Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Merkel zieht an den Zügeln
einer lahmen Quadriga
In Memoriam Heinz Galinski s.A.


Anzeige in der Süddeutschen Zeitung, Nr. 274,
vom 28. November 2006, Seite 30



Der Versuch von Frau Merkel überrascht mich überhaupt nicht.
Wenn ich ihr Schreiben wieder lese, das mir in ihrem Auftrag durch das Völkerrechtsreferat zu Beginn dieses Jahres zuging, dann enthält der zweite Teil ihrer Antwort genau diese Richtlinie für die Handlungsweise Deutschlands in dem Streit um das Land in Palästina.

Zitat:
»Merkel setzt auf Nahost-Quartett - Kanzlerin plant EU-Initiativen zur Lösung des Konflikts«

Damit soll das bisherige "Versteck-Spiel" hinter der Verantwortung aus der IV. Genfer Konvention weiter gehen - und von der eigenen Verpflichtung in Artikel 1 der Genfer Konvention abgelenkt werden.
Das Schreiben des Völkerrechtsreferats i.A. der Kanzlerin zeigt die Richtlinie für diese Politik, die in ihrem Kernansatz in Palästina nichts verändern, nichts voranbringen will - und schon gar nicht über die Leitplanken der Hauptdirektive der "Besonderen Beziehungen" zwischen Israel und Deutschland springen will.

Die Betonung auf das Existenzrecht des Staates Israels
wird allen Forderungen des Völkerrechts vorgezogen.


Zitat:
»"Ich kann nicht erkennen, dass Syrien konstruktive Schritte unternehmen will", sagte Merkel.«

Das sind Worte von Frau Merkel, die sie selbst "beherzigen" müßte.
Doch wo sind ihre Taten zu den Worten, die die Besiedlung Palästinas durch Israel als nicht mit der Genfer Konvention vereinbar erkennen und sogar verurteilen!
Doch weil ihr Sinn nicht nach Einhaltung und Durchsetzung des Artikels 49 Abs. 6 der IV. Genfer Konvention steht, gelingen ihr derart formulierte Ersatzforderungen an sich selbst, die dem Anspruch aus Artikel 1 dieser Konvention "ausweichen".
Das sog. Existenzrecht Israels entspringt aus diesem künstlich geschaffenen "Kulturboden".

Mit diesem Satz erinnert mich Frau Merkel daran, daß ich an ihrer Handlungsweise im Streit um das Land in Palästina keine konstruktiven Schritte von ihr erkennen kann.

Mit dieser vordergründigen Aktivität - der versprochene Versuch der Reaktivierung des "ruhenden" Quartetts - sollen nicht nur die anhaltenden Verstöße durch Tel Aviv gegen das Völkerrecht, sondern auch die Pflichtverletzungen gegenüber dem Völkerrecht durch die Europäer und besonders von Deutschland "ausgeblendet" werden.
Wie Aktivität und Aktivieren im Sinne der Kanzlerin zu verstehen ist, kann aus ihrer Aktivierung der Toleranz gegen die Intoleranz abgelesen werden.

Zitat:
»"Wir müssen kleine Schritte gehen, um zu einer Lösung zu kommen", sagte Merkel.
Schließlich gehe es darum, die Gewalt in den palästinensischen Gebieten "dauerhaft zu beenden",
das Existenzrecht Israels zu bekräftigen und auch den Erhalt eines souveränen Libanon zu sichern.«

Gerade diese - allein auf Israel fixierte Politik - hat eben keinen Fortschritt in diesem ohnehin hinlänglich als asymetrisch bekannten und längst als solcher erkannter Kampf gebracht.
Palästina erscheint in den Worten nur als "Gebiet der Gewalt".
Die Asymetrie der Militärischen Mittel setzt sich auch unbehindert seit vier Jahrzehnten in den "Politischen Bemühungen" fort. Dabei erhalten die Ziele in Tel Aviv stets den Vorrang. Nach diesem Prinzip wird die Gewalt in Palästina gezeugt und belebt.

Diese Politik geht seit vier Jahrzehnten nicht auf dem Weg mit dem "Recht zum Frieden".
Es ist die Fortsetzung des bisherigen kurvenreichen Lavierens, ohne Mut zum Durchgreifen - auf beiden Seiten der Streitenden - auf der Grundlage des - für beide Parteien gleichwertig geltenden Völkerrechts.

Alle bisherigen Verhandlungen und Vereinbarungen - ganz besonders die sog. von Oslo, die in ihrem Ergebnis - und da besonders bei der Aufteilung des Landes in Zonen für die Besatzungsmacht - in allem gegen das Völkerrecht verstoßen - sind nur ein Ausweichen und Umgehen des Völkerrechts.

Bisher hat nur immer die schwächere Partei den Kampf "bezahlt" - soweit die "Lebenserhaltung in Palästina" nicht durch die Kanäle aus Euopa "beschickt" worden ist.

Eher schützt die Bundesrepublik jetzt die Grenze von Israel gegen die Angriffe der Hisbollah, aber nicht in dem Maß die Grenze des Libanon und sein Staatsgebiet bis in die Hauptstadt gegen die Angriffe der Armee Israels.
Es soll auch nicht erkannt werden, daß erst durch die massiven Angriffe Israels die Machtverhältnisse im Libanon wieder durch das Eingreifen Israels einem Erdrutsch ausgesetzt worden sind.
Der spektakulär versagende Waffengang Israels gegen die Hisbollah hat erst die Bedingungen für diese Verschiebungen geschaffen. Die Grundlagen für diese Veränderungen waren zweifelsfrei vor dem militärischen Einschnitt vorhanden, wurden jedoch aus blindem Eigeninteresse außer Acht gelassen.
Jetzt wird darüber gezetert, daß die Schiiten im Libanon mehr Beteiligung an der Politischen Macht beanspruchen - wie es auch ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht. Dabei soll ebenso "unberührt" bleiben, daß eben dieser Teil bisher an den Rand der Bevölkerung im Libanon "gedrängt" worden ist.

Es ist eben so gar nicht befriedigend das vorhersehbare Resultat von "eigensinnigen" Schachzügen im Nachhinein betrauern zu müssen.


20 Kislev 5767 * 11. Dezember 2006 © Heinz Kobald


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Quelle der Zitate: Süddeutsche Zeitung, Nr. 285, 11. Dezember 2006, Seite 7

Merkel setzt auf Nahost-Quartett
Kanzlerin plant EU-Initiativen zur Lösung des Konflikts
ddp/AP