Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Pakistans Staatshaushalt:
2 v.H. für die Bildung -
30 v.H. für das Militär

Bildung und Militär in Pakistan


Rund 80 Millionen Pakistanis können weder lesen noch schreiben.
Das ist die Hälfte der Bevölkerung.
Die Regierung möchte das ändern.
Doch das Bildungssystem wird von einer unbeweglichen Zwei-Klassen-Gesellschaft bestimmt.

Offiziell herrscht Schulpflicht in Pakistan.Doch nur ein Viertel der Kinder erreicht die sechste Klasse. Alle übrigen gehen nicht zur Schule.

Abid Safeed, Leiter der Schulbehörde in Lahore, nennt zwei Hauptgründe:
"Die oft ärmliche wirtschaftliche Situation in der Familie und ihre ablehnende Einstellung zum Lernen hält die Kinder von der Schule zurück."
Das erlebt der Lehrer Mujib-ur-Rahman Quadri täglich an seiner Schule bei Lahore:
"Viele Eltern sehen im Schulbesuch ihrer Kinder keinen unmittelbaren Vorteil für sich. Sie sind nicht bereit, an die Zukunft zu denken.
Sie wollen sofort einen Nutzen sehen und wollen nach der Geburt keine weiteren Ausgaben haben", hat Mujib-ur-Rahman Quadri beobachtet.
Auf der anderen Seite scheitern oft die Eltern, die sich eine gute Schulbildung für ihre Kinder wünschen, am ungerechten Bildungssystem.

Schule ist nicht gleich Schule
Die Bildung ist in Pakistan nur so gut wie der Geldbeutel voll ist.
Wohlhabende Eltern der Ober- und Mittelschicht schicken ihre Kinder auf private ( Elite- ) Schulen.
Dort findet der Unterricht in Englisch statt, und die Abschlüsse sind mit westlichen Standards vergleichbar. Dafür zahlen immer mehr Eltern ( hohe ) Schulgebühren.
Vor 20 Jahren gab es erst 3.000 Privatschulen, heute sind es rund 36.000.

Für die weniger wohlhabenden Familien kommen nur die staatlichen Schulen in Frage.
Dort kostet der Unterricht nichts. Aber die Lernbedingungen sind schlecht.
"Wir haben keinen Strom, kein Wasser, keine Schulmöbel", klagt Muhammed Zameer.Er unterrichtet an einer staatlichen Schule 30 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Islamabad – als einziger Lehrer für fünf Schulklassen.

Die Koranschulen
Neben den oft heruntergekommenen staatlichen Schulen gibt es noch rund 15.000 Koranschulen, die freie Unterkunft, Essen, Kleidung und gebührenfreien Unterricht bieten.
Das sind "Soziale Auffangbecken" sagt Rainhard Sauer von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ).Rund ein Drittel aller Kinder in Pakistan hätte keine Chance, lesen und schreiben zu lernen, wenn es die Koranschulen nicht gäbe, fügt Sauer hinzu.
Hier haben auch Waisen und sozial schwache Kinder Zugang zu einem Minimum an Bildung.

"Das Bildungssystem teilt unsere Nation in zwei Lager." sagt Khalid Alavi, Professor an der Internationalen Islamischen Universität in Islamabad.
Das Bildungssystem ist zu stark auf die wohlhabende Schicht ausgerichtet.
"Kein Durchschnittspakistaner wird je eine der teueren Privatschulen betreten."
Deshalb fordert Khalid Alavi, das öffentliche Schulsystem zu stärken.

Im Staatshaushalt Pakistans sind für die Bildung
insgesamt nur zwei Prozent vorgesehen
im Vergleich zu rund 30 Prozent für Verteidigungsausgaben.

Bürgerschulen als Selbsthilfe
Die Eltern in dem kleinen Ort Kot Radha Kishen, ein Autostunde von Lahore entfernt, wollten nicht auf die Regierung warten. Sie haben selbst eine Bürgerschule gegründet, die gute und bezahlbare Bildung anbietet.
Die Lehrer in Kot Radha Kishen werden besser bezahlt. Sie sind besser ausgebildet als in anderen Schulen und sie unterrichten gern.Es gibt Stipendien für arme Familien und Schulbusse für Kinder, die weiter weg wohnen.
"Wir wollten für eine bessere Ausbildung unserer Kinder nach Lahore zu ziehen." sagt ein Vater. Er ist froh, in Kot Radha Kishen geblieben zu sein:
"Andere Schulen bieten nicht die Art von moderner Bildung,
die unsere Generation verändern kann."



Quelle: DW-WORLD, Panorama, 14.03.2006, Nur eine Frage des Geldes - Bildungschancen in Pakistan