Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln der im Gaza eingeschlossenen Bevölkerung wird durch die geschlossenen Grenzen "erschwert".
»Der Bestand an Grundnahrungsmitteln im Gaza-Streifen wird nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) immer knapper.« ( 1 )
So berichten das Reuters und dpa aus Jerusalem.
Diese Angaben übernehmen die Nachrichten-Agenturen von den Vereinten Nationen, den UN, mit der "gewohnten Gleichmäßigkeit".
»Die Vorräte an Weizen, Zucker und Speiseöl könnten in wenigen Tagen aufgebraucht sein, wenn Israel die Hauptgrenzübergänge weiterhin geschlossen halte, warnten UN-Vertreter.« ( 1 )
Immerhin, die UN-Vertreter wagen sich, eine "Warnung" auszusprechen!
Doch wer wird diese Botschaft aufnehmen? Für wen ist sie gedacht?
Wer ist für die Grenzübergänge in den Gaza verantwortlich?
Aber die augenblickliche Bedrohung hat noch nicht das Ausmaß einer Hungersnot erreicht. Das fügt ein Vertreter des Welternährungsprogramms zur Beschwichtigung hinzu
» ... es könne zwar nicht von einer Hungersnot gesprochen werden.« ( 1 )
"Handlungsbedarf" - wie der Stand der Dinge in der Sprache der Hohen Diplomatie beurteilt wird - besteht also noch nicht.
Aus Israel wird dazu berichtet » ... ist die Schließung der Übergänge keine Reaktion auf den Wahlsieg der radikalen Bewegung Hamas in den Palästinensergebieten, sondern eine Schutzmaßnahme.« ( 1 )
Immerhin, eine "Nachfrage in Israel" - bei welchen Regierungs-Stellen auch immer - hat vermutlich stattgefunden.
Ein durchaus lobenswerter "journalistischer Vorstoß". Jedoch scheint der Grund für diese "Schutzmaßnahme" nicht weiter hinterfragt worden zu sein.
Abgeschlossen in Genf am 12. August 1949
Israel und Europa haben wohl 1967 beschlossen, die Genfer Konvention in ihrem "pubertären Alter von 18 Jahren", wegen ihrer Jugend und Unerfahrenheit, auf den Konflikt um das Biblische Land in Palästina einfach zu vergessen.
Nachdem der Konflikt selbst ja bereits älter als die Konvention war, war seine "Vergangenheitsbelastung" auch eine "ganz andere" !
Doch welche sinnvollen Forderungen verlangt nun diese "nicht beachtete" Konvention für den Schutz der Zivilbevölkerung in einem im Krieg besetzten Land ?
Art. 59
»Wenn die Bevölkerung eines besetzten Gebietes oder ein Teil derselben ungenügend versorgt wird, soll die Besetzungsmacht Hilfsaktionen zugunsten dieser Bevölkerung gestatten und sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln erleichtern.«
Demnach darf kein - einziger - Grenzübergang in den Gaza und heraus geschlossen werden, wenn dadurch die Bevölkerung in dem eingeschlossenen Gaza ungenügend versorgt wird. Eine ungenügende Versorgung beginnt ja augenscheinlich schon dann, wenn das Mehl für das Backen von Brot fehlt. Es muß nicht abgewartet werden, bis die Bevölkerung am Hunger leidet.
Art. 60
»Die Hilfssendungen entbinden die Besetzungsmacht in keiner Weise von den ihr durch die Artikel 55, 56 und 59 auferlegten Verantwortlichkeiten.«
Dieser Artikel ist besonders wichtig, weil Israel sich - entgegen seiner durch Unterschrift unter die Konvention beurkundeten Verpflichtung - geweigert hat, eben diese Konvention für die Behandlung der Bevölkerung in dem von seiner Armee besetzten Land der Palästinenser anzuwenden.
Gerade Art. 60 verweist eine Besatzungsmacht noch einmal ausdrücklich auf seine Verpflichtung zur Versorgung der Bevölkerung in dem besetzten Land. Juristisch betrachtet verstößt Israel allein durch seine Weigerung gegen zwei Artikel der Konvention.
Art. 31
»Auf die geschützten Personen darf keinerlei physischer oder moralischer Zwang ausgeübt werden, namentlich nicht, um von ihnen oder Drittpersonen Auskünfte zu erlangen.«
Art. 33
»Keine geschützte Person darf für eine Übertretung bestraft werden, die sie nicht persönlich begangen hat. Kollektivstrafen wie auch jede Massnahme zur Einschüchterung oder Terrorisierung sind verboten.«
Was jedoch mit dieser "Mangel-Versorgung" im Gaza bewirkt werden soll, verstößt noch in einem weitaus schwereren Ausmaß gegen das Völkerrecht. Nach Art. 31 »darf keinerlei physischer oder moralischer Zwang ausgeübt werden.«
In Art. 33 wird diese Forderung noch deutlicher im ausdrücklichen Verbot von Kollektivstrafen und jeder Maßnahme zur Einschüchterung.
Doch gerade das ist durch den vorsätzlich herbeigeführten Mangel beabsichtigt.
Die Bevölkerung soll sich durch die Folgen dieser vorsätzlich herbeigeführten schlechten Versorgungslage von ihrer durch eine demokratische Wahl bestimmten Regierung wieder trennen.
Art. 32
»Die Hohen Vertragsparteien verbieten sich ausdrücklich jede Massnahme, die körperliche Leiden oder die Ausrottung der in ihrer Gewalt befindlichen geschützten Personen versuchen könnte. Dieses Verbot betrifft nicht nur Mord, Folterung, körperliche Strafen, Verstümmelungen und medizinische oder wissenschaftliche, nicht durch ärztliche Behandlung einer Person gerechtfertigte Experimente, sondern auch alle andern Grausamkeiten, gleichgültig, ob sie durch zivile Beamte oder Militärpersonen begangen werden.«
Die Eindeutigkeit in den Forderungen der Genfer Konvention war wohl der Grund dafür, stets "Roadmaps" auszuhandeln, die an dem bestehenden Völkerrecht vorbeiführten. Damit war es möglich, weiterhin den "Rechtlosen Zustand" in Palästina bestehen zu lassen. Der Weltöffentlichkeit sollte damit vorgeführt werden, da sind ja angestrengte Bemühungen um den Frieden in Palästina, nur die eine Seite wollte diese Vereinbarungen eben nie einhalten.
mit dem Wesen einer Demokratie ?
Warum wird ein Staat als die einzige Demokratie in Middle-East genannt, obwohl er sich weigert, seinen Verpflichtungen aus dem Völkerrecht nachzukommen?
Warum muß alles getan werden, um die Palästinenserbehörde vom Terrorismus zu befreien, aber nichts dafür, daß die Palästinenser ihre Lebensgrundlagen zurück erhalten?
Über das demokratische Verhalten der Hamas macht sich die Außenministerin Israels, Zipi Livni, große Sorgen.
Aber nicht über die Schließung der Grenzen zum Gaza, und damit über die Verweigerung der Versorgung mit Lebensmitteln der unter der Israelischen Besatzung leidenden Bevölkerung Palästinas.
Angeblich ist die Schließung der Grenzen zum Gaza "nur eine Schutzmaßnahme für Israel".
Wenn jedoch derartige "Schutzmaßnahmen", den Hunger einer Bevölkerung auf einem eingeschlossen Land zur Folge haben, dann sollte wohl eine Abwägung der "berechtigten Interessen" nach dem geltenden Völkerrecht vorgenommen werden. Diese Befähigung zur Beurteilung und Abwägung von "Gewichten" setze ich bei jedem Außenminister eines demokratischen Staates als unverzichtbare Eigenschaft voraus.
Eine vorsätzliche und bewußte Herbeiführung einer Mangel-Versorgung mit Hungerfolgen hebt wohl mit mehr Gewicht jeden Grund für eine vorgeschobene Behauptung von "Schutzmaßnahmen" auf.
Die Schließung von Grenzen ist eine Handlungsweise, die aufgrund ihrer Folgen für den Gesundheitszustand der eingeschlossenen Bevölkerung dem Charakter eines Völkermordes sehr nahe kommt.
Als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland sollte mir aufgrund der stets erneuerten Lehren aus der unseligen Geschichte meines Volkes eine Vorstellung davon nicht abgesprochen werden.
Was der Israelischen Außenministerin, Zipi Livni, mehr Sorgen bereitet
Gleichzeitig meldet sich auch die neue israelische Außenministerin Tzipi Livni zu Wort, mit dem, was ihr mehr am Herzen liegt - und auf der Zunge.
»Abbas habe auch nicht den Willen, Hamas dazu zu bringen, die Existenz zweier Staaten, eines israelischen und eines palästinensischen, als Lösung des Nahostkonflikts zu akzeptieren, sagte Livni der französischen Zeitung Le Figaro.« ( 1 )
Wobei es bisher das unbezweifelte Bestreben, einer von der Zionistischen Bewegung geprägten Besiedlung Palästinas ist, eben diesen "lebensfähigen" Staat für die Palästinenser nicht möglich werden zu lassen.
Gleichzeitig verweist sie auch auf die Unmöglichkeit im Ergebnis einer nach demokratischen Regeln durchgeführten Wahl. Selbst die Bestätigung der Einhaltung dieser Regeln durch eine Internationale Aufsicht ignoriert sie.
»Eine Organisation wie Hamas könne aber nicht als legitime Partei aus Wahlen hervorgehen, "ohne demokratische Werte anzunehmen".« Es müsse alles getan werden, "damit die Palästinenserbehörde nicht von islamischen Terroristen beherrscht wird". ( 1 )
Daneben ist es ebenso erforderlich, der Regierung Israels eine Handlungsweise abzuverlangen, die den Forderungen des Völkerrechts nicht mehr ausweicht.
Wie versteht sich eine Demokratie und
ihre Gezielten Hinrichtungen ohne Rechtsstaatliches Gerichtsverfahren
Unterdessen führt Israels Armee ungehindert ihre Luftangriffe auf die Anführer des bewaffneten Arms der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad durch.
Im Gaza wird der Chef der El-Kuds-Brigaden, Chaled el-Dahduh, durch eine gezielte Ermordung in seinem Auto getötet.
Gefolgt von der Ankündigung der Vergeltung des Islamischen Dschihad.
Zwei Palästinenser erschiessen dann tatsächlich bei Nablus einen jüdischer Siedler. Zu der Tat bekennen sich die Al-Aksa-Brigaden. ( 1 )
Was die Welt zusammenhält
Die Jüdische Religion achtet den Hauch, den Geist, den ruach, als Göttlichen Funken mit hoher Verehrung.
»Wer lebt, der atmet, und nur wer atmet, der lebt.«
Daraus erwächst die Verpflichtung zur Pflege des Kranken und die Verantwortung für sein Leben.
"Wer einen Kranken nicht pflegt, verschuldet seinen Tod mit."
So steht es in der Mischna geschrieben, der Grundlage des Talmud.
Das Ausmaß dieser Pflege ist auch aufgezeichnet.
"Krankenpflege muss unbegrenzt geübt werden".
»Nahrung, Wasser, Sauerstoff darf keinem Schwerkranken vorenthalten werden.«
Mahnt der ehemalige Rabbiner von Basel, Meir Levinger.
Denn die Achtung vor diesem Göttlichen Funken gebietet:
»Höher als das Leben gilt der Halacha das Leben anderer.« ( 2 )
Dann werden wir warten, bis die Palästinenser im Gaza "krank aus Hunger" sind - und dann werden wir erfahren, wie sich Israels Regierung an diese Verpflichtungen in ihrer Jüdischen Religion erinnert.
Oder mit den Worten Alexander Kisslers
»Die Antworten werden zeigen, was die Welt zusammenhält.« ( 2 )
Doch das Warten hat in der Geschichte nicht immer die erwarteten Entwicklungen bewirkt.
Quellen:
( 1 ) "Vorräte in Gaza schwinden - Geschlossene Grenzen erschweren Versorgung", Reuters, dpa,
Süddeutsche Zeitung, Nr. 51, 02. März 2006, Seite 8
( 2 ) " Ariel Scharon, das israelische Sterbehilfegesetz und die Halacha"
von Alexander Kissler, Süddeutsche Zeitung, Nr. 51, 02. März 2006, Seite 15
3 Adar 5766 * 3. März 2006 © Heinz Kobald