Freihandelsabkommen - Vorläufer -
Wenn TTIP-Befürworter die Sonderrechte für Investoren verteidigen,
gehen sie gerne in die 1950er und 1960er Jahre zurück,
als die ersten Investitionsabkommen unterzeichnet wurden.
Und ausgerechnet Deutschland gilt als Pionier:
Ludwig Erhard schloss 1959 für Deutschland mit Pakistan
den weltweit ersten Vertrag dieser Art.
Der damalige Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs,
hatte am Musterentwurf mitgearbeitet.
Die leitende Idee des Vertrags und seiner mehr als 140 Nachfolger
mit Ländern von A wie Afghanistan bis Z wie Zentralafrikanische Republik
war es, die Ansiedlung deutscher Firmen
in Entwicklungs- und Schwellenländern zu befördern.
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Doch diese Abkommen enthielten in den ersten Jahrzehnten
zunächst nur Regeln zur zwischenstaatlichen Streitbeilegung:
erst ab etwa 1989/1990 kamen auch
Schiedsklauseln für die privaten Investoren hinzu.
Die Sonderklagerechte sollten Investoren im Fall politischer Umwälzungen
davor schützen, entschädigungslos enteignet zu werden;
der Streit darüber sollte aber eben nicht vor den
möglicherweise politisch gesteuerten,
korrupten Gerichten des Gastlandes ausgetragen werden,
sondern vor exterritorialen internationalen Schiedsgerichten.
Jahrzehntelang waren Investitionsabkommen
Deals zwischen kapitalexportierenden und kapitalimportierenden Ländern,
zwischen den reichen Industrieländern im Norden und
den wenig industrialisierten armen Ländern im Süden.
Das Risiko der armen Länder, zu einer Entschädigung verurteilt zu werden
und ein Stück Souveränität zu verlieren,
wurde aufgewogen durch ihre Chance, Investoren anzulocken.
In einem Interview hat der deutsche Anwalt und ICSID-Schiedsrichter Klaus Sachs argumentiert,
nichtstaatliche Schiedsgerichte seien für Investoren der einzige Schutz,
"wenn ein südamerikanischer Staat von heute auf morgen
Unternehmen enteignet".
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Die Broschüre erinnert an Verstaatlichungswellen in Afrika und im Mittleren Osten,
an Enteignungen im Iran nach der Revolution 1979 und in Libyen.
Investitionsschutzabkommen sind eine Erfindung
aus der Frühzeit der Globalisierung,
als Unternehmen erstmals im großen Stil
in Entwicklungsländer expandierten.
Doch mit der Situation in Europa und in den USA
im Jahr 2015 hat dies rein gar nichts zu tun.
aus der Frühzeit der Globalisierung,
als Unternehmen erstmals im großen Stil
in Entwicklungsländer expandierten.
Doch mit der Situation in Europa und in den USA
im Jahr 2015 hat dies rein gar nichts zu tun.
Die potenziellen TTIP-Partner verfügen über funktionierende Rechtssysteme,
und die beiderseitigen Geschäfte und Investitionsströme
erreichen Höchstniveaus - auch o h n e Investitionsabkommen.
und die beiderseitigen Geschäfte und Investitionsströme
erreichen Höchstniveaus - auch o h n e Investitionsabkommen.
Über die Hälfte der ausländischen Direktinvestitionen in den USA kommen aus der EU,
dasselbe gilt in umgekehrter Richtung.
Die Länder sind politisch so eng verflochten wie mit keinem anderen Partner,
gerade TTIP-Befürworter betonen oft die "transatlantische Wertegemeinschaft".
Warum also ein Sonderklagerecht für globale Konzerne?
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Quelle der Textteile:
Thilo Bode "TTIP - Die Freihandels-Lüge"
Warum TTIP nur den Konzernen nützt -
und uns allen schadet
Deutsche Verlagsanstalt München, 2015, Seiten 210, 14,99 €
Thilo Bode "TTIP - Die Freihandels-Lüge"
Warum TTIP nur den Konzernen nützt -
und uns allen schadet
Deutsche Verlagsanstalt München, 2015, Seiten 210, 14,99 €
Thilo Bode
Thilo Bode, geboren 1947, studierte Soziologie und Volkswirtschaft.
1989 wurde er Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland,
1995 von Greenpeace International.
2002 gründete er die Verbraucherorganisation Foodwatch.