samen der Gewalt, den noch Ariel Sharon in der Siedlerbewegung gehegt und gepflegt hatte, ist im eigenen Land in voller Blüte aufgegangen.
Und wie will eine Regierung, die sich selbst an kein Völkerrecht halten will, das es aus eigenen Interessen mit der militärischen Gewalt seiner Armee zur Seite schiebt, bei seiner ebenfalls von der Regierung radikalisierten Jugend ein rechtmäßiges Verhalten erzwingen?

Zitat:
»Brandstifter hatten sich in der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Nebi-Akasha-Moschee ans Werk gemacht,
die in einem von ultra-orthodoxen Juden bewohnten Viertel liegt und nicht mehr als Gotteshaus genutzt wird.
Im Inneren fanden die Einsatzkräfte mehrere hebräische Graffiti.
"Nur ein toter Araber ist ein guter Araber", war dort zu lesen, und
der Prophet Mohammed wurde als "Schwein" beschimpft.«
( 2 )

Ein Volk, das mit dem Stolz auf seinen Jahrtausende alten Glauben und seine ebenso alte Kultur alle die grausamsten Verfolgungen erlitten und überstanden hat, ist fähig, diese Kinder der Intoleranz zu zeugen?
Ein besonderes Merkmal der Auserwähltheit scheint sich darin nicht zu zeigen.
Schon gar nicht kann es als Beweis dafür gelten, daß durch dieses Volk den anderen Völkern auf der Erde der Frieden gebracht wird.
Ein Volk, das nur daran glaubt, aus Angst um seine Existenz, den Hass auf sich in die Herzen der von ihm erschaffenen Feinde pflanzen zu müssen, kann kein Hort des Friedens sein.

Zitat:
»Der frühere Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser von der oppositionellen Arbeitspartei macht der Armee den Vorwurf,
sie hätte härter auf den Angriff reagieren müssen.
"Schade, dass sie nicht geschossen haben", sagt er.
Wer einen Armeestützpunkt stürme, müsse mit dem Tod rechnen.«
( 2 )

Da erhebt sich die entrüstete Stimme eines Verteidigungsministers, dessen Armee von ihrem eigenen Volk angegriffen wird, und droht den Angreifern mit dem Tod.
Wie dürfen sich dann die Palästinenser - dadurch gerechtfertigt - gegen die selbe Armee verteidigen, wenn sie von ihr von ihrem rechtmäßig von der UN zugesprochenen Land vertrieben werden?
Dürfen sie diese Soldaten dann - ebenso gerechtfertigt - mit dem Tod bedrohen?

Zitat:
»Auch Siedlerführer distanzierten sich von den gewaltsamen Aktionen.
Der Angriff sei "schändlich", sagte Danny Danon, der Vorsitzende des Yescha-Siedlerrats.
Premierminister Netanjahu beauftragte eine Regierungskommission damit, einen Katalog von Maßnahmen gegen die Siedlergewalt vorzulegen.«
( 2 )

Dieselben Siedlerführer jedoch erkennen das Verbot im Artikel 49 der IV. Genfer Konvention von 1949 für die Besiedlung der von Israel besetzten Palästinensischen Gebiete mit den sogenannten jüdischen "Siedlern" nicht an.
Sind sie dadurch zu Ehrenmännern geworden, nur weil sie die Angriffe der radikalen jüdischen Siedler auf ihre eigenen Soldaten als schändlich bezeichnen, nicht aber ihr eigenes schändliches Tun beim Raub am Staatsland der Palästinenser erkennen wollen? ( + )

Zitat:
»Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stimmte seine Landsleute in einer Rede vor dem Parlament bereits auf den Wandel ein.
"Die Grundlage für unsere Stabilität und Zukunft,
für die Bewahrung oder Ausdehnung von Frieden insbesondere in unsteten Zeiten, ist es, unsere Macht zu verstärken.
Das erfordert Sicherheit, aber auch, dass wir ehrlich zu uns selbst sind", sagte Netanjahu.«
( 4 )

Eine größere Unwahrheit hätte er nicht verkünden können. Wer vermag Netanjahu noch vertrauen?
Er vermeidet auch, seinem Volk die Wahrheit zu sagen.
Mit verstärkter Macht weiter den Bruch des Völkerrechts beibehalten, ist kein Weg in den Frieden.
Der Weg des Unrechts war in der Geschichte der Menschheit noch nie von Dauer.
Ihr Gott hat sein widerspenstiges Volk mit Blindheit geschlagen.
Israel setzt sich auf den Richterstuhl über andere Völker. Es übersieht dabei, dass es selbst vor seinem Richter steht.
Ebenso ist es irreführend, wenn Netanjahu von der "Ausdehnung des Friedens" spricht.
Das Wort Ausdehnung allein hat für Netanjahu eine ganz andere Bedeutung als Frieden.
Sie hören den falschen Propheten und erkennen ihn nicht.
Einer, der die Rechte anderer nicht anerkennt, kann niemals einen gerechten Frieden schaffen, ihn schon gar nicht wollen.
Diese Ehrlichkeit, die Netanjahu da fordert, die hat er in seiner Regierungszeit noch nie bewiesen.
Vielmehr ist er zum Meister des Verzögerns und des Verhinderns geworden.

Zitat:
»Israel entfernt sich immer weiter vom Frieden,
findet der Historiker Moshe Zimmermann. Sein jüngstes Buch handelt von der Angst in der israelischen Gesellschaft.
Im Jahr 2009 waren 75 Prozent der jüdischen Israelis rechts,
davon mehr als 50 Prozent rechts von Mitte-Rechts.
Eine düstere Lage für einen Linken wie Moshe Zimmermann,
Professor für deutsche Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem.«
( 3 )

Den Frieden für sein eigenes Leben durch Unrechtshandlungen gegen andere sichern zu wollen, hat sich im Zusammenleben der Menschen noch nie bewährt.

Zitat:
»Die Annahme, dass die ganze Welt Juden und Israel gegenüber feindlich gesinnt sei,
ist, so Zimmermann, das Fundament des israelischen Politikverständnisses.
Die jüdische Geschichte, das sind mehr als zweitausend Jahre Verfolgung,
gipfelnd im Versuch der völligen Vernichtung des europäischen Judentums.
Erez Israel ist die rettende Insel, auf der dieses gehetzte Volk Rettung gefunden hat.
Eine von allen Seiten bedrohte Festung.«
( 3 )

Der Staat Israel scheint aus seiner Geschichte von Massada kein Bewußtsein für eine selbst herbei geführte Bedrohung entwickelt zu haben. Vielmehr ist aus diesem verzweifelten Akt der Selbsttötung von seinen Nachfahren eine heroische Tat für ein sogenanntes nationales Selbstbewußtsein erwachsen.

Zitat:
»"Israel, das als Garant gegen die Verfolgung von Juden gedacht war,
wurde im Laufe der Zeit zu einem Risikofaktor für Juden außerhalb Israels."
Außerdem funktioniert die Idee der Festung nicht.
Nirgends ist jüdisches Leben so bedroht wie in Israel.«
( 3 )

Dagegen hindert in Deutschland eine falsche Angst vor dem Vorwurf des Antisemitismus die Freunde Israels daran, mit Aufrichtigkeit die Regierung in Tel Aviv aus dieser Sackgasse heraus zu führen.
Obwohl eine Erfahrung aus der jüngsten Geschichte Deutschlands noch sehr lebendig ist, wie sich ein Volk blind gegen eine Verführung selbst in den eigenen Untergang leiten läßt.


5772 Shevat 7 * 2012 Januar 31 © Heinz Kobald


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( 1 ) Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15. Dezember 2011, Seite 4
Der Feind im eigenen Volk
Israels Regierung fördert die radikalen Siedler und schafft sich damit ein Sicherheitsrisiko
Von Peter Münch

( 2 ) Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15. Dezember 2011, Seite 9
Gefahr für Demokratie und Sicherheit
Radikale Siedler fordern Israels Regierung heraus - die spricht von Terrorismus
Von Peter Münch

( 3 ) Frankfurter Rundschau - Kultur - 9 | 7 | 2010
Leseempfehlung -Ein Staat, auf Angst gebaut
Von Arno Widmann

( 4 ) Frankfurter Rundschau - 4 | 2 | 2011
Analyse: Ägypten wird für Israelis zum Reizwort
dpa

( + ) Matthäus 7. 3
Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders
und den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht.