Meinungs-Apartheid über Gerechtigkeit in Palästina
Zitat:
»SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die israelische Politik in den Palästinensergebieten
mit dem früheren Apartheid-Regime in Südafrika verglichen und
damit für viel Wirbel gesorgt.
Gabriel hatte nach einem Besuch in Hebron, wo die Palästinenser unter starker Kontrolle stehen, auf seiner Facebook-Seite geschrieben:
"Ich war gerade in Hebron. Das ist für Palästinenser ein rechtsfreier Raum.
Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt."
Daraufhin gingen hunderte Kommentare auf Gabriels Seite ein.
Der SPD-Chef relativierte daraufhin seine Aussagen,
er sei in dem Moment sehr zornig gewesen über das in Hebron Gesehene.« ( 1 )
Das ist nicht der erste Vergleich in diese Richtung.
Schon Bischof Tutu von Südafrika - dem Mann wird diese Urteilsfähigkeit kaum abgesprochen werden können - hat diese Lebensbedingungen der Palästinenser unter der völkerrechtswidrigen israelischen Besatzung bereits vor vielen Jahren nach einem Besuch in den Besetzten Gebieten so genannt. Er sah mit Verwunderung, wie ein Volk, das eine so grausame Verfolgung erlitten hatte, diese Unmenschlichkeit einem anderen Volk antun konnte.
Damals scheint es einem so genannten Einfluß noch gelungen zu sein, diese Feststellung von der Deutschen Presse fern zu halten. Bischof Tutu konnte mit seinen Worten damals nur im "Guardian" gelesen werden.
Zitat:
»In Facebook-Kommentaren wurde ihm "Antisemitismus" und "Rassismus" gegen Juden vorgeworfen;« ( 1 )
Nachzuprüfen ist, wer schreibt diese zahlreichen angeblich kritischen Kommentare gegen Gabriel? Diese sogenannte kritische Kommune hat ihre Aufgabe auf besondere Anregung von Ariel Sharon erhalten. Sie stellt keine wirklich freie Meinungsäußerung dar.
Hätte Herr Gabriel, ja hätte er nur, das Völkerrecht genannt, er hätte sich seine zornigen Gefühlsbewegungen ersparen können. Wer aber wollte im Eintreten für die Durchsetzung des Völkerrechts einen Antisemitismus oder gar einen Rassismus erkennen? Auf welch falsches Parkett lassen sich Deutsche Politiker bei ihren Äußerungen über das Geschehen in Palästina immer wieder hinaus schieben? Welche ihrer Berater haben das zu verantworten?
Zitat:
»Später fügte Gabriel in einem weiteren Facebook-Eintrag hinzu:
"Ich halte die aktuelle Siedlungspolitik (Israels) für falsch.
Ich halte die Verhältnisse in Hebron für unwürdig".
Dies bewege ihn gerade deswegen so, weil er selbst sich als Freund Israels sehe.« ( 1 )
"Gabriel hält die aktuelle Siedlungspolitik Israels für falsch."
Er hält sie nur für falsch. Allein mit diesen Worten wird Herr Gabriel unaufrichtig. Denn sie ist Israel nach Artikel 49 der IV. Genfer Konvention untersagt, sie ist ein eindeutiger Verstoß gegen Geltendes Völkerrecht - und nicht nur falsch.
Aber warum spricht Herr Gabriel nicht die ganze Wahrheit aus? Wer oder was hindert ihn daran?
Sollte es doch fehlendes Wissen sein? Das wäre tatsächlich gefährlich! Gefährlicher sogar als ein möglicher Einfluß auf die Worte seiner Aussage.
Außerdem kann sich Herr Gabriel seine Emotionen ersparen, denn diese Zustände verstoßen seit Jahrzehnten gegen Geltendes Völkerrecht. Er als Spitzenpolitiker hat nicht erst vor kurzer Zeit von diesen seit Jahrzehnten anhaltenden Zuständen erfahren. Dabei hatte er bei seinem Besuch in Hebron noch Glück. Denn vor einigen Jahren wurde dort eine Gruppe von Abgeordneten des Deutschen Bundestages von radikalen jüdischen Siedlern mit Steinen beworfen. Er hat sich als Entscheidungen tragender Politiker bisher nicht für die Einhaltung der Rechte der Palästinenser eingesetzt. Wozu jetzt diese vordergründigen Gefühlsbewegungen?
Und was jetzt besonders zu beobachten sein wird. Wird er nach diesen Äußerungen tatkräftig in seiner politischen Arbeit etwas tun, um die Einhaltung der IV. Genfer Konvention in Palästina durchzusetzen?
So wie es der Artikel 1 dieser IV. Genfer Konvention nicht nur von ihm sondern von der gesamten Bundesregierung verlangt. Einschließlich dieser "vorlauten" Herren:
Zitat:
»CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte Gabriel auf,
sich "schnellstmöglich zu entschuldigen".
Entsetzt äußerte sich auch der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder.
Er bezeichnete Gabriels Äußerungen als "inakzeptabel".« ( 1 )
Diese politische Augenwischerei kommt nur dadurch zustande, weil das Geltende Völkerrecht beinahe mutwillig wider besseren Wissens übergangen wird.
Denn, dass sie es nicht wüssten, kann weder von Politikern noch von Journalisten ernsthaft angenommen werden. Sie wollen aus unerklärbaren Gründen nicht über den beschränkten Presserand hinaus lesen.
Damit sind alle Akteure auf dieser Ebene mit ihrem nach außen gekehrten Gewissen schlicht unaufrichtig. Und damit erweisen sie einem rechtmäßigen Frieden in Palästina keinen Guten Dienst.
So kann die Polemik weiter mit dem Vorwurf des Antisemitismus hausieren gehen.
Gerade dieser Status Quo soll ja auf der politischen Handlungsebene erhalten bleiben, um sich an konkreten Handlungen vorbei zu drücken.
Doch Gabriel ist auch heute nicht allein mit seiner Denkrichtung von Palästina nach Südafrika.
Nur einen Monat später ist in der WOZ in der Schweiz zu lesen.
Zitat:
»Die schlagende Ungerechtigkeit besteht ( ...) darin,
dass Israel seit mittlerweile 45 Jahren ein Territorium besetzt und
damit den dort lebenden Menschen nicht nur jegliche Staatsbürgerschaft – und
damit Demokratie – verwehrt
(sie können sich lediglich innerhalb der Autonomiegebiete selbst verwalten),
sondern sie auch ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt.
Unter anderem, indem es sie enteignet und aus ihren Häusern vertreibt.
Darüber hinaus betreibt Israel
unter Verletzung des humanitären Völkerrechts eine Besiedlungspolitik,
mit der es in den besetzten Gebieten einen Apartheidstaat geschaffen hat:
Den israelischen BürgerInnen, die das Land besiedeln,
stehen palästinensische NichtbürgerInnen gegenüber, die kaum Rechte besitzen.« ( 2 )
Dort ist kein Wirbelsturm der Entrüstung über den Gebrauch dieses angeblich so anstößigen Wortes über das Land gefegt.
Warum also nur in Deutschland bis hinein in das in Berlin regierende Gewissen?
Bereits in der Überschrift verdeutlicht der Verfasser den Vorgang in den von Israel seit beinahe fünf Jahrzehnten völkerrechtswidrig besetzt gehaltenenen Staatsland der Palästinenser.
Zitat:
»Seit Israel 1967 die palästinensischen Gebiete erobert hat,
betreibt es dort eine Politik der ethnischen Säuberung.« ( 2 )
Ist eine ethnische Säuberung nicht weit mehr als nur eine Apartheid?
Warum aber wagt dann der Verfasser nur so einen zaghaften Versuch, an das Geltende Völkerrecht zu erinnern?
Ist es diese unterschwellig empfundene Scham, daß diese so eindeutigen Forderungen in der IV. Genfer Konverntion bisher von keinem ihrer Unterzeichner - einschließlich der Schweiz und besonders Deutschland - gegenüber Tel Aviv tatkräftig durchgesetzt worden sind?
Zitat:
»Der israelische Staat hat diese 1967 erobert.
Seither enteignet er fast täglich PalästinenserInnen, um deren Land zu besiedeln.
Dies, obwohl zahlreiche Uno-Beschlüsse von Israel fordern,
sich aus dem Gebiet zurückzuziehen, um einem palästinensischen Staat Platz zu machen.« ( 2 )
"um einem palästinensischen Staat Platz zu machen"
Welch ein klägliches Bewußtsein dokumentiert sich in diesen Worten!
Mit der UN-Resolution 181 ist das ehemalige britische Mandatgebiet Palästina rechtsverbindlich - wenn auch völkerrechtlich anzweifelbar und nach den Bevölkerungsanteilen unangemessen,
begünstigend der jüdischen und vermindert der arabischen Bevölkerung zugeteilt worden.
Damit haben die Palästinenser einen völkerrechtlichen Anspruch auf ihr Staatsland erhalten.
Jede Regierung in Tel Aviv setzt sich mit militärischer Willkür über diesen Anspruch hinweg - und keine Regierung in Europa hindert sie daran. Was ihre völkerrechtliche Verpflichtung ist.
Diese Verpflichtung ist im Bericht der Vereinten Nationen A/HRC/12/48 vom 25. September 2009 in Tz 309 erneut hervorgehoben worden.
Der grundlegende Fehler in dieser schon so lange unsäglich brodelnden Meinungsküche ist die völlige Abwesenheit eines grundlegenden Bewußtseins für das Vorhandensein eines Geltenden Völkerrechts.
Angefangen von Artikel 49 der IV. Genfer Konverntion über die UN-Resolution 242 und
dem Artikel 17 der Menschenrechte.
Nach Geltendem Völkerrecht ist es einer Besatzungsmacht untersagt,
die eigene Bevölkerung im besetzten Gebiet anzusiedeln.
Die UN hat ausdrücklich das Verbot des Landerwerbs durch Krieg
der Aufforderung an die Israelische Armee zum volltändigen Rückzug zugrunde gelegt.
Nicht zuletzt gewährt die Charta der Menschenrechte die Unverletztheit des Eigentums
als unveräußerliches Menschenrecht.
Der Staat Israel begeht seit Jahrzehnten einen für das Gewissen Europas unerträglichen Verstoß gegen Menschenrechte und Menschenwürde und nennt sich gleichzeitig eine Demokratie.
Die sog. Rechtsstaatlichen Demokratien des sich Christlich nennenden Westens haben in zwei fremde Staaten ( Afghanistan und Irak ) ihre Armeen geschickt, um dort die Bevölkerung vor staatlichem Terrorismus zu schützen.
Doch Palästina scheint ihrem Einwirkungsspielraum ganz offensichtlich entzogen zu sein.
Sie treten zum Kampf gegen den Terrorismus in der Welt an und
vergessen das lodernde Feuer zu löschen ( 3 ), das diesen Terrorismus in der Welt des Islam entzündet.
5772 Iyyar 24 * 2012 Mai 16. © Chaim Wichtelmann & Heinz Kobald
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( 1 ) n-tv, Politik, 15. März 2012
Gabriel sticht ins Wespennest - Apartheid-Vergleich bringt Ärger
Die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten ist heftig umstritten,
auch viele deutsche Politiker kritisieren sie
als Hindernis für den Nahost-Friedensprozess.
Nun allerdings wählte der SPD-Vorsitzende Gabriel drastische Worte – und
stößt mit einem Apartheid-Vergleich im politischen Berlin auf Empörung.
( 2 ) WOZ, Nr. 16/2012 vom 19.04.2012
ETHNISCHER NATIONALISMUS - Über die «Judaisierung» Ostjerusalems
Seit Israel 1967 die palästinensischen Gebiete erobert hat,
betreibt es dort eine Politik der ethnischen Säuberung.
Doch sind die besetzten Gebiete deswegen «von der Judaisierung bedroht», wie gelegentlich zu hören ist?
Die Feststellung bleibt einer gefährlichen Staatsidee verhaftet.
Von Yves Wegelin
( 3 ) Süddeutsche Zeitung, 17./18.März 2012, Seite 9
Ein Plan zur Entgiftung des Nahen Ostens
Hochrangige israelische und palästinensische Sicherheitsexperten schlagen vor,
eine "Internationale Präsenz" in den umstrittenen Gebieten aufzubauen
von Shlomo Brom und Jibril Rajoub
Zitat:
"Wie viel auch immer dieser Einsatz kosten mag
- an Geld, politischem Kapital und vielleicht sogar Menschenleben -
höher als ohnehin schon können die Kosten nicht ausfallen,