Wettbewerb der Akademie für Publizistik in Hamburg
Der Text des Medienjournalisten Philip Cueni siegte
- Auszüge aus dem Text -
»Alles gute Handwerk nützt aber wenig, wenn das Publikum die journalistische Leistung nicht annimmt, weil es grundsätzliche Vorbehalte hat: Gegenüber dem Wahrheitsgehalt, der Seriosität, der Lauterkeit der Absichten, der Unparteilichkeit, dem Stil.«
»Journalismus funktioniert nur, wenn er auf Glaubwürdigkeit beim Publikum aufbauen kann.«
»Der Journalismus muss hinterfragen, in schummrige Sphären leuchten, Schwachpunkte aufdecken, Missstände aufzeigen, verunsichern, kritisieren.«
»Das ist die gesellschaftliche Kontroll- und Kritikfunktion.
Die Demokratie kann auf diese Funktionen und damit auf den Journalismus nicht verzichten, ohne Schaden zu nehmen.
Der Journalismus wiederum kann diese Aufgaben nur wahrnehmen, wenn er glaubwürdig ist: Die Glaubwürdigkeit ist sein größtes Kapital.
Deshalb ist Journalismus dann guter Journalismus, wenn er zur eigenen Glaubwürdigkeit beiträgt.«
»Der Journalismus muss Vertrauen gewinnen können.
Doch es wäre für die Aufgabe und die Unabhängigkeit des Journalismus wenig förderlich, würde er den Szenenapplaus oder gar Freunde suchen.«
»Tatsache ist: Die gesellschaftliche Aufgabe der Medien, der Journalistinnen und Journalisten ist gesellschaftlich nicht immer anerkannt.
Der Journalismus sei aggressiv, negativ, destruktiv, angeblich positive Leistungen würde zu wenig gelobt, Negatives zu hoch gehängt, Geheimes unbefugt publiziert - so lauten die Medienschelten aus Politik, Wirtschaft und gesellschaftlichen Institutionen.
Doch Journalismus muss so sein: kritisch, aufsässig, unbequem.«
»Umso mehr muss er sich selbst gegenüber gerade stehen können.
Durch eigene Wertmaßstäbe, durch transparente Selbstkontrolle, durch eine ethische Debatte. Und erst recht muss er Glaubwürdigkeit herstellen können.«
»Die Journalistinnen und Journalisten müssen in ihrer konkreten Arbeit dem Publikum vermitteln können, warum sie diese Arbeit machen: im öffentlichen Interesse, im Sinne der Aufklärung.«
»Das ist keine Sache von schönen Worten und Deklarationen, sondern der journalistischen Praxis.
Dabei muss der Journalismus belegen, dass seine Leistungen für die Gesellschaft notwendig sind.«
»Wenn also sauber gearbeitet, korrekt informiert, schonungslos, aber respektvoll und fair aufgeklärt wird, wenn das Herstellen von Transparenz - und nicht die Sensation - im Mittelpunkt steht.«
»Wenn Fertigmacher-Geschichten, Halbwahrheiten, Persönlichkeitsverletzungen oder Gefälligkeiten vermieden werden.
So erkämpft sich der Journalismus seine eigene Glaubwürdigkeit täglich neu.«
»Mit jeder Fehlleistung untergräbt er sein Vertrauen beim Publikum.
Auch der Journalismus selbst muss dauernd belegen können, dass man ihm trauen kann.
Die Glaubwürdigkeit des Journalismus kann nur bestehen, wenn dieser auch sich selbst dauernd misstrauisch beobachtet und hinterfragt.
Der Zweifel, die Selbstreflexion muss unsere eigene Arbeit begleiten.
Journalistinnen und Journalisten müssen dem Publikum transparent und verständlich machen können, warum sie etwas und weshalb gerade so machen.
Und sie müssen offen deklarieren, wenn Fehler gemacht worden sind.
weniger eine Frage von Handwerk und Technik
als das Resultat einer Haltung.«
»Der Maßstab in den Redaktionen:
Trägt die journalistische Leistung, dazu bei, die Glaubwürdigkeit des Journalismus zu stärken?«
PHILIP CUENI
Vorsitzender des Vereins für Qualität im Journalismus in Basel
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Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr. 267, 20. November 2006, Seite 17
Der G-Faktor Zur Debatte: "Was ist heute guter Journalismus?"
"Was ist heute guter Journalismus" hieß die Wettbewerbsfrage,
die die Akademie für Publizistik in Hamburg gestellt hatte.
Am Ende siegte ein Text des Medienjournalisten Philip Cueni,
Vorsitzender des Vereins für Qualität im Journalismus in Basel,
den wir hier leicht gekürzt abdrucken.
PHILIP CUENI