Kann das Völkerrecht Israel helfen, Foto: Polaris
Das Völkerrecht als Verrat an Israel
- oder -
der Verrat am Völkerrecht
Jetzt ist die Erntezeit für die gereiften Früchte aus dem Verschweigen des Völkerrechts angebrochen. Tel Aviv ist stets so behandelt worden als würde die Einhaltung des Völkerrechts von ihm niemals verlangt werden. Tel Aviv hat daraus schon längst seine eigenen "Rechtsansprüche" auf Weiterbehandlung gebildet.
Zitat:
»2009 schätzten in einer Umfrage 73 Prozent der Israelis
seinen Vorgänger George W. Bush als "Israel-freundlich" ein,
Obamas Wert lag bei 38 Prozent.
Im Sommer 2010 hielten ihn nur noch zehn Prozent für pro-israelisch,
46 Prozent für pro-palästinensisch.« ( 1 )
George Walker Bush hatte 2004 in einem Brief an Netanjahu - entgegen dem Geltenden Völkerrecht - Tel Aviv zugestanden, die sogenannten jüdischen Siedlungen der rechtsradikalen Zionisten dürfen auf dem von der UN rechtsgültig bestätigten Staatsland der Palästinenser bestehen bleiben.
Ein in seiner Unrechtmäßigkeit ungeheueres Zugeständnis auf die Zerstörung des von der UN den Palästinensern als ihr Staatsland zugeteiltes Gebiet in Palästina.
Es verwundert daher nicht, daß das Rechtsempfinden in der Arabischen Welt das Vertrauen in das rechtmäßige Handeln des Christlichen Westens verliert.
Münch verwendet viel Zeit und Platz für die Darstellung der Entrüstung in Israel.
Als wäre diese Entrüstung berechtigt.
Zitat:
»Danny Ayalon, früher US-Botschafter und heute Vize-Außenminister, sagte 2008,
dass die Israelis Obamas Kandidatur "mit Sorge betrachten" sollten,
denn er sei "nicht aufrichtig in seinem Denken."« ( 1 )
Münch scheint sich bei der Wiederholung dieser Falschaussage anzuschließen, denn er erhebt keinen Widerspruch dagegen und gibt zu erkennen, daß sich der Präsident im Weißen Haus nur an die Forderungen des Völkerrechts erinnert. Welche Aufrichtigkeit des Denkens kann Herr Dr. Peter Münch für sich beanspruchen, wenn er sich dabei nicht an die Forderungen des Völkerrechts erinnert?
Zitat:
»Israel aber habe er mit Siedlungsstopp-Forderungen unter Druck gesetzt« ( 1 )
Er setzt seine Verfehlung fort, das Völkerrecht zu verschweigen, er hat damit seinen Anteil an dieser Ungebührlichkeit von Netanjahu gegenüber Obama. In Art. 49 der IV. Genfer Konvention von 1949 wird es einer Besatzungsmacht untersagt, die eigene Bevölkerung im besetzten Land anzusiedeln.
Wie oft ist es von Journalisten in Deutschland unterlassen worden, diese völkerrechtliche Wahrheit jeder herausfordernden Nichtbeachtung entgegen zu stellen.
Zitat:
»"Für die Juden ist das der schlechteste Präsident, den Amerika je hatte",
sagt ein älterer Herr namens Michel Abraham Ackerman.
"Wenn er noch einmal gewählt wird, ist das katastrophal für uns."
In der Hand hält er ein selbstgeschriebenes Schild, auf dem steht:
"Nein zu der Auschwitz-Linie von 1949."« ( 1 )
Wie genau Herr Münch recherchiert hat, daß er sogar den Namen des Protestierers weiß. Seine Recherchen erreichen jedoch nicht die Forderungen des Geltenden Völkerrechts.
Zitat:
»Die sogenannte Grüne Linie, die von 1949 bis zum Sechstagekrieg von 1967 Israels Grenze war, solle die Basis bilden für die Grenzziehungen zwischen Israel und dem künftigen Palästinenser-Staat.« ( 1 )
Welche Achtung in Tel Aviv der UN entgegen gebracht wird, das läßt sich daran erkennen, mit welcher Unverfrorenheit die Trennungslinie zwischen den zionistischen Einwanderern und der dort lebenden arabischen Bevölkerung, die durch die Aufteilung des britischen Mandatsgebietes mit der UN-Resolution 181 von 1948 gezogen worden ist, heute noch benannt wird.
Die israelische Interpretation bewegt sich auf historisch gefährlichem Boden, wenn sie der UN die Ziehung einer "Auschwitz-Linie" unterstellt. Eine so aufgeheizte Demagogie hat selten zu Gerechtigkeit und Frieden geführt. Das mag auch daran liegen, daß aus der Wirkung der Hitze schnell eine Hetze werden kann.
Herr Münch bezeichnet die Demonstranten in Cairo vor der Israelischen Botschaft als "reflexartige Krawallmacher".
Mir erscheint Netanjahu als ein reflexartiger Verweigerer des Völkerrechts.
Insofern befleißigt sich Münch eines eingeschränkten Blickwinkels. Aus diesem Grund vermag diese Erkenntnis bei Münch keine Wurzeln entwickeln.
Es stellt sich die Frage, fällt seine Berichterstattung in die Schublade: Journalistische Feigheit?
Gerade als der Ministerpräsident von Israel in Washington gegen die Forderungen des Völkerrechts aufbegehrt, kann sich Münch nicht dazu durchringen, Netanjahu dieses Internationale Recht und seine rechtsgültigen Forderungen entgegen zu halten?
Selbst einige Journalisten in seiner Umgebung tasten sich vorsichtig an die Forderungen des Völkerrechts heran.
Heißt es in einem Kommentar noch, die Forderungen des Präsidenten der USA begründen sich auf "Internationalen Selbstverständlichkeiten" so kann man wenige Tage darauf von einem anderen diese Formulierung mit etwas deutlicheren Worten lesen, da heißt es dann schon "Völkerrechtliche Selbstverständlichkeiten".
Dazu gesetzt ist, daß die EU in mehreren Beschlüssen nichts anderes von Tel Aviv fordert als das, was Obama nicht mehr vermeiden wollte oder konnte, es endlich zu sagen. Die entstehenden Demokratien in Arabien werden die untätigen Demokratien im Westen noch erheblich unter Druck setzen, mit den Rechtsansprüchen aus dem Völkerrecht.
Ist noch eine Frage offen. Will sich Netanjahu auch mit der EU "anlegen"? Wie wird die mächtige erste Kanzlerin Deutschlands auf Netanjahu antworten?
Münch übernimmt bedenkenlos das amerikanische Muster von Pro-Israelisch oder Pro-Palästinensich. Er mag sich nicht die Mühe machen, zu betonen, daß es dabei nur um ein Pro geht, das Völkerrecht einzuhalten und durchzusetzen. Warum Herrn Dr. Peter Münch diese Einsicht verschlossen bleibt, bleibt mir ebenso unzugänglich.
Bleibt noch eine bedrückende Frage: Kann die Israelische Lobby die Entscheidungen in Washington steuern? An ihrem Bestehen gibt es nun keine Zweifel mehr. Das bisherige Leugnen ist einem offenen Geständnis gewichen. Doch befördert diese Klarheit keineswegs eine Beruhigung.
Zitat:
»"Das israelische Volk hat eine Regierung gewählt,
die sich weigert, das Heimatland aufzugeben",
ruft Ayelet Schaked über ein Megafon, "Präsident Obama, respektieren Sie das!"« ( 1 )
Wo bleibt der Respekt für das Völkerrecht?
Das israelische Volk hat demnach eine Regierung gewählt, die sich den Forderungen des Völkerrechts bewußt entgegen stellt. Darum ist es möglich, daß ein Außenminister im Amt ist, der sein Haus völkerrechtswidrig auf das völkerrechtlich anerkannte Staatsland der Palästinener gesetzt hat.
Zitat:
»Doch Netanjahu hat den Show-Kampf mit Obama vor allem aus innenpolitischen Gründen inszeniert.
In seiner rechtsnationalen Regierungskoalition ebenso wie in der eigenen Likud-Partei
wird mit Argusaugen darauf geachtet,
dass der Regierungschef im Friedensprozess keine Zugeständnisse macht.« ( 1 )
Sie nennen sich die Einzige Demokratie im Mittleren Osten, doch sie erkennen die rechtmäßigen Forderungen des Völkerrechts nicht an. Wie kann diese Tatsache noch eine Rechtsstaatliche Demokratie genannt werden?
Doch Herrn Dr. Peter Münch scheint diese Überlegung nicht zu belasten.
Er beginnt seine Darstellung mit einem drastischen Bild.
Zitat:
»Mit dem Strick um den Hals stehen sie auf der Strandpromenade.« ( 1 )
Dabei übermalt er die rechtsgültigen Forderungen des Völkerrechts mit dem Strick des Henkers um den Hals.
Wer sich als Journalist bei seinem Beschreiben von politischen Vorgängen derartigen Verunstaltungen von rechtmäßigen Grundlagen hingibt, der bewirkt wahrlich nichts Gutes. Er erfüllt auch keineswegs die journalistische Pflicht der Aufklärung.
Doch das Bild vom "Strick um den Hals" projeziert eine weit größere Gefahr an die Wand, auf der die weisenden Schriftzeichen erscheinen.
Zitat:
»"Obama, Israel wird keinen Selbstmord begehen",
rufen sie und geben sich kämpferisch,« ( 1 )
Wie gelangen die Israelis zu der Einsicht, daß sie das Völkerrecht in den Selbstmord treibt?
Und vor allem, warum klärt sie niemand über ihren Irrtum auf?
Sie sind es doch selbst, die die Forderungen des Völkerrechts nicht erfüllen?
Zitat:
»Vor den Kameras im Weißen Haus hat Benjamin Netanjahu Obama belehrt,
dass die Grenzlinie von 1967 "nicht zu verteidigen" sei und deshalb Israel in seiner Existenz bedrohen würde.« ( 1 )
Was wäre das für eine Vertrauen schaffende Ordnung zwischen den Völkern, wenn jetzt plötzlich alle ihre Grenzen nach der Verteidigungsfähigkeit neu ziehen wollten.
Münch gelingt es doch tatsächlich, diese Gefahr in der Begründung von Netanjahu zu verharmlosen.
Zitat:
»Außenpolitisch mag das als dreist und gefährlich erscheinen, weil sich der Regierungschef eines dauerbedrohten Kleinstaats grundsätzlich besser nicht mit der schützenden Supermacht anlegen sollte.« ( 1 )
In diesem Artikel von Herrn Dr. Peter Münch erscheint nur wenig mit einer völkerrechtlichen Rechtmäßigkeit konform zu gehen. Hoffentlich entsprechen die Bilder über die Demonstrationen von der israelischen Seite der Wirklichkeit. Doch wäre diese Übereinstimmung keineswegs eine Beruhigung für den Beobachter.
5771 Iyyar 20 * 24. Mai 2011 © Heinz Kobald
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( 1 ) Quelle:
Süddeutsche Zeitung, Nr. 119, Dienstag, den 24. Mai 2011, Seite 2
Verlorene Anerkennung
Die Israelis fühlen sich vom besten Freund verraten - und
es gibt keinen, der die Stimmung so auskostet wie Netanjahu
Von Peter Münch