Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Eine unrechte Besatzung zu verteidigen ist Unrecht
Israelischer Soldat im Gaza, Foto: AFPArmee zur Verteidigung einer Besatzung




Soldat der IDF, Foto: AFP


Was tut eine Armee zur Verteidigung
als Besatzung in einem fremden Land







Die "disziplinierende" Gegenwart einer Besatzungsarmee

Das sich Einzige Demokratie im Mittleren Osten nennende Israel hält nicht viel von den Rechten anderer Menschen.
Was nicht in jeder Zeitung in Deutschland zu lesen ist. Aber in der "wieder auferstanden" Frankfurter Rundschau schon.

Zitat:
»Israel hat kürzlich seine Staatsgründung vor 66 Jahren gefeiert.
47 Jahre davon hält Israel die militärische Kontrolle über die besetzten Gebiete aufrecht.
Das ist keine Nebensache mehr, dies ist das israelische Nationalprojekt.«
( * )

Diese Unterdrückung, die von einem Volk, das in seiner Geschichte selbst viel Verfolgung erlitten hat, an einem anderen Volk vollzogen wird, dauert bald ein halbes Jahrhundert.

Zitat:
»Viele der Operationen zielten darauf ab, "unsere Präsenz spüren zu lassen",
um den Palästinensern zu zeigen,
dass nichts und niemand
den aufmerksamen Augen der Armee und ihrer Disziplinargewalt entgeht.«
( * )

Warum das alles?
Weil sie glauben, ein Gott hat dieses Land allein ihnen gegeben?
Warum hat dieser Gott sie vor über 2000 Jahren aus diesem Land vertrieben und "unter die Völker zerstreut"?
Hat nicht gerade das Volk, das ihnen so großes Leid angetan hat, von sich selbst geglaubt, es sei das Herrenvolk und zur Herrschaft über andere bestimmt?
Mit welchem unmenschlichen Preis hat es diesen Wahn bezahlen müssen?

Zitat:
»Die Logik dahinter ist simpel, und mit ihr vertraut zu werden hilft,
die Strategie der Israelischen Defense Forces in den Gebieten zu verstehen.
Wenn die Palästinenser wissen, dass "wir immer da sind",
werden sie Angst haben, sich für sich selbst einzusetzen.
Wenn sie Angst haben, sich zu erheben, wird es leichter sein, sie zu beherrschen.«
( * )

Was für ein grausamer Gott, der von "seinem auserwählten" Volk verlangt, solches zu tun!
Es geschieht jedoch nicht aus "gerechtfertigter" Rache, weil ihnen das von ihnen jetzt zu Boden geschlagene Volk ein großes Unrecht angetan hätte. Nein, es lebt nur seit über 2000 Jahren auf diesem Land, von dem das jetzt zurück gekommene Volk von seinem Gott "unter die Völker zerstreut" worden war.
Dagegen lebt es mit dem anderen Volk, das 6 Millionen von Menschen aus ihren Familien gemordet hat, seit bald 70 Jahren in Frieden und Freundschaft.
Die, die ihnen nichts getan haben, erschlagen sie.
Die, die sie ausrotten wollten, sind ihre Freunde.

Zitat:
"Um unsere Präsenz spüren zu lassen", führten meine Kameraden und ich
reguläre Patrouillen in der palästinensischen Stadt Hebron durch – zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Wir gingen bewaffnet die Straßen entlang, machten eine Menge Lärm
und betraten so routinemäßig wie willkürlich palästinensische Wohnungen.
Man stelle sich folgende Situation vor:
Es ist mitten in der Nacht, alle schlafen und ein Militärkommando bricht zuhause ein.
Die Botschaft, die davon ausgeht, ist klar –
ihr seid uns ausgeliefert, sogar in eurem eigenen Heim.«
( * )

Das ist unmenschlich und einer Demokratie nicht würdig.
Nicht nur die Kinder der Palästinenser wachsen in einer ständig mit dem Tod bedrohten Kindheit und Jugend auf.
Die in der 3. Generation entstandenen Gräben, wann und wie werden sie überwunden.
In Europa haben zwei Nachbarvölker erst nach zwei zerstörerischen und vernichtenden Kriegen zu einer Partnerschaft gefunden.
Der Grund für diese sinnlosen Kriege, sie dachten, sie müßten sich als Erzfeinde betrachten.

Zitat:
»Als ich geboren wurde, 1982, bestand die Besatzung in Gaza und dem Westjordanland 15 Jahre.
Als ich fünf Jahre alt wurde, brach die erste Intifada aus.
Als ich elf war, wurden die Osloer Abkommen unterzeichnet, die Besatzung dauerte da bereits 26 Jahre.
Und sie ging ins 34. Jahr, als ich mich zum Militärdienst meldete.
Ich diente erst als Kampfsoldat, dann als Befehlsführer, in nahezu allen Teilen der Westbank.
Wie viele andere vor und nach mir stand ich an Checkpoints, nahm Leute in Arrest,
durchsuchte und zerstörte sogar Häuser und tat manches mehr.«
( * )

Mit Kanonen auf Spatzen schießen. So wurde die Unverhältnismäßigkeit einmal genannt.
Doch das folgende hat mit Unverhältnismäßigkeit nichts mehr zu tun. Das ist Menschenverachtung.

Zitat:
» ... zum Beispiel auf der Straße neben dem palästinensischen Dorf Husan.
Sie führt nach Beitar Illit ...
An dieser Straße trafen sich öfters palästinensische Jungs und warfen Steine auf Autos.
Die Idee des Einsatzleiters, das zu unterbinden, war unmissverständlich:
"Wenn wir ein paar Knie zerschmettern, werden sie mit dem Steinewerfen schon aufhören."
Wir platzierten Scharfschützen über der Straße mit folgendem Einsatzbefehl:
"Zielt auf die Beine jedes Jugendlichen mit einem Stein in der Hand
und erschießt jeden, der einen "großen" Stein wirft,
einer, für den man beide Hände zum Hochheben braucht.«
( * )

Hier werden Menschen willkürlich getötet - außerhalb kriegerischer Kampfhandlungen.
Das ist vorsätzlicher Mord.

Bewältigung einer unheilvollen Vergangenheit

Dabei ist zu erkennen, Breaking Silence ist nicht gegen Israel gerichtet.
Vielmehr zeigt es der Völkergemeinschaft das Bild, das Ariel Sharon mit seinen Bemühungen auf allen Medienebenen versuchte, der Welt ein besseres Bild von Israel zu vermitteln.
Breaking Silence zeigt, daß da Tausend Soldaten der IDF sind, die die Besetzung und "Besiedlung" des Staatsgebietes der Palästinenser äußerst kritisch sehen.
Sie verurteilen die damit verbundenen Handlungen an der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten. Diese Soldaten wenden sich von dem ab, was ihnen befohlen worden war, zu tun, und sie haben es getan. Diese ehemaligen Soldaten der IDF zeigen, daß es ein anderes Israel gibt.

Das Deutsche Volk mußte im vorigen Jahrhundert dreimal die Folgen seiner zerstörerischen Vergangenheit bewältigen und verarbeiten.
Wobei die letzten beiden "Vergangenheiten" mit einer tiefen Verletzung der Menschenrechte ( die Diktaturen des Nationalsozialismus und des Kommunismus ) unheilvoll verbunden waren.

Wann beginnen die Israelis, sich den Verbrechen ihrer Gegenwart zu stellen, ohne auf das von ihren Vorfahren erlittene Unrecht anklagend und zugleich "selbst entschuldend" zu verweisen.


5774 Sivan 8 * 6. Juni 2014 © Heinz Kobald


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( * ) Quelle: FR, 04. JUNI 2014
GASTBEITRAG - Knie zerschmettern in der Westbank
Von YEHUDA SHAUL

Yehuda Shaul ist Gründer von "Breaking the Silence", hebräisch "Shovrim Shtika",
einer Organisation israelischer Soldaten und Reservisten,
die über ihren Dienst in besetzten Gebieten nicht länger schweigen
"Breaking the Silence" begeht am 6. Juni sein zehnjähriges Bestehen



Erklärung der Menschenrechte
vom 10. Dezember 1948


Präambel

" ... da es notwendig ist,
die Menschenrechte
durch die Herrschaft des Rechts zu schützen,
damit der Mensch nicht gezwungen wird,
als letztes Mittel
zum Aufstand gegen
Tyrannei und Unterdrückung zu greifen."


Deuteronomium

Kapitel 4 Vers 25 - 27

»25. Wenn ihr dann
Kinder und Kindeskinder bekommen habt und
im Land eingewöhnt seid,
dann aber ( ... )
übel handelt in den Augen eueres Gottes ( ... )
26. ( ... ) daß ihr gar bald aus dem Lande vertilgt werdet,
in das ihr über den Jordan zieht, um es zu besitzen.
Ihr werdet dort
nicht lange bleiben,
sondern gänzlich
ausgerottet werden.
27. Der Herr wird euch
unter die Völker
zerstreuen; ( ... )
denen euch der Herr preisgeben wird.«