Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Bellizisten geiler als Frieden
Wolf Biermann, 70, Ehrenbürger Berlins, Foto: ddp


Wolf Biermanns Ehrenbürger-Bürde





Bei allem Respekt !

Herr Kulturstaatsminister Bernd Neumann !

Dafür bin ich ganz und gar nicht.
In der Schule erhält stets die Benotung des letzten Wissenstandes die höhere Wertung.
Wenn Herr Biermann so dumm war, den Krieg für geiler als den Frieden zu erklären, dann mag er auch die Ehrenbürger-Würdelosigkeit "geiler" finden als ihre Verleihung.

Und wenn ein "so Verdienstvoller" die den Frieden Vorziehenden als "National-Pazifisten" ( 1 ) beschimpfen darf, dann hat das nichts damit zu tun, dafür die Auszeichnung einer Ehren-Bürgerschaft an den Hals gedrängt erhalten zu müssen.
Denn die Bürger, die von ihm beschimpft worden sind, können sich ihre Ehre nicht vorstellen, neben seine dummdreisten Äußerungen auf eine Ebene gestellt zu werden - und dazu diese "Auszeichnung" auf ihren Schultern mitzutragen.

Ihr Eintreten dafür, Herr Staatskultur-Spitzenverantwortlicher erregt erhebliche Zweifel an Ihrer Eigenschaft, mit der Verantwortung für die Kultur der Republik weiterhin beauftragt sein zu sollen.
Nur, weil einer einmal gut war, dann aber im Übermut "die Sau rausläßt", das kann wohl nicht mehr im Rahmen als für die Kultur verantwortungsbewußt behandelt werden.

Wenn sich jeder auf seine früheren Verdienste berufen dürfte, weil er wegen dieser Verdienste glaubt, später dann jeden Anstand außer Acht lassen zu dürfen, und für späteres schlechtes Benehmen wegen früherer Verdienste doch eine Verzeihung erlangt, dann tragen wir selbst die Schuld daran, wenn nicht nur unser Verständnis für unsere Kultur leidet, die Kultur dann sowieso und erst recht die dafür sich in einer Spitzenposition der Verantwortung Befindlichen mit "vor die Hunde gehen".
Wenn ein Kulturschaffender denkt, "seinen Rang als Künstler" ( 2 ) auf das Spiel setzen zu wollen, dann mag er das tun - mit oder ohne Beachtung von der Öffentlichkeit, am besten ohne.

Wenn ihm dafür noch eine staatlicher Seits angeordnete Auszeichnung von einem Gemeindewesen angetragen werden soll, dann ist das eine "kulturpolitische Blamage für" ( 2 ) diese davon betroffene Kulturgemeinschaft.

Es ehrt einen Biermann absolut nicht, wenn er den Lügen eines Manichäers auf dem Präsidentensessel einer Großen Nation kritiklos verfällt.

Zitat: ( 1 )
» ( ... ) der linke Liedermacher, war im März 2003 George W. Bush mit biermann-üblicher Emphase beigesprungen:
"Ich bin für diesen Krieg, damit das ganz und gar klar ist!"
hatte er von der Konzertbühne gerufen.
Zwar wisse er auch nicht, warum der amerikanische Präsident die Beweise über die Massenvernichtungswaffen zurückhalte, grübelte er in Interviews:
"Ich behaupte aber, dass absolut jeder weiß,
ob er nun für oder gegen den Krieg ist,
dass Saddam all diese Waffen besitzt."
Im Spiegel verspottete er die Kriegsgegner als "Nationalpazifisten",
die "Frieden irgendwie geiler als Krieg finden"

Der vehemente Einsatz des Herrn Kulturstaatsministers trifft bei mir auf ein äußerst überraschtes Unverständnis.

Der Romanist Hans Ulrich Gumbrecht, Stanford-Professor und amerikanischer Staatsbürger meint, Amerika sei besser als Bush. ( 1 )
Diese Hoffnung gebe auch ich noch nicht auf.
Ob allerdings Wolf Biermann "besser als" George W. Bush ist, das mag noch bezweifelbar gelten.

Sein in DDR-Zeiten scharf geschliffener Verstand - von mir früh bewundert - ist in der "Freiheit des Westens" offensichtlich durch die anscheinend "unbegrenzten" Möglichkeiten doch verführt und blind geworden.
Unbewußt glaubte er, seinen stets wachen Opportunismus gegen das DDR-Regime, in die andere Realität der BRD retten zu müssen.

Immerhin waren nicht nur über sechzig v.H. der Bevölkerung in Deutschland, sondern auch Frankreichs und Großbritanniens gegen diesen Krieg im Irak. Auch diese unübersehbare Tatsache erregte bei Biermann keine Zweifel.
Sondern - nur Spott.
Als normaler Bürger möchte ich Herrn Biermann darum nicht auch noch als Ehren-Bürger erhoben sehen. Das würde auch die zwei Drittel der Europäer vor den Kopf stoßen, die sich gegen den Beginn dieses Krieges - und seiner Lügen ausgesprochen hatten.

Dagegen wiegen die Verdienste Biermanns nicht schwerer.


15. Januar 2007 © Heinz Kobald


____________________________________________

( 1 )
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr. 11, 15. Januar 2007, Seite 11
Geiler als Krieg
Was die einstigen Bellizisten zum Irak-Desaster sagen

von SONJA ZEKRI

( 2 )
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Veröffentlicht am: Mo, 15.01.2007


Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat mit Unverständnis auf die anhaltenden Diskussionen um die Berliner Ehrenbürgerwürde für Wolf Biermann reagiert

Bernd Neumann erklärte dazu:

"Wolf Biermanns Verdienste als politischer Dichter und Sänger sind unbestritten. Wie kaum ein anderer Künstler hat Biermann mit seinen Liedern, Versen und Essays die gesellschaftlichen Debatten in Ost und West über Jahrzehnte mitgeprägt.
( ... )
Er steht für die Freiheit der Kunst und er äußert kompromisslos seine Meinung, egal aus welcher Richtung der Wind weht. Das mag manchem in der Politik nicht immer gefallen, spricht aber für seinen Rang als Künstler.
Die Debatten um seine Ehrenbürgerwürde sind eine kulturpolitische Blamage für den Berliner Senat.«