Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Keine Schuld-Zuweisung am Holocaust
an Junge Menschen
Charlotte Knobloch, ddpKeine Schuldzuweisung am Holocaust für die Jugend






Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden, Foto: ddp


Charlotte Knobloch wünscht
Holocaust-Unterricht in Schulen

Ableitung ethischer Handlungsweisen aus der Shoah



DIE WELT:
Frau Knobloch, Sie fordern die Einführung eines gesonderten Unterrichtsfaches "Holocaust".
Glauben Sie, daß Rechtsradikalismus einfach eine Frage mangelnder Information ist?


Charlotte Knobloch:
Die Faktenvermittlung muß im Geschichtsunterricht stattfinden.
Die moralische Dimension der Shoah und die Ableitung konkreter ethischer Handlungsanweisungen finden an vielen Schulen zu wenig Beachtung.

Ich wünsche mir Toleranztrainings und Maßnahmen der Demokratiebildung,
wie das in Israel konzipierte "Betsavta."


Den jungen Menschen darf aber nicht das Gefühl vermittelt werden,
sie seien Schuld an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Sie sind nicht schuldig und
die Vermittlung eines solchen Gefühls
ist kontraproduktiv und blockierend.

Der Nationalsozialismus muß so vermittelt werden,
daß den Jugendlichen klar wird, daß sie keine Schuld an,
sondern Verantwortung aus der Geschichte haben
und sich entsprechend politisch engagieren.


DIE WELT:
Wie empfanden Sie die Deutschland-Begeisterung der letzten Wochen?

Knobloch:
Wunderbar! Diese Leichtigkeit, Begeisterungsfähigkeit und Fröhlichkeit hat mich begeistert.
Schade, daß der Traum vom WM-Finale nicht in Erfüllung gegangen ist.
Aber unsere Mannschaft muß sich nicht verstecken!

DIE WELT:
Frau Knobloch, Sind Sie glücklich über Ihr neues Amt?
Was befähigt gerade Sie, etwas für die Jüdische Gemeinschaft in Deutschland zu tun?

Knobloch:
Niemand hat mich gezwungen, das Amt anzunehmen.
Ich bin bereit, mich sehr persönlich einzusetzen, ich habe Erfahrungen, Lebenserfahrungen mit vielen Facetten.
Ich habe den Nationalsozialismus kennengelernt, die Nachkriegssituation, den wiederaufkommenden Antisemitismus und Rassismus.

Ich habe die erste Zuwanderung erlebt, von Juden aus Osteuropa, von Überlebenden, von Remigranten. Die Kliniken um München herum waren voll mit Menschen, die unbedingt aus Deutschland wegwollten, aber nicht konnten, weil niemand sie aufnahm.
Sie sprachen Jiddisch, aber kein Deutsch, waren orthodox und hatten Probleme, sich zu integrieren. Die damaligen Alteingesessenen haben das auch mit großer Skepsis gesehen.
Aber nach einer Generation war all das kein Thema mehr.


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Auszug aus einem Gespräch von Mariam Lau mit der Präsidentin des Zentralrates
Die Welt, Artikel erschienen am Sa, 8. Juli 2006
"Ich wünsche mir Toleranztraining"
Charlotte Knobloch über Holocaust-Unterricht in Schulen
und eine möglichen Neuausrichtung des Zentralrats der Juden



»Die Ableitung konkreter ethischer Handlungsanweisungen«


Diesem Ansinnen von Frau Knobloch, den Jungen Menschen kein Schuldgefühl am Holocaust vermitteln zu wollen, sehe ich voller Hoffnung entgegen.

Handeln in der Gegenwart erfordert eine Analyse der Gegenwart.
Was geschieht? Wo geschieht es? Warum geschieht es?
Wer sind die Akteure im Geschehen?

Erst der zweite Schritt kann sein: Was werde ich tun? Was muß ich tun?
Diese Analyse wird sich nicht nur auf Deutschland und die "Rechte Gewalt" und den "Antisemitismus" beschränken.
Das ist nicht eine Folge der Globalisierung.
Das ist die Folge der Ethischen Handlungsweise.
Es ist auch eine Forderung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

Die Besatzung und Besiedlung Israels in Palästina mit allen Ursachen und Auswirkungen und ihre Gegenüberstellung dem Verständnis von Demokratie und des Völkerrechts wird sich anschließen.

Denn auch das ist Gegenwart.
Frau Knobloch wird unsere Aufmerksamkeit nicht in Deutschland "einsperren" können.
Unsere Aufmerksamkeit wird sich auch der Demokratie in Israel zuwenden.
Denn zum Wissen über die Demokratie gehört seit den beiden Weltkriegen auch das Völkerrecht.

Dieses Wissen ist erforderlich, um neue Schuld an Vergehen gegen die Menschlichkeit abzuwenden.


13 Tammuz * 9. Juli 2006 © Heinz Kobald



Der Zentralrat der Juden
hat den deutschen Schulunterricht über den Nationalsozialismus kritisiert

"Es müssen neue didaktische Formen gefunden werden, um Jugendliche für das Thema Nationalsozialismus und Holocaust zu sensibilisieren", sagte der Präsident des Zentralrats, Paul Spiegel