Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
Startseite / PALÄSTINA / Brief nach Ramallah
Israel hat kein Recht auf das Staatsland der Palästinenser
Brief nach RamallahNeujahr 2014

Brief an die Führung der Palästinenser
in Ramallah


Als ich die Vereinbarungen von Oslo und deren Folgen beobachtete, begann mein Verstand zu rebellieren.
Stimmen von unterrichteten Israelis waren zu hören:
die Palästinenser hätten sich mangels Wissen über das Völkerrecht von Israel "über den Tisch ziehen lassen".

Die Aufteilung des durch die UN in Resolution 181 festgeschriebenen Staatslandes der Palästinenser in die Zonen A, B und C war eine Vereinbarung, die das Völkerrecht nicht zuläßt.
Auf vom Völkerrecht gewährte Rechtsansprüche kann nicht verzichtet werden.
Ein Verzicht ist daher nicht rechtsgültig. Artikel 8 der IV. Genfer Konvention ( GK ). Siehe auch Artikel 47 IV. GK.

Ich hoffe, diese Übervorteilung wiederholt sich nicht.
Israel hat kein Recht auf das Land der Palästinenser.
Das hat es auch nicht durch die Bebauung erhalten.
Denn es ist ein altes Recht, das aus der Zeit des Römischen Imperiums noch heute seine Gültigkeit hat:

"superficies solo cedit"

ist eine bereits bei Gaius ( um 160 n. Chr. ) belegte römische Rechtsregel,
nach welcher das Recht am Grundstück
die Rechtsverhältnisse an den auf ihm errichteten Dingen ( Bauwerke, Pflanzen ) bestimmt.
Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte Köbler Gerhard,
Verlag C. H. Beck, München 1997. XVIII, 657 S.

Er ist auch im Baurecht eines jeden Staates in Europa festgeschrieben.
Zudem ginge wieder jeder Kompromiß und Landtausch zu Lasten des Beraubten.
Und der Landräuber würde entgegen allen Forderungen des Völkerrechts
- insbesondere des Verbots der Besiedlung in Artikel 49 der IV. Genfer Konvention -
für seine Unrechtshandlungen sogar belohnt.

Israels starre und unrechtmäßige Haltung begann mit der Weigerung, die rechtsgültige UN Resolution 242 zu befolgen.
Darin ist ausdrücklich festgeschrieben,
ein Landgewinn durch Krieg
wird vom Völkerrecht nicht anerkannt.

Hinzu kam 2001 die Erklärung Sharons,

die IV. Genfer Konvention ( GK )
nicht auf die Bevölkerung
in den besetzten Gebieten anwenden zu wollen.


Das galt insbesondere für die Pflicht Israels als Besatzungsmacht,
die Bevölkerung in den besetzten Gebieten mit allem zu versorgen,
was zum Erhalt des Lebens erforderlich ist,
und nicht eine Mangelversorgung zu erzwingen.
Artikel 55, 56 und 59, 60 IV. GK.
Die Erklärung Sharons ist ein vorsätzlicher Verstoß gegen diese Konvention und ein schwerwiegender Bruch des Geltenden Völkerrechts.
Ganz besonders die Artikel 27 bis 34 IV. GK schützen die Achtung vor der Person.
Auch wenn Sharon dachte, Israel könne sich den Verpflichtungen nach der IV. GK entziehen, so bleiben doch die Pflichten aus Artikel 3 und 158 IV. GK bestehen.

Es ist insoweit unzulässig,
wenn sich die Unterzeichnerstaaten, insbesondere Israel, die USA, England, Frankreich und Deutschland
aus ihrer Verpflichtung nach Artikel 1 des IV. GK ausnehmen.
Alle Vertragspartner haben bei der Einhaltung und Durchsetzung dieses Abkommens mitzuwirken.
Mit anderen Worten,
sie haben sich ebenso
für den Schutz der Rechtsansprüche der Palästinenser einzusetzen.

Eine sogenannte Friedensregelung allein Israel und den Palästinensern zu überlassen,
ist eine Pflichtverletzung aller Unterzeichnerstaaten. Der Außenminister der USA darf sich danach nicht nur auf die Vermittlung der Gespräche zwischen den Beteiligten beschränken.
Diese Mitwirkungspflicht der am sogenannten Konflikt nicht direkt Beteiligten ist in Tz 309 im Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den Gaza Konflikt wiederholt bestätigt worden.
Hinweis auf Artikel 1 der IV. GK. Die Vereinten Nationen veröffentlichten den Bericht unter A/HCR/12/48 am 25. September 2009.

Wenn die politischen Vertreter der Palästinenser die Rechte ihres Volkes wieder - wie in Oslo - auf den Markt tragen und zum Spott verschleudern,
dann muß ich neben meiner Enttäuschung über die Entwicklung des Staates Israel noch eine zweite Enttäuschung ertragen.
Denn es ist ohne Sinn, sich für den einzusetzen, der sich selbst verrät.

Am Ende meines Schreibens möchte ich etwas Wesentliches Ihrer Aufmerksamkeit vorlegen,
dem Sie auch bei den jetzigen Verhandlungen gegenüber sitzen werden.
"Wir dürfen uns nicht darüber täuschen,
daß die meisten führenden Zionisten
hemmungslose Imperialisten sind."

Das erkannte Martin Buber bereits 1918 im Zionismus.
Das ist 1993 in Oslo offensichtlich übersehen worden.
Nun hoffe ich, Sie empfinden es nicht als ungehörige Einmischung, Ihnen diesen Brief zu schreiben.

Mit aufrichtiger Besorgnis !

Ihr

Chaim Wichtelmann