Israel als Ehrengast
auf der Buchmesse in Turin und Paris
Erst müssen die Fäuste auf den Tisch knallen und die Türen zugeschlagen werden.
Wenn dann jeder allein gelassen in seiner Stille sitzt, dann kann ja das Denken ungehindert geschehen.
Zitat:
»Wegen des israelisch-palästinensischen Konflikts und besonders
wegen der jüngsten Ereignisse im Gaza-Streifen
haben Politiker kleiner linker Parteien und Vertreter pro-arabischer Gruppen
die Veranstalter der 21. Fiera del Libro di Torino aufgefordert,
die Einladung Israels als Ehrengast der kommenden Turiner Buchmesse "zu überprüfen".« ( * )
Überall dort, wo der Konflikt Israel auftaucht, ist auch Palästina mit verknüpft.
Darum verwundert es so sehr, daß nur eine Ehrengastschaft für Israel angedacht werden konnte, für Palästina aber weder an einen Platz gedacht, noch überhaupt ein Platz - wenn auch ohne Ehren - vorgesehen war.
Für den Einen die Ehre, für den Anderen ein Nichts.
Zitat:
»Der islamische Fundamentalist Tariq Ramadan,
dessen Auftritt im vergangenen Jahr bei der Turiner Buchmesse gefeiert worden war,
rief die arabischen Intellektuellen sowohl zum Boykott der Turiner (8. bis 12. Mai) als auch der Pariser Messe (14. bis 19. März) auf,
die ebenfalls Israel als Ehrengast geladen hat.« ( * )
Es soll nur eine Wahl für die Israelische Kultur gewesen sein.
Wo bleibt da die Kultur der Auswahl ?
Zitat:
»Ernesto Ferrero und Rolando Picchioni,
Direktor und Präsident der Fiera del Libro,
verteidigten in einem offenen Brief die Wahl Israels,
die "eine Wahl für die israelische Kultur" sei.« ( * )
Ist die Kultur der Palästinenser hinter dem Pulverdampf des Aufeinandereinschlagens verschwunden?
Oder glänzen die Waffen einer sog. "Verteidigungsarmee" nur heller und bieten sich dem Auge des Betrachters blank blitzend dar als wären sie nicht mit dem Blut ihrer Gegner bespritzt ?
Welche Kultur bietet ein Volk, das seit vier Jahrzehnten ein anderes Volk entrechtet, sein Land raubt und es einsperrt und wegen seines Aufbegehrens dagegen "zur Strafe" in den Hunger treibt ?
Dazu muß die Frage nach der Kultur der Unterdrückten auftauchen.
Kunstschaffende in Palästina finden kaum noch Muse, ihre Kunst auszudrücken, geschweige denn einen Frei-Raum für sie zu finden.
Umso größer erscheint die Ignoranz, daran nicht gedacht zu haben, dem Eingesperrten einen Raum außerhalb seiner Bedrohtheit anzubieten.
Dazu haben auch Stimmen aus dem Volk der Unterdrücker ein Gewissen ?
Zitat:
»Der israelische Lyriker Aharon Shabtai hat bereits angekündigt,
aus Protest gegen die Politik seiner Regierung weder nach Paris
noch nach Turin fahren zu wollen.« ( * )
Insofern war der Kern des Protestes nicht so ganz unwürdig.
Wenn auch die äußere Form so mancher Proteste eine Unwürdigkeit vermittelt.
Doch nur, was auffällt, fällt auf.
Leider färbt das Äußere Erscheinen fälschlich oft die Inneren Werte.
Ein schöner Mensch ist gut, ein häßlicher ist schlecht.
So einfach aber ist es nicht. Nicht im Wirklichen Leben.
Zitat:
»Der islamische Soziologe Khaled Fouad Allam aus Algerien und
der jüdische Schriftsteller Victor Magiar aus Libyen
nannten die Boykottforderungen gegen Paris und Turin "unwürdig",
sie seien "einseitig und auf Vorurteile" gegründet.« ( * )
Wo ist bei den Herren Ernesto Ferrero und Rolando Picchioni,
Direktor und Präsident der Fiera del Libro,
bei ihrer Wahl eine Einseitigkeit zu finden,
die auf Vorurteilen gründet?
Doch so scheint jetzt auch neben dem "ungeliebten Ehrengast" Israel ein Ehrenplatz für Palästina zu entstehen.
Zitat:
»In Turin diskutiert man jetzt,
ob man gleichzeitig der palästinensischen Literatur
einen besonderen Platz auf der Messe zuweisen soll.« ( * )
Hätte - ( ! ) - diese unwürdige Diskriminierung nicht von Anfang an vermieden werden können, wenn es doch nur um Kultur geht ?
Oder schleicht da der Böse mit bösen Worten um die Ohren:
Die Kultur des Siegers ist bedeutender als die Kultur des Verlierers ?
29 Shevat 5768 * 5. Februar 2008 © Heinz Kobald
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( * ) Quelle:
Süddeutsche Zeitung, Nr. 30, 5. Februar 2008, Seite 13
Umstrittener Gast
Israels Auftritte bei den Buchmessen von Turin und Paris ( klüv )