“Siedler–Orange“ oder der Missbrauch einer Farbe
Die jüdischen orthodoxen Siedler im Gaza benutzen für ihre Demonstrationen gegen den Abzug ihrer Siedlungen die Farbe Orange.
Großdemonstration gegen Gaza-Rückzug
» Tel Aviv (dpa/AFP/Reuters/AP) - Im Süden Israels haben am Dienstagabend erneut Tausende Menschen gegen den Mitte August geplanten Abzug aus dem Gaza-Streifen protestiert. ( ... )
Die Polizei sprach von 25.000 Teilnehmern, die Organisatoren gaben die Zahl mit 50.000 an.
( ... ), die Demonstranten wollten am Mittwoch trotz eines Verbots zum Siedlungsblock Gusch Katif im Gaza-Streifen marschieren. Ein Großaufgebot von 30 000 Polizisten und Soldaten soll einen solchen Marsch jedoch verhindern.
Zahlreiche Demonstranten trugen Kleidungsstücke in Orange, der Farbe der Abzugsgegner, oder orangefarbene Bänder. Siedlerführer Benzi Liebermann sagte, Ziel sei nicht, nach Gusch Katif zu kommen, sondern die Aufgabe des Abzugsplans . ( ... ) «
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.177, 03. August 2005 , Seite 7
Herr Benzi Liebermann, diese Farbe Orange steht Ihnen und Ihren Siedlern nicht zu.
Das ist eine Missachtung der Demonstrationen in der Ukraine für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
Aus diesem Grunde spreche ich Ihnen und ihrer Siedlervereinigung das moralische Recht ab, bei ihren Demonstrationen die Farbe Orange zu tragen.
Die jüdischen Siedler im Gaza demonstrieren nicht für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
Gaza-Siedler vergleichen Räumung mit Holocaust ( ... ) Orthodoxe rufen zur Tötung Scharons auf
» Tel Aviv - Zwei Wochen vor dem Abzug Israels aus dem Gaza-Streifen nimmt die Spannung in der Region zu. Die Räumung von 21 jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen und vier weiteren im Westjordanland stellt das Land schon vor dem so genannten D ( isengagement ) - Day vor riesige Probleme. ( ... ) .
Einige wollen sich KZ-Uniformen anziehen, weil der Rückzug ihrer Meinung nach dem Holocaust gleichkomme.
Selbst vor Todesdrohungen schrecken die Extremisten nicht zurück. 20 Ultra-Orthodoxe, darunter Rabbiner, riefen die “Engel der Zerstörung" zur Tötung von Premier Ariel Scharon auf. Das Ritual wurde in aramäischer Sprache abgehalten und im Fernsehen ausgestrahlt. Inzwischen ermittelt die Polizei, weil der Fernsehsender für das Videoband 5000 Dollar gezahlt haben soll.
Kurz bevor 1995 Premierminister Itzchak Rabin von einem jüdischen Fanatiker ermordet worden war, war ebenfalls eine so genannte Pulsa Dinura ausgesprochen worden. «
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.176, 02. August 2005 , Seite 7, von Thorsten Schmitz
» Etwa 130.000 Menschen demonstrierten am Sonntagabend in Jerusalem gegen die Räumung jüdischer Siedlungen im Gaza-Streifen. Sie forderten ein Referendum über die Abzugspläne von Ministerpräsident Ariel Scharon.
Redner nannten ihn einen “Diktator" und warfen der Regierung vor, “Juden von ihrem Land zu vertreiben".
Zu der Protest-Aktion auf den Zufahrtsstraßen zum Regierungsbezirk hatten rechtsgerichtete Siedlerverbände aufgerufen. Mit mehr als tausend Bussen waren die Demonstranten zumeist aus dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland gekommen. «
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.25, 01. Februar 2005 , Seite 9
Sind die jüdischen Siedler tatsächlich der Meinung, sie dürften sich den Demonstrationen der Opposition in der Ukraine 2004 anschließen?
Ist es ein Beweis für ihre demokratische Gesinnung, zum Mord an Sharon aufzurufen?
Ist es so einfach, Sharon einen Diktator zu nennen, und schon hätten sie die gleiche Situation als Siedler im Gaza auf dem von ihnen besetzten Gebieten, die durch einen Krieg 1967 erobert worden sind?
» Kiew - Der bei der Präsidentenwahl unterlegene ukrainische Premierminister Viktor Janukowitsch hat am Mittwoch beim Obersten Gericht Beschwerde gegen das Ergebnis eingereicht.
Gleichzeitig blockierten mehr als tausend Anhänger des bisherigen Oppositionsführers Viktor Juschtschenko, der die Wahlen mit 52 Prozent der Stimmen gewonnen hat, die Anfahrt zu Janukowitschs Amtssitz.
Der Premier weigert sich, zurückzutreten, obwohl das Parlament ihm am 1. Dezember ( 2004 ) das Misstrauen ausgesprochen hat. ( ... ) «
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.303, 30. Dezember 2004 , Seite 7, Wahlergebnis angefochten – ( ... ) von Thomas Urban
» Moskau - Die Kleiderordnung stand fest: Die Demonstranten erschienen in Orange . Ein paar hundert junge Leute waren es, die auf einem Platz in der weißrussischen Hauptstadt Minsk gegen die autoritäre Herrschaft von Präsident Alexander Lukaschenko protestierten. Und als sich unlängst im Moskauer Hotel Kosmos tausend russische Oppositionelle versammelten, da wurden auch da ein paar orangefarbene Schleifchen gesichtet.
Orange ist zur Farbe der Hoffnung geworden für Demokraten weit über die Ukraine hinaus in der früheren Sowjetunion, wo Demokratie, vom Sonderfall der Balten einmal abgesehen, immer noch die Ausnahme ist.
Vor den Ukrainern war nur den Georgiern eine “Revolution gegen die Schein-Demokratie" gelungen, wie es die russische Politologin Lilia Schwetsowa nennt.
Praktisch überall in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) herrschen autoritäre Regime, in einigen Fällen auch Diktaturen oder gar groteske Despotien wie in Turkmenistan. «
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.298, 23. Dezember 2004 , Seite 8, Kiews Demokratiebewegung ( ... ) vermisst ihre Kinder, von Daniel Brössler
Welches Recht haben die jüdischen orthodoxen Siedler im Gaza auf ihrer Seite?
Nur das Recht der militärischen Stärke als Besatzungsmacht seit 1967 ?
Auch in den Interviews des Deutschlandsfunks wird der Eindruck erweckt, den jüdischen Siedlern im Gaza widerfahre ein Unrecht, ihnen gehöre das Land im Gaza.
Es sind die Fragen des Moderators Remme, die Antworten bewirken, die wiederum den Eindruck erwecken, die von der Regierung Sharon getroffene Entscheidung für einen Abzug aus dem Gaza sei unrechtmäßig. Der Moderator Remme begibt sich damit sehr nahe an die Grenze, für eine völkerrechtswidrige Besatzung den Anschein für ihre Rechtmäßigkeit herbei zu führen.
Ob dieser - nicht mehr als einwandfrei empfundene - Journalismus noch auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht? Remme vermeidet jeden Gedanken über evtl. Zweifel an der Rechtmäßigkeit in den Forderungen der Siedler auszusprechen.
Beten für den Weiterbestand eines völkerrechtswidrigen Unrechts?
Zitate aus einem Interview:
» Klaus Remme: "Juden vertreiben keine Juden", das ist eine der Parolen der Abzugsgegner.
Was denken Sie, wenn Sie diesen Satz hören?
Michael Nitzan: Dem stimme ich selbstverständlich voll und ganz zu, wir sind absolut dagegen, gegen den Plan Scharons, die jüdischen Siedlungen im Gazastreifen zu räumen und wir sind auch sehr bestärkt durch die große Zahl der Leute, die gestern nach Tel Aviv kamen, um für uns zu demonstrieren. Die Polizei berichtet von über 150.000.
Remme : Hoffen Sie, dies noch aufhalten zu können?
Nitzan: Ja, mit Sicherheit. Alle hoffen und beten, um es noch zu verhindern.
Remme: Und wenn es denn doch dazu kommt, mit welchen Gefühlen werden Sie weggehen?
Nitzan: Sehr traurig, entsetzt und schockiert, denn es wird den palästinensischen Terror nur verstärken, Arafats Nachfolger Abu Masen wird dadurch nur die Nachricht bekommen, dass sich fünf Jahre von Terror und Mord auszahlen und er wird versuchen, diesen Terror zu erweitern auf andere Gebiete Israels, um weitere Gebiete für seinen zukünftigen palästinensischen Staat zu bekommen. Das wird sehr gefährlich für Israel und den ganzen mittleren Osten. «
Quelle: Deutschlandradio, 12.08.2005, Moderatio: Klaus Remme
"Alle hoffen und beten, um es noch zu verhindern" - Orange ist die Farbe der Abzugsgegner
Sicherheitsoffizier rechnet mit Widerstand gegen die Räumung des Gazastreifens
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/405996/
Es ist doch in Wirklichkeit so, dass der Staat Israel seine im Krieg eroberte Gebiete einem zukünftigen Staat Palästina nach 38 Jahren Besetzung zurück gibt. Werden hier nicht – im journalistischen “Freiraum“ – die Tatsachen verdreht dargestellt, dass durch die Wirklichkeit der Besetzung der Staat Israel beabsichtigt, sein Staatsgebiet rechtswidrig auszudehnenl? Aus welchen Gründen möchte der Moderator Remme jedoch einen entgegengesetzten Eindruck bestehen lassen, der Abzug der Siedler aus dem Gaza sei in Wirklichkeit ein Unrecht an den jüdischen Siedlern?
Wenn ein Moderator derartige Unwahrheiten unwidersprochen zur Sendung freigibt, dann muß ich davon ausgehen – und es ist dann keine unbegründete Unterstellung – er sei ebenso voll und ganz ein überzeugter Abzugsgegner. Trüge Herr Remme eine Krawatte in Orange, dann würde ich klarer sehen.
Genügt es für den Rechtsanspruch der Siedler auf das Land in Palästina bei der Enteignung Bibelstellen zu zitieren?
Das Völkerrecht wird von Israel als nicht gültig für Israel angesehen. Wenn es aber beabsichtigt, sich das besetzte Land “rechtmäßig“ anzueignen, dann greift es doch gerne auf ein Recht zurück, das es für “seine“ Zwecke entsprechend auslegt. Sollte dieses alte Osmanische Recht bereits dem Osmanischen Reich für seine Landeroberungen gedient haben, dann wäre es doch sehr bedenklich, wenn es auch Israel jetzt für sich in den besetzten Gebieten beansprucht.
» Israel verteidigt sich damit, die meisten Siedlungen seien auf "Staatsland" errichtet. Nach der Eroberung des Westjordanlandes 1967 erklärte der jüdische Staat alle Flächen, für die kein Privatbesitz nachgewiesen werden konnte, zu seinem Besitz. Anderes Gebiet wurde für militärische Zwecke enteignet.
"So erlangte Israel die Kontrolle über fast 50 Prozent des Westjordanlandes", konstatiert die israelische Menschenrechtsorganisation Betselem.
"Alles folgt geordneten Verfahren und kann angefochten werden", erklärt das Verteidigungsministerium.
Doch tatsächlich sei es für palästinensische Grundbesitzer häufig sehr schwierig, ihr Land zu verteidigen, so der palästinensische Anwalt Elias Churi:
"Die Farmer müssen etwa beweisen, dass sie ihr Land zehn Jahre ununterbrochen bewirtschaftet haben - wenn sie die Bewirtschaftung für einträglichere Arbeit einstellen, verfällt ihr Anspruch."
Israel berufe sich dabei auf altes Osmanisches Recht. "Ich sehe keinen juristischen Weg, die Landnahme zu stoppen", so Churi verbittert. «
Quelle: DER SPIEGEL, 48/2003, 24.11.2003 , PALÄSTINA: "Sie erobern Hügel um Hügel", ANNETTE GROßBONGARDT
Auch Gewalt und Terror vermögen die israelischen Siedler nicht zu vertreiben.
Im Gegenteil: Unter Premier Ariel Scharon blüht die gezielte Expansion.
Eine Bitte richte ich an den Siedlerführer Benzi Liebermann: Suchen Sie sich eine andere Farbe!
Orange steht Ihnen nicht. Weder haben die Siedler einen Rechtsanspruch nach dem Völkerrecht auf das von ihnen besetzte Land, noch begeht - in diesem Falle – die Regierung Sharon ein Unrecht an den Siedlern.
Anderen Demonstranten in Israel stünde dagegen die Farbe Orange sehr gut zu Gesicht.
Oder ist auch dieses Ereignis schon vergessen?
» "Die Mehrheit hat entschieden: Verlasst Gaza, beginnt zu verhandeln."
Die Demonstranten in Tel Aviv setzen sich eindeutig für den israelischen Rückzug aus dem besetzten Gebiet ein. ( ... )
"Nieder mit der Herrschaft der Siedler! Wir werden unsere Söhne nicht mehr für die Siedler opfern", ruft Tzali Reschef von "Frieden Jetzt" und erntet damit den größten Applaus des Abends.
"Wir unterstützen keine Marionettenregierung, die irreführende Ideen der Rechten verfolgt", sagt Oppositionsführer Schimon Peres und widerspricht damit Spekulationen, seine Arbeitspartei wolle dem Likud in eine mögliche neugebildete Regierung folgen. ( ... ) Bejubelt wird dagegen Yossi Beilin, einer der Architekten der Genfer Vereinbarung, der das Wiedererwachen der Linken preist. ( ... ) «
Quelle: Frankfurter Rundschau online 2004, 17.05.2004, VON GEMMA PÖRZGEN (TEL AVIV)
"Nieder mit der Herrschaft der Siedler" - Zehntausende Israelis demonstrieren für Gaza-Abzugsplan
Oppositionelle Gruppen unterstützen Premier Scharon
http://www.frankfurterrundschau.de/ressorts/nachrichten_und_politik/international/?cnt=438529
Jerusalem - ( ... ) 150.000 linksgerichtete Israelis fanden sich vergangenen Samstag auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv zu einer Demonstration ein - ausgerechnet um Premierminister Ariel Scharon von der rechtsgerichteten Likud-Partei den Rücken zu stärken. ( ... ) Zu den Demonstranten - darunter viele Veteranen früherer Friedensdemonstrationen - gehörten Anhänger der Arbeitspartei, Vertreter einer neu gebildeten linkssozialdemokratischen Partei namens Yahad, Mitglieder von Peace Now sowie Verfechter der Genfer Initiative. Keiner dieser Menschen hätte sich vermutlich jemals träumen lassen, für Scharon auf die Straße zu gehen.
Quelle: Die Welt, Artikel erschienen am 19. Mai 2004
Scharon will Gaza aufgeben ( ... ) - Erstmals unterstützt ihn Israels Linke, von Shlomo Avineri
http://www.welt.de/data/2004/05/19/279815.html
Diese Tatsachen geben mir die Hoffnung, dass der Gedanke der Demokratie in Israel nicht verloren ist.
Hei-ko
13. August 2005 © Heinz Kobald
Über den Rechtsanspruch Israels an den besetzten Gebieten
Wer ist Michael Nitzan ?