Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Vertreibung der Palästinenser aus Jerusalem für Jüdische Siedler
Palästina UN Teilung Resolution 181Jerusalem 2011 Siedlungen UN


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Völkerrechtswidrige Siedlungen sind
kein verhandelbarer Streitpunkt


Das Verbot der Besiedlung ist
ein Rechtsgrundsatz im Geltenden Völkerrecht

"Umstrittener" Journalismus ist der "Streitpunkt"


Zitat:
»Umstrittene Siedlungspolitik Israel will Hunderte neuer Wohnungen in Ost-Jerusalem bauen.« ( 1 )

Die honorable Süddeutsche Zeitung kann es sich selbst nicht verwehren, die von Ariel Sharon geschaffene Wortwahl "umstritten" für die Besatzung des Staatslandes der Palästinenser zu gebrauchen.
Das sind keine umstrittenen Siedlungen, ihre Errichtung ist ein grober Verstoß gegen das eindeutige Verbot des Geltenden Völkerrechts.
Durch die Wortwahl "umstritten" schließt sich die SZ an diese Neurolinguistische Programmierung an, was nicht ihren eigenständigen und dem Völkerrecht nahen Journalismus erkennen lässt.

Zitat:
»Der Siedlungsbau ist einer der größten Streitpunkte des Nahost-Konflikts - trotzdem hat Israel inmitten der internationalen Bemühungen um eine Wiederbelebung des Friedensprozesses den Bau von 1100 neuen Wohnungen im besetzten Gebiet beschlossen.
Die Entscheidung stößt international auf scharfe Kritik.
Inmitten neuer internationaler Bemühungen um eine Wiederbelebung des Friedensprozesses hat Israel den Bau von 1100 Wohnungen in Ost-Jerusalem beschlossen.
Die Entscheidung stieß sofort auf scharfe Kritik bei den UN.
Die 1100 Wohnungen sollten gemäß einer Entscheidung der Planungsbehörde in Jerusalems Stadtteil Gilo errichtet werden. Israel hatte das Gebiet im Sechstagekrieg 1967 erobert und später annektiert.«
( 1 )

Mit den falschen Worten wird vermittelt, als gäbe es da ein Objekt, über das zu verhandeln sei.
Dem ist auf der Grundlage des Geltenden Völkerrechts nicht so.
Vielmehr haben sich alle Unterzeichner-Staaten der IV. Genfer Konvention von 1949 dazu verpflichtet - zu ihnen gehören die Vereinigten Staaten von Nordamerika und die Bundesrepublik Deutschland ebenso wie der Staat Israel - diese Regelungen einzuhalten und "unter allen Umständen" durchzusetzen.
Diese jüdischen Siedlungen auf dem Staatsland der Palästinenser sind daher kein beliebig verhandelbarer Streitpunkt, sondern ihre Unterlassung ist eine eindeutige Forderung des Geltenden Völkerrechts, die von Tel Aviv vorsätzlich gebrochen wird.

Aus diesen Gründen entstehen so unzutreffende Äußerungen wie die im Tagesgespräch des BR 2 am 27. September 2011.
Da war tatsächlich nach der Aufzählung eines Anrufers - der UN-Resolutionen 181 und 242 und des Artikels 49 der IV. GK: über die Aufteilung des Mandatgebietes Palästina, das Verbot des Landgewinns durch Krieg und das Verbot für eine Besatzungsmacht auf dem besetzten Gebiet ihre eigene Bevölkerung anzusiedeln -
folgendes von Herrn Parrisius zu hören.

Zitat Parrisus BR2:
»Wenn man das den Buchstaben gemäß umsetzen würde, dann käme bestimmt nicht das heraus, Herr Verenkotte, was Israel sich vorstellt.« ( 4 )

"Was sich Israel vorstellt".
Als ginge es allein darum, die Vorstellungen Israels zu verwirklichen.
In welcher Ferne vom Völkerrecht verliert sich Herr Parrisius in seiner Gedankenwelt?
Für ihn stehen die Vorstellungen Israels über den Forderungen des Geltenden Völkerrechts.
Damit bewegt er sich an der Grenze zum Verfassungsbruch, denn der Artikel 25 des Grundgesetzes stellt fest,
die Allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts stehen über der Verfassung.
Und damit ist seinem Recht auf freie Meinungsäußerung eine deutliche rote Linie gesetzt. Er darf das Geltende Völkerrecht weder falsch interpretieren noch aus seiner Kommentierung ausschließen. Diese Forderungen stellen auch die Pflichten des Journalismus an ihn.

Ein erneuter Beweis, wie unbedenklich Journalisten im öffentlichen Raum der Medien ihr Unverstehen des Geltenden Völkerrechts so unbedarft darstellen. Sie sind sich ihrer journalistischen Pflicht, das Geltende Völkerrecht zu vermitteln, keineswegs bewußt. Sie stellen stattdessen ihre unsachliche Meinung in den Vordergrund.

Was angesichts der Zerstörung von Häusern der Palästinenser und ihrer Vertreibung einen durchaus makabren Hintergrund erhält. Herr Parrisuis sollte sich zu einer Korrektur seiner Worte bemühen können.

Zitat:
Hunderte Palästinenser vertrieben
»Unterdessen warfen UN-Experten Israel vor,
seit Jahresbeginn verstärkt palästinensische Häuser im Westjordanland und in Ost-Jerusalem abzureißen.
Dies sei eine "nicht hinnehmbare Menschenrechtsverletzung",
sagten sie vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf.
Seit Januar seien im Westjordanland und in Ost-Jerusalem mindestens 387 Gebäude - darunter 140 Wohnhäuser - abgerissen worden.
Dies habe zur Vertreibung von 755 Palästinensern geführt.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres seien mehr Menschen vertrieben worden,als im ganzen Jahr 2010, erklärten die Experten.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hatte am Vortag erneut daran erinnert,
dass die Vertreibung von Palästinensern durch Israel
gemäß Artikel 49 der vierten Genfer Konvention völkerrechtswidrig ist.

Auch die Annexion von Ost-Jerusalem und die israelischen Siedlungen dort seien völkerrechtswidrig und würden von den Vereinten Nationen nicht anerkannt.«
( 2 )

Geht Herr Parrisius Seite an Seite mit diesen Vorstellungen Israels?
Herr Verenkotte verliert sich ebenso in der Beschreibung der wirkungslosen Geschichte und der ergebnislosen Gegenwart des Völkerrechts wie schon alle Politiker und Journalisten vor ihm.

Zitat Verenkotte BR 2:
»Gewiß nicht. Sie haben einige Dinge angesprochen, das geht natürlich dann schon weit in die Geschichte der einschlägigen UN-Resolutionen - aber ich glaube - das Stichwort, das ja entscheidend ist, gegenwärtiges Völkerrecht - das ist einer der Gründe weswegen die gesamte internationale Gemeinschaft - auch die US-Regierung, die Europäer, alle anderen auch, von den palästinensischen besetzten Gebieten sprechen.

Das gilt in Einschränkung auch seit 2005 für den Gaza-Streifen, den die israelischen Siedler und die Armee im Sommer 2005 einseitig abgezogen haben und dort das Gebiet von außen kontrollieren.

Das Entscheidende dabei ist jetzt allerdings die faktische Situation.

Im Verlauf der vergangenen vier Jahrzehnte, daß wenn man so will, was gegenwärtig immer wieder Gegenstand der Verhandlungen war - aus palästinensischer Sicht ist das tatsächlich so, daß die Bemühungen - die nach dem ersten Golfkrieg von 1990 / 91 - dann war ja der damalige US Präsident Bush in Seattle - dass Oslo-Prozess Verhandlungen vier Monate -
- da hat übrigens Shimon Perez heute noch mal daran erinnert, dass die Verhandlungen in Oslo vier Monate unter Ausschluß der Öffentlichkeit, unter Ausschluß der Medien, unter Ausschluß einer Berichterstattung, einer fortlaufenden, war, versucht haben, das zu lösen - Oslo Gründung der Autonomiebehörde -
bloß es hat sich dann zweierlei ereignet aus palästinensischer Sicht aber auch aus israelischer Sicht -

Während dieses Verhandlungsprozesses wurde weiter gesiedelt -
da haben Sie völlig Recht, Artikel IV Genfer Konvention - gar keine Frage -
allerdings dann auch mit wohlwollender Billigung des UN-Sicherheitsrates -
in dem Fall auch der amerikanischen Regierungen, einschließlich auch der jeweils europäischen Mächte -
das ist tatsächlich so gelaufen -
allerdings muß man jetzt dazu sagen, schlußendlich vor die Situation gestellt,
was wollen wir jetzt machen ( ... )«
( 4 )

Eine lange Antwort, die wieder wie schon so oft "schlußendlich" mit der lakonischen Frage endet.
"Was wollen wir jetzt machen?"
Wie soll der Zuhörer diese Frage in seine Hände nehmen? Kann er doch von diesem voluminösen Wortkuchen keinen Bissen lustvoll zerkauen. Vielmehr hinterlassen die Ingredienzen der Wortbrösel einen widrig faden Geschmack auf der Zunge zurück.
Gerade diese "Geschichte" dieser einschlägigen UN-Resolutionen ist das Beschämende an der Tatenlosigkeit der Rechtsstaatlichen Demokratien des Christlichen Westens gegenüber dem völkerrechtswidrigen Geschehen in Palästina.
Aus den Worten von Herrn Verenkotte könnte Freud sogar herauslesen, daß er durch die Betonung des "Gegenwärtigen Völkerrechts" die noch rechtsverbindlichen UN-Resolutionen aus 1947 und 1967 nicht mehr dem "Gegenwärtigen Völkerrecht" zuordnet. Doch ist weder die Genfer Konvention in ihren Grundaussagen noch die Gültigkeit der UN-Resolutionen aufgehoben worden - und kein "Gegenwärtiges Völkerrecht" neu geschaffen worden.

Wie können rechtswidrig geschaffene "Fakten" geltendes Recht außer Kraft setzen?
In einem Rechtsstaat ist das undenkbar.
Doch auch Verenkotte hängt seine Worte zu offensichtlich an den eingeschlagenen Nagel der Fakten anstatt ihn mit den Forderungen des Geltenden Völkerrechts heraus zu ziehen.
Der Unwillen zum Handeln wird mit jeder Wiederholung dieser Frage seit vier Jahrzehnten immer offensichtlicher. Doch Herrn Verenkotte hindern die Grundsätze des Völkerrechts keinen Wimpernschlag lang an der klassischen Wiederholung dieser - nicht mehr ernst zu nehmenden - Frage.
Obwohl die IV. Genfer Konvention eindeutige Forderungen festgeschrieben hat.
Verenkotte hat nur das Besiedlungsverbot der Genfer Konvention - im Vorbeireden - bestätigt, aber daraus keine Schlußfolgerungen für das Handeln hören lassen.
Folgerichtig ist er auch der Katastrophe der Verträge von Oslo mit der Beschreibung von Randerscheinungen ausgewichen.
Diese Verträge schufen etwas so Widersinniges in den Zonen A, B und C im besetzten West-Jordanland, das die Palästinenser auf ihrem eigenen Staatsland in Lebensräume zurück drängte, die mehr Ähnlichkeiten mit den Reservaten der Indianer in Nordamerika und den Homelands der Apartheit in Südafrika aufwiesen.
Oder den Israeliten in Ägypten?
Diese abgetrennten "Lebensräume" werden erdrückt von israelischen Militär- und Verwaltungsringen.
Weil Journalisten wissentlich das für Palästina geltende Völkerrecht verschweigen, klingt nach der ausführlich wiederholten Darstellung des Geschehens diese Frage in den Ohren der Gefragten durchaus recht ernsthaft. Sie wissen ja nicht, dass das Völkerrecht seit 60 Jahren darauf rechtsverbindliche Antworten gibt, ja sogar eindeutige Forderungen aufstellt.
Alles wird wie bisher "laufen", die IV. Genfer Konvention und alle einschlägigen UN-Resolutionen werden zur Seite geschoben und die Palästinenser werden dazu gezwungen, ihr Land abzutreten, um dafür was zu bekommen?
Mit Sicherheit noch weniger Land und keinen lebensfähigen Staat. Die Potenzierung von Oslo.
Verenkotte hat es jedenfalls vermieden, auf die Rechtsfolgen der UN Resolution 181 einzugehen, die das Land bereits 1947 aufgeteilt hat und daß Tel Aviv keinen Rechtsanspruch auf durch Krieg erobertes fremdes Gebiet hat.
Er hat aber auch mit keinem Wort einen Widerspruch angedeutet.

Trotzdem waren es viele Worte, unter denen wieder Vieles zugedeckt wird.
Sie sprechen, sie sprechen von den Siedlungen, während Tel Aviv weiter baut, weiter baut, weiter baut ...

So wie es Verenkotte zum wiederholten Male vorgeführt hat, ohne den geringsten Denkansatz für ein vom Völkerrecht gefordertes Handeln.
Für den Anrufer gab es keine Gelegenheit, Herrn Verenkotte darauf gezielt anzusprechen, warum seit vier Jahrzehnten nur geredet und nicht so gehandelt wird, wie es der Artikel 1 der IV. Genfer Konvention von allen Unterzeichnerstaaten verlangt. Nach den Worten von Herrn Verenkotte - welch überraschende Feststellung - selbst der UN-Sicherheitsrat hätte den Bau der jüdischen Siedlungen auf dem Staatsland der Palästinenser sogar mit Wohlwollen gebilligt. Daß keine Rechtsstaatliche Demokratie des Christlichen Westens ihre Verpflichtung zur Verhinderung des Baus der jüdischen Siedlungen auf dem Staatsland der Palästinenser erfüllt hat, ist dagegen ohnehin bekannt.

Das britische Mandatsgebiet ist seit 1947 durch UN Resolution 181 vom 29 November 1947 aufgeteilt.
Es wird durch die völkerrechtswidrige Besatzung und Besiedlung nicht Gegenstand erneuter Verhandlungen.
Die Regierungen in Tel Aviv haben sich seit der Aufteilung durch die UN stets mehr von dem Land der Palästinenser widerrechtlich - auch durch Krieg - angeeignet. Für die Herausgabe von geraubtem Gut, an dem keine Eigentumsrechte erworben worden sind, gibt es nur den Rechtsanspruch der bedingungslosen und uneingeschränkten Rückgabe.

Selbst die mit zahlreichen jüdischen Ehrungen früh nach ihrem Amtsantritt bedachte Bundeskanzlerin wird ganz offensichtlich in Tel Aviv keineswegs ernst genommen. Die Chuzpe, mit der die Regierung in Tel Aviv handelt, ist ungebrochen unverändert.

Zitat:
»"Schwere Vertrauenskrise" mit Deutschland
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Netanjahu am Freitag angerufen und erklärt,
ihr fehle jegliches Verständnis für den Bauplan in Gilo.
Die israelische Zeitung Haaretz titelte daraufhin am Sonntag mit einem Bericht
über eine "schwere diplomatische Krise" zwischen Deutschland und Israel.
Merkel habe Netanjahu vorgeworfen, die neuen Baupläne seien eine "Provokation".

Das Blatt zitierte einen namentlich nicht genannten israelischen Beamten,
der von einer "schweren Vertrauenskrise" sprach.
Dies stelle nun eine Reihe gemeinsamer Projekte
auch im Sicherheitsbereich in Frage.
Ranghohe deutsche Vertreter hätten ihren israelischen Kollegen gesagt,
Merkel sei "wutentbrannt" und glaube Netanjahu "kein Wort mehr".«
( 3 )

Wann wird sich Frau Bundeskanzlerin einer unausweichlichen Einsicht beugen?
Wer das Völkerrecht nicht einfordert und selbst seine Verpflichtungen daraus nicht erfüllt, der verhindert fahrlässig einen Frieden auf der Grundlage der Gerechtigkeit.
Gerade Frau Merkel hat in 35 Jahren ihres Lebens die Herrschaft gegen das Recht über den abgetrennten Teil ihres eigenen Volkes miterleben dürfen.
Wobei ebenso nicht unbedeutend ist, daß auch oder gerade für sie als Bundeskanzlerin die selben Handlungsvorgaben bestehen wie für Journalisten, die sich allzu sehr von ihrer eigenen Meinung verleiten lassen und sich dabei von den geltenden Rechtsgrundsätzen und Verpflichtungen des Völkerrechts entfernen.


5772 Tishrei 4 * 2011 Oktober 2 © Heinz Kobald


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zum Anhang mit Quellenangaben



Wer seine Geschichte vergisst
hat keine Zukunft
Wer seine Geschichte missbraucht
wird untergehen



Chaim Wichtelmann