Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Das Geschäft zwischen Tel Aviv und Ramallah
zur Ausschaltung des Völkerrechts
Brief an SZ Redaktion über das Mißfallen an der Berichterstattung über PalästinaMünch wittert Geschäft in Palästina, Das Geschäft zwischen Tel Aviv und Ramallah soll die Ausschaltung des Völkerrechts zum Inhalt haben,



Diesen Artikel habe ich mit dem nebenstehenden Brief an die Redaktion der SZ geschickt.
Bis zum 5. August 2011 ist keine Antwort bei mir eingegangen.


Münch spürt den Aufstand und wittert ein Geschäft





Sonst spürt er nichts.
Warum geht sein Gespür aber dann dem Völkerrecht aus dem Weg?
Das einzige wahre Wort in seinem Text ist das Wort "Besatzer".

Zitat:
»Wenn die arabischen Nachbarn gegen die Despoten mobil machen,
könnten die Palästinenser bald auch gegen die Besatzer aufstehen.«
( 1 )

Was aber bitte bedeutet Besatzer sein?
Der Besitzer einer Sache muß nicht zugleich auch der Eigentümer dieser Sache sein.Das waren schon Begegnungen mit einprägsamen Rechtsgrundsätzen in der Schule.
Als studierter Journalist mit einem Doktorgrad in Neuer Geschichte kommt bei Herrn Münch dabei nicht mehr heraus als unter den "Druck" der Aufstände in den arabischen Staatsvölkern zu geraten?
Welche Besatzung ist das, die für ihre Verteidigung das Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch nehmen möchte. Was deutsche Journalisten in Gesellschaft mit Dr. Münch noch zu keiner "Reflektion" getrieben hat. Deutsche Journalisten erscheinen durchaus resistent gegen die Forderungen des Völkerrechts zu sein.
Werden auch sie plötzlich mit ihren "Einsichten" in den Sog des Arabischen Aufstandes gezogen? Warum jetzt - erst jetzt - lag dieses Wissen nicht doch schon früher neben ihren Schreibtischen in den Papierkörben? Was picken sie da mit ihren stumpfen Federn aus dem Haufen von zerknüllten Denkansätzen.
Wann kippt das Neue Bewußtsein für jahrzehntelanges Unrecht diese Schreibtäter ebenfalls in ihre Papierkörbe?

Für Israel soll es trotzdem eine bedrohliche Situation sein.

Zitat:
»Für Israel ist das eine höchst bedrohliche Entwicklung.« ( 1 )

Wer ist der Vater dieses Gedankens?
Diese herbei geschriebene "Bedrohung" erwächst allein aus der bisher verweigerten Durchsetzung des Völkerrechts. Mit dieser Verweigerung hat sich Israel - oder Tel Aviv - selbst der "Bedrohung" ausgeliefert.
Doch Münch mag nur für Israel eine "Bedrohung" ausmachen, nicht aber für das durch Tel Aviv ausgeschaltete Völkerrecht.

Wer oder Was ist Israel?
Jedenfalls handelt für dieses Israel ein politisches Tel Aviv.
Es handelt nach seinem Wahlspruch:

Zitat:
»Weil Politik die Kunst des Möglichen ist.« ( 2 )

Jedenfalls hat ihn uns jetzt Avi Primor, der ehemalige Botschafter Israels in Deutschland, verraten.
Bei der Errichtung eines Gerechten Friedens in Palästina bewegt sich dieser Wahlspruch jedoch außerhalb des Geltenden Völkerrechts.

Tel Aviv ist es trotzdem mit der Ausschaltung des Geltenden Völkerrechts bisher gelungen, seine Ziele - bei der Zerstörung des Staatslandes für einen Staat Palästina - zu erreichen.
Eine Bitterkeit gesellt sich zu dieser Wahrheit. Wer hat dieses "Mögliche" am Geschehen nicht gehindert? Dies gelang Tel Aviv nur mit der Unterstützung der Rechtsstaatlichen Demokratien des Christlichen Westens. Sie sind – auch sie wie Tel Aviv – diejenigen, die sich ihrer Verpflichtung zur Einhaltung des Völkerrechts entzogen. Dies ist beschämend, aber angesichts der journalistischen "Leistung" eines Dr. Peter Münch beinahe nachvollziehbar.

Münch hat doch tatsächlich noch eine Wahrheit in seiner "Bedrängnis" erspürt:
Das Zentrum des nahöstlichen Konflikts. Diese Verantwortlichkeit aus dem Geschehen in Palästina wurde bisher jedoch offiziell geleugnet.

Zitat:
»Am Nakba-Tag, ( ... ), hat der arabische Aufruhr mit Macht
das Zentrum des nahöstlichen Konflikts erreicht.«
( 1 )

Was jedoch für Münch persönlich nie zuvor zu einem Gewissenskonflikt ausgeartet ist.
Wo ist der Grund jetzt dafür zu sehen?
Erst der Arabische Aufstand hat mit Macht dieses Zentrum erreicht.
Wann wird Münch selbst zu seinem persönlichen Aufstand gegen seine geistige Besetzung aufbrechen? Wann werden seine Denkvorgänge den Forderungen des Völkerrechts erliegen? Wann werden ihn die Verpflichtungen in einem demokratischen Rechtsstaat aus dem Trauma seiner geistigen Besetzung wachrütteln?

Warum z.B. sollte der revolutionäre nahöstliche Wandel auf Israel einen Druck ausüben können? Tat denn Tel Aviv etwas, dass eine Revolution gegen ein Unrecht losmarschieren müsste? Wobei die Nähe zwischen Besatzer und den Despoten in der Arabischen Nachbarschaft verblüfft.

Zitat:
»Wenn die arabischen Nachbarn gegen die Despoten mobil machen,
könnten die Palästinenser bald auch gegen die Besatzer aufstehen.«
( 1 )

Münch erklärt jedoch nichts davon, wohin dieser Druck auf Tel Aviv zielen könnte.
Außer auf die einzige Option für ein Geschäft mit den Palästinensern.

Zitat:
»muss Israel trotz aller Gefahren versuchen,
mit den Palästinensern ins Geschäft zu kommen und Frieden zu schließen.«
( 1 )

Oder verbirgt sich ein Druck hinter den Worten "ins Geschäft kommen"?
Welches Geschäft hätte Tel Aviv mit Ramalllah abzuschließen, zu dem es gezwungen werden könnte – oder müßte? Das wäre jetzt Israels einzige Option?

Das ist sie auch für "pm", der diese Überschrift wählte.
Aber wie hängt diese Überschrift mit der Aussage im Text zusammen?
Israel soll also mit den Palästinensern ein Geschäft abschließen, dafür sei jetzt die einzige Option.
Ein Erfolg in ihren Geschäften ist Juden nicht unbedingt abzusprechen.
Ist jedoch diese Sinngebung die einzige Option, die Gedanken von Münch zu interpretieren? Diese Frage gerät zur Rhetorik, weil der Text nichts Alternatives anbietet.

Als Option bleibt also nur das "Geschäft".
Mehr bietet Herr Dr. Peter Münch den Palästinensern nicht an.
Das könnte als ziemlich schäbig betrachtet werden, angesichts der Rechte, die das Völkerrecht den Palästinensern gewährt.

Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten
Abgeschlossen in Genf am 12. August 1949


Art. 1
Verpflichtung aller Unterzeichnerstaaten zur Einhaltung und Durchsetzung dieser Konvention "unter allen Umständen"
.

Art. 49
Verbot der Besiedlung für die Besatzungsmacht mit der eigenen Bevölkerung.


Art. 55
Verpflichtung der Besatzungsmacht, die Bevölkerung in den besetzten Gebieten umfassend zu versorgen
.

Art. 59
Wird die Bevölkerung ungenügend versorgt, soll die Besetzungsmacht Hilfsaktionen erlauben und sie mit allen Mitteln erleichtern.

dazu Art. 60
Die Hilfssendungen entbinden die Besetzungsmacht in keiner Weise von den ihr durch die Artikel 55, 56 und 59 auferlegten Verpflichtungen.

Art. 39
Den Personen, die infolge der Besatzung ihren Broterwerb verloren haben, sollen eine andere bezahlte Arbeit finden können.

Art. 52
Alle Massnahmen, die darauf abzielen, Arbeitslosigkeit zu schaffen oder die Arbeitsmöglichkeiten der Arbeiter eines besetzten Gebietes zu beschränken sind verboten.

Art. 53
Es ist der Besetzungsmacht verboten, bewegliche oder unbewegliche Güter zu zerstören,
die persönliches oder gemeinschaftliches Eigentum von Privatpersonen, Eigentum des Staates oder öffentlicher Körperschaften sind.

Art. 7
Keine Vereinbarung darf die Rechte beschränken, die das Abkommen einräumt


dazu Art. 47
Als Folge der Besatzung dürfen auf keine Weise die Vorteile des vorliegenden Abkommens entzogen werden.


Art. 3
Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, sollen unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden. Mord jeglicher Art und das Nehmen von Geiseln ist verboten.

Art. 71
Die zuständigen Gerichte der Besetzungsmacht können ohne ein vorhergehendes ordentliches Verfahren niemanden verurteilen.

zu Art. 3 - Art. 34
Das Nehmen von Geiseln ist verboten.

Art. 68
Die Todesstrafe darf nur durch Gericht ausgesprochen werden.


und Art. 28
Keine Person darf als Schutzschild gegen militärische Operationen benützt werden.

Art. 16
Schwangere Frauen werden unter einen besonderen Schutz gestellt.


Art. 37
Personen in Untersuchungshaft oder die eine Freiheitsstrafe verbüssen sind in der Haft mit Menschlichkeit zu behandeln.

Art. 23
Freier Durchlass für Medikamente, Sanitätsmaterial und für unentbehrliche Lebensmittel.

dazu noch deutlicher Art. 31
Auf die geschützten Personen darf keinerlei physischer oder moralischer Zwang ausgeübt werden.


Art. 33
Gebot der Bestrafung für nur persönlich begangene Straftaten,
Verbot von Kollektivstrafen, der Einschüchterung und Terrorisierung. Verbot von Plünderungen.

Art. 32
Versuch der Ausrottung der in ihrer Gewalt befindlichen geschützten Personen.


Münch will also aus diesen Rechtsansprüchen ein Geschäft machen.
Das sogar trotz aller Gefahren!
Für einen Doktoranden sollte es jedoch nicht so unmöglich sein, sich mit dem Völkerrecht vertraut zu machen, anstatt nur ein Geschäft zwischen Tel Aviv und Ramallah als einzige Option zu sehen.

Zitat:
»muss Israel trotz aller Gefahren versuchen,
mit den Palästinensern ins Geschäft zu kommen und Frieden zu schließen.«
( 1 )

Sieht Münch in der Durchsetzung des Völkerrechts gegen Tel Aviv eine "Gefahr"?
Eine eigenartig anmutende "Schützenhilfe" für Tel Aviv.

Da liegt die Vermutung nahe, daß sein angebotener Journalismus ebenso ein Geschäft ist mit einem ungenannten Geschäftspartner. Dem jedoch bereits seit langen Jahren ein nicht unbedeutender Einfluß zu gelingen scheint.

Ein ungutes Gefühl im Bauch bleibt unartikuliert.
Selbst für Münch gibt es nur diese einzige Option! Die Einhaltung des Völkerrechts.
Doch er flüchtet sich lieber in ein "Geschäft" mit den Palästinensern.
Diese Weiche, die in Tel Aviv herum geworfen werden muß, blockiert auch noch die Freie Fahrt auf den Denkgeleisen eines Herrn Dr. Peter Münch.

Zitat:
»Vielleicht könnte man das Regime positiv schrittweise in eine bessere Richtung drängen.« ( 2 )

Warum sollte diese Hoffnung, von Avi Primor auf Damaskus gerichtet, nicht auch für Tel Aviv und Herrn Münch noch eine Wirkung ausüben?
Selbst wenn Avi Primor offensichtlich nicht in diese Richtung gedacht hat, sollte sie trotzdem auch dafür ihre Gültigkeit beweisen können.


5771 Iyyar 13 * 17. Mai 2011 © Heinz Kobald


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( 1 ) Quelle:
Süddeutsche Zeitung, Nr. 113, 17. Mai 2011, Seite 4
Israels einzige Option
von "pm" ( Dr. Peter Münch )

( 2 ) Quelle:
Süddeutsche Zeitung, Nr. 112, 16. Mai 2011, Seite 2
Außenansicht - Die Hoffnung auf den Tyrannen-Sturz
Warum hilft der Westen den Aufständischen in Libyen, aber nicht in Syrien?
Weil Politik die Kunst des Möglichen ist.

Avi Primor ist Präsident der Israelischen Gesellschaft für Außenpolitik
und ehemaliger Botschafter Israels in der Bundesrepublik Deutschland.